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       # taz.de -- Holocaust-Mahnmal vor Höckes Haustür: Tumulte in Bornhagen
       
       > Viele Menschen sind sauer, weil es neben Höckes Haus jetzt ein
       > Holocaust-Mahnmal gibt. Die Polizei ermittelt – unter anderem wegen einer
       > Mülltonne.
       
   IMG Bild: „Aufgebrachte Anwohner“: Pro-AfD-Demo gegen das Holocaust-Mahnmal in Bornhagen
       
       Berlin taz | Eine Provokation, die auf jeden Fall gesessen hat: Das
       Künstlerkollektiv Zentrum für Politische Schönheit (ZPS) hat sich [1][mit
       seiner Aktion „Deine Stele“] den Unmut der AfD und anderer Rechter
       zugezogen. Doch auch außerhalb der AfD gibt es kritische Stimmen. Der
       Polizei wiederum haben die Aktion sowie die Reaktionen darauf gleich
       mehrere Anlässe zur Ermittlung geboten.
       
       Früh am Mittwochmorgen hatte das Kollektiv [2][im thüringischen Bornhagen
       ein Stelenfeld enthüllt], nachempfunden dem Holocaustmahnmal in Berlin. Der
       Ort war dabei bedacht gewählt – das Mahnmal erhebt sich Zaun an Zaun mit
       dem Wohnhaus des AfD-Politikers Björn Höcke. Dieser hatte das Original
       Anfang des Jahres als „Mahnmal der Schande“ bezeichnet.
       
       Zudem habe man Höcke zehn Monate lang durch einen „Zivilgesellschaftlichen
       Verfassungsschutz“ beobachten lassen, erklärte das ZPS. Wenn Höcke jedoch
       mit einem Kniefall vor einem der Denkmäler Buße tue, werde man auf die
       Veröffentlichung der nach eigenen Angaben umfangreichen Dossiers
       verzichten.
       
       Höckes Fans wollten diese Schmach offenbar keineswegs hinnehmen. Noch am
       Mittwoch kam es zu Tumulten auf dem Gelände der benachbarten Grundstücke.
       Laut Polizeiangaben seien 20 bis 25 Personen aus der Umgebung aufgetaucht,
       es habe Schubsereien gegeben. Personalien seien aber keine aufgenommen
       worden, dazu habe man keinen Anlass gesehen. Das Zentrum für Politische
       Schönheit wiederum kritisiert, die Polizei habe den „Mob gewähren“ lassen
       und sich geweigert, das Denkmal zu schützen.
       
       ## Mann droht mit Knüppel und Schlinge
       
       „Der Auflauf beschimpfte und bedrängte Journalisten wie Künstler“, erklären
       die Künstler*innen. [3][Laut Spiegel Online] rief ein Mann den
       Journalist*innen hinterher: „Ich muss jetzt mal ‚nen Knüppel herholen.
       Früher hätt‘ ich euch mit der Schlinge weggefangen!“. Die Polizei
       Nordhausen bestätigte auf taz-Anfrage, dass man nun rund um die Uhr
       Beamt*innen vor Ort habe, „um die öffentliche Ordnung zu garantieren.“ Dies
       betreffe sowohl den Schutz von Höckes Grundstück als auch den seiner
       Nachbar*innen vor „aufgebrachten Anwohnern“.
       
       Auch im Netz machten die rechten Trolle ihre Arbeit: Der Youtube-Kanal des
       ZPS wurde am Mittwochnachmittag zwischenzeitlich gesperrt – wegen
       angeblicher „schwerwiegender Verstöße“ gegen die Richtlinien der Plattform.
       Offenbar war der Account zigfach gemeldet worden war. Nach etwa eineinhalb
       Stunden war er dann aber wieder aufrufbar. [4][Dem Blog netzpolitik.org
       gegenüber] erklärte ein Sprecher von Google, bei „400 Stunden
       Videomaterial, das pro Minute auf YouTube hochgeladen wird, treffen wir
       manchmal die falsche Entscheidung. Sobald wir informiert werden, dass wir
       ein Video oder einen Kanal fälschlicherweise gesperrt haben, handeln wir
       schnell und schalten diesen wieder frei.“
       
       Er habe Strafanzeige gegen das Zentrum für Politische Schönheit erstattet,
       erklärte der AfD-Rechtsaußen und Dresdner Bundestagsabgeordnete Jens Maier.
       Die Beobachtung sei stelle einen „absolut unvertretbaren Eingriff in das
       Privatleben“ Höckes und seiner Familie dar. Auf Facebook erklärt er: „Die
       geistigen Erben der Stasi und der Gestapo schrecken vor nichts mehr
       zurück!“ So hätte das ZPS etwa die Kinder Höckes fotografiert.
       
       „Diese Behauptung ist frei erfunden“, erklärt das ZPS. „Die Kinder sind
       nicht Bestandteil der Kunstaktion.“ Höcke schiebe Frau und Kinder vor,
       „statt endlich selbst Verantwortung zu bekennen.“ Man habe Maier eine
       strafbewährte Unterlassungserklärung zugestellt. „Maier darf nicht länger
       behaupten, dass das ZPS Höckes Kinder fotografiert habe“, heißt es in einer
       Pressemitteilung des Kollektivs. Ob Maier die Erklärung unterschrieben hat,
       ist aber bisher unbekannt.
       
       ## 85.000 Euro Spenden eingegangen
       
       Auch Thüringens Landtagspräsident Christian Carius fordert ein Ende der
       mutmaßlichen Beobachtung des AfD-Politikers. Er habe Innenminister Georg
       Maier (SPD) in einem Telefonat aufgefordert, dagegen einzuschreiten, sagte
       Carius am Donnerstag. Zudem müsse Maier Ermittlungen gegen die Macher*innen
       der Kunstaktion einleiten. Der Politiker forderte „mehr Solidarität“ mit
       Höcke von den anderen Landtagsabgeordneten, auch wenn er dessen politische
       Positionen nicht teile.
       
       Anders hingegen sehen das die Unterstüzer*innen des Projekts. Bis
       Donnerstagnachmittag waren 85.828 Euro an Spenden für das Denkmal
       zusammengekommen – das damit für mindestens fünf Jahre finanziert ist, wie
       das ZPS erklärt.
       
       Die Polizei ermittelt derweil von sich aus gegen das Zentrum für Politische
       Schönheit. Die Ankündigung, nur mit einem Kniefall könne Höcke die
       Veröffentlichung von Informationen über ihn abwenden, erfülle den
       Anfangstatverdacht der Nötigung, sagte eine Sprecherin der Polizei der taz.
       Desweiteren ermittle man wegen Sachbeschädigung: Während des Tumults – bei
       dem die Polizei keinerlei Personalien aufgenommen hatte – sei eine Kamera
       der Aktivist*innen beschädigt worden. Und in noch einem Fall ermittle man:
       So sei bereits vor einigen Tagen eine Mülltonne vom Grundstück Höckes
       gestohlen worden.
       
       23 Nov 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://deine-stele.de/
   DIR [2] /Pro-und-Contra-Kunstaktion-in-Bornhagen/!5465806
   DIR [3] http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/bjoern-hoecke-was-in-bornhagen-nach-der-mahnmal-aktion-los-ist-a-1179792.html
   DIR [4] https://netzpolitik.org/2017/youtube-loescht-account-des-zentrums-fuer-politische-schoenheit/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dinah Riese
       
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