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       # taz.de -- Klimagipfel in Paris: Der Gipfel der teuren Versprechen
       
       > Beim Treffen zur Klimafinanzierung kündigen Staaten und Firmen mehr Geld
       > an. Frankreich will mal wieder das AKW Fessenheim schließen.
       
   IMG Bild: Emmanuel Macron will, dass Billionen umgeschichtet werden
       
       Paris taz | Der Konferenzort war eine Form der Revanche: Auf der
       Seine-Insel im Südwesten von Paris wurden einst in einer riesigen
       Renault-Werkhalle Autos fabriziert, die mit ihrem CO2-Ausstoß zur
       Erderwärmung beigetragen haben. Heute steht hier ein Musik- und
       Kulturzentrum mit einer futuristischen Architektur.
       
       Hierhin hatte der französische Präsident Emmanuel Macron Staats- und
       Regierungschef und MinisterInnen aus rund 130 Ländern zu einer
       außerordentlichen Klimakonferenz mit dem Titel „One Planet“ eingeladen.
       Macrons Motto: „Make the planet great again!“ zielt auf den großen
       Abwesenden des Treffens: US-Präsidenten Donald Trump, der aus dem Pariser
       Abkommen aussteigen will. Auch Angela Merkel kam nicht.
       
       Zum zweiten Geburtstag des Klimavertrags am 12. Dezember, „Douze-douze“,
       hatte Frankreich den Rest der Welt versammelt. Es ging vor allem um Geld:
       Wie sollen die Billionen in der Welt umgeschichtet werden, um die
       Weltwirtschaft von Kohle, Öl und Gas zu sauberen Techniken zu bringen?
       Schon vorab hatten Unternehmen und Staaten Versprechungen gemacht.
       
       Der französische Energiekonzern EDF etwa gab am Gipfel bekannt, er wolle in
       der Zeit von 2020 bis 2030 in Frankreich für rund 25 Milliarden Euro
       Solaranlagen mit einer Kapazität von 30 Gigawatt bauen – das entspricht der
       Leistung von 30 Atomreaktoren. Verschiedene französische Unternehmen wollen
       ihre CO2-Vorgaben verbessern.
       
       Frankreichs Umweltminister Nicolas Hulot warnte: „Durch den Klimawandel
       wird die Ungleichheit zunehmen und Millionen Menschen in der Armut landen;
       er wird Konflikte verschlimmern und Menschen zu Opfern von Phänomenen
       machen, für die sie nichts können.“
       
       Aus Sicherheitsgründen war die Konferenz von mehreren Polizeisperren
       hermetisch abgeriegelt. Ein Verkehrschaos war die Folge. Dabei ist der
       „Macron-Gipfel“ nur eine Zwischenetappe in der Reihe der
       Klima-Konferenzen. 100 Milliarden Dollar pro Jahr ab 2020 haben die
       Industrieländer für Hilfe an die Armen versprochen. Davon sind je nach
       Berechnung etwa 60 bis 70 Prozent gesichert, die als öffentliche Hilfen,
       Kredite und Investitionen fließen sollen.
       
       Für eine klimagerechte Infrastruktur ist von Investitionen in Höhe von
       6000 Milliarden pro Jahr die Rede, zwei Drittel davon in den Staaten der
       südlichen Hemisphäre. Dabei geht es weniger um neue Mittel als vielmehr
       darum, bisherige Gelder umzuleiten. „Shifting the trillions“ nennen das
       die Experten – die Billionen umleiten.
       
       ## Kohlendioxid soll kostspielig werden
       
       Einer der Wege dafür wäre ein allgemeiner Preis auf das Treibhausgas
       Kohlendioxid. Deshalb bekannten sich die Umweltminister aus Frankreich,
       Deutschland, Großbritannien, Schweden und den Niederlanden auf dem „One
       Planet“-Gipfel zur „Prüfung oder Einführung eines wirksamen CO2-Preises in
       relevanten Sektoren“. Das könnte ein Schritt hin zu einem CO2-Mindestpreis
       in diesem „Kerneuropa“ sein.
       
       Demonstranten hatten am Panthéon ein Ende aller Investitionen in die
       Förderung von Öl und Gas sowie in den Bergbau gefordert. Das wollten auch
       die Politiker. Die Finanzzusagen müssten rascher vor Ort einen Wandel
       herbeiführen, erklärte der Ministerpräsident von Fidschi, Frank
       Bainimarama, dessen Inselstaat stark vom Anstieg der Meeresspiegel bedroht
       ist.
       
       Macron versprach, er werde die französischen Hilfen zur Anpassung an den
       Klimawandel für Länder der südlichen Hemisphäre erhöhen. Sie sollten ab
       2020 jährlich 1,5 Milliarden Euro betragen. Er bestätigte außerdem, dass
       Frankreich sein ältestes Atomkraftwerk in Fessenheim nahe der deutschen
       Grenze bis 2022 schließen wird. Das hatte allerdings sein Amtsvorgänger
       Hollande auch versprochen und nicht gehalten.
       
       12 Dec 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rudolf Balmer
       
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