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       # taz.de -- Geldverschwendung bei Bundesbehörden: Millionen für den Rentenausweis
       
       > Der Rechnungshof kritisiert Geldverschwendung bei Bundesbehörden. Auf
       > seiner Liste: Rentenausweise, Gratis-Zigaretten und eine Autobahn.
       
   IMG Bild: Teure Pläne: Die Autobahn 8 in Oberbayern steht auch im Bericht des Rechnungshofs
       
       Der Rechnungshof hat wieder zugeschlagen: Am Dienstag veröffentlichte er
       seinen Jahresbericht, in dem er auflistet, wo Bundesbehörden Geld
       verschwenden und wo sie sich Steuereinnahmen entgehen lassen. Die
       Ergebnisse gehen jetzt an den Haushaltsausschuss des Bundestags, der in den
       kommenden Monaten beraten wird, in welchen Fällen die Bundesregierung
       reagieren muss. Unter anderem werden folgende Vorwürfe der Rechnungsprüfer
       auf der Tagesordnung der Abgeordneten stehen:
       
       ## Rentenausweise
       
       Einmal im Jahr bekommen Senioren mit der Post ihren aktuellen
       Rentenausweis. Er ist aus Papier und muss selbst ausgeschnitten werden. Ab
       2018 soll das Dokument stabiler werden. Der Ausweis ist dann schon
       beschnitten, mit Folie beschichtet – und viel teurer: Statt 25.000 Euro
       wird die Deutsche Rentenversicherung (DRV) in Zukunft bis zu 1,8 Millionen
       Euro im Jahr dafür ausgeben. Grundlage für die Entscheidung war eine
       Marktforschungsumfrage unter genau zwanzig Rentnern, die das Papierformat
       zu billig und das Ausschneiden zu altmodisch fanden.
       
       ## Zigaretten
       
       „Solange man lebt, soll man rauchen“, heißt es in einem Film von Helge
       Schneider. Das gilt besonders für rund 11.000 Angestellte von
       Tabakherstellern: Zusätzlich zum Lohn bekommen sie regelmäßig
       Gratis-Zigaretten, die von der Tabaksteuer ausgenommen sind.
       Mindereinnahmen für den Staat: 6 Millionen Euro im Jahr. Die Regelung
       stammt aus der Zeit nach dem 1. Weltkrieg und sollte ursprünglich dazu
       beitragen, dass Arbeiter in den Fabriken weniger Zigaretten klauen. Der
       Rechnungshof hält das für überholt: Es sei „nicht die Aufgabe des
       Steuerzahlers, die Tabakindustrie vor Straftaten ihrer eigenen
       Beschäftigten zu schützen“. Sollten Arbeiter in Zigarettenfabriken
       tatsächlich zu viel klauen, sei es Aufgabe der Unternehmen, „selbst
       entsprechende Vorsorge“ zu treffen.
       
       ## Steuererklärung
       
       Eigentlich müssen Personengesellschaften ihre Steuererklärungen seit 2011
       elektronisch abgeben. Bei Unternehmen mit mehr als 500 Gesellschaftern gibt
       es aber ein Problem: Die Finanzämter sind technisch nicht in der Lage,
       deren Steuererklärungen auch elektronisch anzunehmen. Stattdessen müssen
       die Gesellschaften ihre Daten ausdrucken und per Post schicken, die Beamten
       tippen sie dann per Hand wieder ein. Bei einem Finanzamt dauerte es in der
       Folge ein Jahr lang, 380 Eingabebögen einer Firma mit 1.200 Gesellschaftern
       zu erfassen. Durch Tippfehler entgingen dem Staat dabei auch noch 400.000
       Euro an Steuern. Das Finanzministerium hat das Problem auf dem Schirm, kann
       es nach eigenen Angaben aber kurzfristig nicht lösen. Die Sache sei
       technisch zu kompliziert.
       
       ## Autobahn
       
       In Bayern ist es eine beliebte Freizeitbeschäftigung, auf dem Weg nach
       Österreich oder Kroatien hinter dem Inntal im Stau zu stehen. Das
       Bundesverkehrsministerium will daher die A8 von Rosenheim bis zur
       Bundesgrenze sechsspurig ausbauen. Die Kosten für 70 Kilometer Straße: 1,2
       Milliarden Euro. Laut Rechnungshof ginge es auch billiger. Sechs Spuren
       seien nur bis zum Chiemsee nötig, dahinter reichten vier Spuren mit
       Freigabe des Standstreifens bei viel Verkehr. Das Ministerium sagt, bei
       dieser Lösung steige die Unfallgefahr. Dem Rechnungshof fehlt dafür aber
       der Nachweis.
       
       ## Satellitencontainer
       
       Die Bundeswehr ist miserabel ausgerüstet? Na ja. Nach Ansicht des
       Rechnungshofs ist sie in manchen Bereichen eher zu gut ausgestattet. Zum
       Transport von Satellitenempfängern in die Einsatzländer hat die Armee vor
       fünf Jahren Spezialcontainer im Wert von 450.000 Euro beschafft. Seitdem
       stehen die Behälter mit Steckdosen, Licht und Heizung ungenutzt an
       Standorten in Deutschland herum. Nach Angaben der Bundeswehr sind sie
       schlicht zu groß für die Transportflüge in den Einsatz.
       
       ## Hartz IV
       
       Der Rechnungshof fordert mehr Härte gegen selbstständige
       Hartz-IV-Empfänger. Wer als Selbstständiger zu wenig Geld zum Leben
       verdient, kann mit dem Arbeitslosengeld II aufstocken. Bedingung ist
       eigentlich die Perspektive darauf, dass die Geschäfte bald besser laufen.
       Nach Ansicht des Rechnungshofs legen die Jobcenter darauf aber zu wenig
       Wert und zahlen Mini-Selbstständigen stattdessen oft jahrelang Hartz IV.
       „Für eine Weiterbewilligung reichte den Jobcentern in der Regel, dass die
       Selbstständigen die Erwartung erklärten, ihre Einkünfte zukünftig steigern
       zu können“, schreiben die Rechnungsprüfer. Sie fordern, dass Betroffene in
       Zukunft schneller gezwungen werden, sich lukrativere Jobs zu suchen.
       
       12 Dec 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tobias Schulze
       
       ## TAGS
       
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