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       # taz.de -- China missachtet die Bürgerrechte: Zwei Jahre Haft für Anwalt
       
       > Ein Gericht verurteilte Jiang Tianyong wegen „Anstiftung zur Untergrabung
       > der Staaatsgewalt“. Er hatte es gewagt, politische Dissidenten zu
       > verteidigen.
       
   IMG Bild: Jiang Tianyong auf einem Archivbild von 2012
       
       BERLIN taz | Im zentralchinesischen Changcha ist am Dienstag der prominente
       46-jährige Bürgerrechtsanwalt Jiang Tianyong zu zwei Jahren Haft verurteilt
       worden. Das Gericht erklärte ihn der „Anstiftung zur Untergrabung der
       Staatsgewalt“ für schuldig.
       
       Diese nicht näher definierte Straftat wird in China gern Bürgern
       vorgeworfen, die sich für andere einsetzen und sich dabei nicht den Mund
       verbieten lassen.
       
       Jiang war quasi der Anwalt vieler chinesischer Menschenrechtsanwälte. Mitte
       2015 waren innerhalb kurzer Zeit rund 300 Bürgerrechtsanwälte verhaftet
       worden. Jiang setzte sich als einer der wenigen für sie ein.
       
       Dann wurde er selbst verschleppt, als er auf dem Rückweg von einem Mandaten
       war. Mehrere Wochen war er verschwunden, bis die Behörden einräumten, dass
       er in ihrem Gewahrsam sei.
       
       ## Ein mutiger Verteidiger
       
       Jiang hatte es schon zuvor gewagt gehabt, auch Tibeter, Aktivisten der
       Falun-Gong-Sekte, den Künstler Ai Weiwei, Opfer von verseuchtem Milchpulver
       und politische Dissidenten zu verteidigen. Das erfordert in China viel Mut
       und ist mit einem großem persönlichen Risiko verbunden. Bereits ab 2009 war
       seine Anwaltslizenz nicht mehr verlängrt worden.
       
       Jiang nahm kein Blatt vor den Mund, äußerte sich in sozialen Netzwerken und
       gegenüber internationalen Medien. Ausländischen Besuchern wie der deutschen
       Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihrem Vize Sigmar Gabriel stand er Rede
       und Antwort. Dabei tat er insgesamt eigentlich nur das, was man von einem
       engagierten Rechtsanwalt erwarten würde.
       
       Drei Wochen nach seinem Treffen mit Gabriel wurde Jiang verschleppt. Im
       Prozess wurde ihm vorgeworfen, mit feindlichen Kräften im Ausland
       kooperiert zu haben.
       
       Sein Urteil fiel dabei letztlich noch recht milde aus, weil er ein
       Geständnis abgelegt hatte. Jiang hatte Folter im chinesischen Justizsystem
       öffentlich gemacht und jetzt offenbar selbst große Angst, diese erneut am
       eigenen Körper zu erleben.
       
       ## Geständnis wohl erzwungen
       
       Menschenrechtler werten sein Geständnis deshalb auch als
       höchstwahrscheinlich mit großem psychischem Druck erzwungen.
       
       Jiangs Geständnis war schon vor Prozessbeginn im chinesischen Fernsehen
       ausgestrahlt worden und kam so einer Vorverurteilung gleich.
       
       Jiang selbst wurde im Prozess nur von einem Pflichtverteidiger vertreten.
       Zwei von seiner im US-Asyl lebenden Frau angeheuerte Anwälte durften ihn
       nicht sehen. Die Justiz behauptete, Jiang hätte sie gefeuert.
       
       Im offiziellen Video von der Gerichtsverhandlung erklärt Jian, dass er das
       Urteil akzeptiert und nicht in Berufung gehen wird.
       
       William Nee von Amnesty International bezeichnete den Prozess „als von den
       Behörden inszeniertes politisches Theater“.
       
       21 Nov 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sven Hansen
       
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