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       # taz.de -- Hertha vor der Winterpause: Leergespielt
       
       > Es sieht nicht gut aus für Hertha: Im DFB-Pokal und der Europa League
       > schieden die Berliner aus. Doch vielversprechende Jungtalente machen
       > Hoffnung.
       
   IMG Bild: Diese Saison ist für Hertha nur eine Übergangssaison: Pal Dardai mit Berlins Valentino Lazaro (l) auf dem Spielfeld
       
       Kaputtgespielt – so in etwa lässt sich der Eindruck beschreiben, den die
       Spieler von Hertha BSC am Sonntagabend beim glücklichen 1:1 in Augsburg
       machten. „Von unserer Seite war das körperlich und mental nicht in
       Ordnung“, sagte Trainer Pál Dárdai machte aus seiner Enttäuschung keinen
       Hehl.
       
       Kaputtgespielt hatten sich die Berliner aber nicht durch ihre
       leidenschaftslose Darbietung gegen die Augsburger, sondern mit den
       anstrengenden Wochen in der Gruppenphase der Europa League. Schweden,
       Ukraine, Spanien hießen die Reiseziele, während Konkurrenten wie der FC
       Augsburg unter der Woche entspannen und sich in aller Ruhe vorbereiten
       konnten.
       
       Leergespielt – mit diesem Wort wiederum lässt sich recht gut die
       Europa-League-Saison der Hertha auf den Punkt bringen. Lediglich etwa
       15.700 ZuschauerInnen verloren sich am Donnerstag vergangener Woche bei
       nasskaltem Schmuddelwetter im Berliner Olympiastadion. Hineingepasst hätten
       fast fünf Mal so viele Menschen.
       
       Mit der Partie hatten die Blau-Weißen nicht nur ihre Heimarena
       leergespielt, sondern auch den maximalen Misserfolg im Wettbewerb perfekt
       gemacht. Durch das 1:1 gegen Östersund FK aus Schweden beendete Hertha die
       Gruppenphase als Tabellenletzter. Rausgespielt aus dem Wettbewerb hatte
       sich der Bundesligist bereits am vorletzten Spieltag mit der 2:3-Niederlage
       bei Athletic Bilbao Ende November. Der baskische Klub aus der spanischen
       Primera División war der einzige international halbwegs namhafte Kontrahent
       – dennoch erwies sich das Vorhaben, in der Europa League in die K.-o.-Runde
       einzuziehen, diese Saison als eine Nummer zu groß.
       
       Und so ist es irgendwie auch nur die halbe Wahrheit mit dem beschriebenen
       Kaputtgespieltsein. Sicher, die Herthaner hatten die eine oder andere
       Partie mehr in den Beinen. Aber vor dem Gastspiel in Augsburg
       beispielsweise rotierte Pál Dárdai kräftig durch. Bis auf Maximilian
       Mittelstädt und Niklas Stark hatte keiner der Herthaner schon unter der
       Woche im Europapokal in der Startelf gestanden.
       
       Trotzdem war da diese mentale Leere, die sich im Hertha-Spiel ausdrückte.
       „Andere sind jetzt die besseren Herthaner“, brachte es die Berliner
       Morgenpost auf den Punkt: eben Teams wie Augsburg oder die Frankfurter
       Eintracht, gegen die Hertha das letzte Heimspiel verlor. Oder Aufsteiger
       Hannover 96, der Gegner an diesem Mittwochabend. „Wenn du so viele Punkte
       hast wie Augsburg oder wie unser nächster Gegner Hannover, dann spielst du
       frei“, sagte Dárdai am Montag dem Kicker, „wir kennen das von uns.“ So wie
       vergangene Saison, als Hertha zum gleichen Zeitpunkt neun Punkte mehr hatte
       als derzeit und auf Platz vier rangierte.
       
       Nun sind es Augsburg, Frankfurt und Hannover, die unter den ersten zehn
       Mannschaften der Tabelle stehen. Das ist eigentlich der Bereich, den auch
       Hertha vor der Saison anvisiert hatte. Dort ist man zumindest auf
       Tuchfühlung mit den Europapokal-Plätzen. „Das Ziel von Hertha BSC muss
       sein, den Anschluss an die europäischen Plätze zu halten. Wir wollen in
       Zukunft öfter internationalen Fußball in Berlin sehen“, sagte
       Hertha-Manager Michael Preetz am Sonntag. Doch diese Saison ist das erst
       mal kein Thema mehr. „Wir müssen die Zugehörigkeit zur Bundesliga sichern“,
       so Preetz. Das sei für einen Klub wie Hertha ohnehin immer „erste
       Bürgerpflicht“. In holprigen Spielzeiten wie jetzt gilt das erst recht.
       
       Immer deutlicher wird, dass diese Spielzeit nur eine Übergangssaison ist.
       Weder im DFB-Pokal, wo man im Oktober zu Hause gegen die in der Liga noch
       immer sieglosen Kölner ausschied, noch in der Europa League hat man es
       geschafft, zu überwintern. Und in der Liga deutet alles eher auf
       Abstiegskampf denn auf eine erneute Europa-League-Qualifikation hin.
       
       Nur noch drei Punkte Vorsprung trennen Hertha von Platz 16, der das
       Nachsitzen in der Relegation gegen den Drittplatzierten der Zweiten Liga
       bedeuten würde. Bis Platz sechs und damit die erneute Qualifikation für die
       europäische Bühne sind es hingegen schon acht Zähler Rückstand.
       
       Anders als Clubs wie Bayern oder Dortmund kann sich Hertha keinen Kader
       leisten, bei dem ohne Qualitätsverlust kräftig rotiert werden kann. Trotz
       des Einstiegs eines US-amerikanischen Finanzunternehmens vor knapp vier
       Jahren liegt Hertha beim Etat nur im unteren Drittel der Liga. „Wir setzen
       auf unseren Nachwuchs, wir setzen auf andere junge Spieler, die wir
       weiterbilden wollen“, erklärt Preetz das Konzept.
       
       Und da hat Hertha einige vielversprechende Talente im Kader. Für sie kam
       diese Europapokal-Saison noch zu früh, um erfolgreich zu sein – aber früh
       genug, um zu lernen. „Wir haben junge Spieler weiterentwickelt“, betont
       Preetz. Schon in ein, zwei Jahren könnten die Talente „viele Leute in
       Berlin sehr glücklich machen“, prophezeit Dárdai. Bis dahin müsse Hertha
       diese Übergangszeit irgendwie überleben.
       
       13 Dec 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR André Anchuelo
       
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