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       # taz.de -- Sabotageversuch bei „Washington Post“: Recherche entlarvt Lügengeschichte
       
       > Eine Frau wollte der Zeitung eine fingierte Geschichte über eine
       > Vergewaltigung unterjubeln. Dahinter steckt wohl ein rechter Verein.
       
   IMG Bild: Es gibt zahlreiche Belästigungs-Vorwürfe gegen den US-Politiker Roy Moore – aber nicht alle sind deshalb glaubwürdig
       
       Entweder es handelt sich um das, was sich Rechte unter Satire vorstellen –
       oder es ist ein gezielter Sabotageakt gegen die US-Presse. Eine junge Frau
       hat der Zeitung Washington Post eine Vergewaltigungsgeschichte
       vorgegaukelt. Sie behauptete, der Senatskandidat in Alabama, Republikaner
       Roy Moore, habe mit ihr Sex gehabt, als sie Jugendliche war. Sie sei
       schwanger geworden und Moore habe sie gedrängt, abzutreiben.
       
       Die Geschichte war gelogen. Dahinter steckt ein rechter Verein, der sich
       selbst als Enthüllungsmedium sieht.
       
       Die falsche Informantin, die nach Angaben der Washington Post Jaime
       Phillips heißt, kontaktierte die Zeitung Anfang November. Bei einem
       Background-Check zu ihrer Person stießen die RechercheurInnen der Post auf
       Widersprüche in ihren biografischen Angaben, sowie auf eine Website unter
       ihrem Namen, in dem es heißt, dass sie nach New York ziehe, um sich der
       „konservativen Medienbewegung“ anzuschließen. [1][Die Post geht davon aus],
       dass es sich dabei konkret um den Verein „Project Veritas“ handelt. Nachdem
       Philipps' Betrug aufgeflogen war, beobachteten Post-MitarbeiterInnen, wie
       sie deren Büro aufsuchte.
       
       „Project Veritas“ ist ein Verein des rechten Aktivisten James O'Keefe.
       Dessen Onlineportal bewirbt sich als investigatives Medium und
       Medien-Watchblog. Es enthülle „Korruption, Verlogenheit, Untreue,
       Verschwendung, Betrug und andere Verfehlungen in öffentlichen und privaten
       Einrichtungen, um die Gesellschaft ethischer und transparenter zu machen“,
       heißt es auf der Seite.
       
       Für ihre sogenannten Enthüllungen suchen O'Keefe und seine MitarbeiterInnen
       den Kontakt zu JournalistInnen und filmen heimlich Gespräche mit ihnen, in
       denen diese – aus Sicht von „Project Veritas“ – ihre politische Agenda
       offenlegen. Im Oktober machte sich die Seite die New York Times zum Ziel
       und veröffentlichte verdeckt gefilmte Unterhaltungen mit
       NYT-MitarbeiterInnen in Bars.
       
       Die Journalistinnen sprechen darin über die politische Ausrichtung der
       Zeitung und dass sie versuche, ein Gegen-Narrativ zum Präsidenten zu
       entwickeln. „Project Veritas“ veröffentlichte Zusammenschnitte der
       Aufzeichnungen als angebliche Scoops. Das rechtsextreme Portal „Breitbart“
       des ehemaligen Trump-Strategen Stephen Bannon verbreitete diese sowie viele
       weitere Videos von O'Keefes Verein.
       
       Allem Anschein nach locken O'Keefe und seine MitarbeiterInnen
       JournalistInnen gezielt in Gesprächssituationen in entspannter Atmosphäre
       und versuchen sie durch geschickte Gesprächsführung dazu zu bringen,
       Äußerungen zu machen, die „Project Veritas“ dann als Indizien für eine
       politische Verschwörung der Medien verkauft.
       
       ## Inhalte für Rechte und Verschwörungstheoretiker
       
       Nach Ansicht der Washington Post soll die falsche Informatin ein ähnliches
       Ziel verfolgt haben. In ihrem letzten Treffen mit einer Post-Mitarbeiterin,
       der Reporterin Stephanie McCrummen, verlangte Phillips mehrfach die
       Zusicherung, dass ihre Geschichte zu Roy Moores Wahlniederlage führen
       würde. Zu diesem Zeitpunkt war sich die Post schon sicher, dass Phillips
       lügt. McCrummen will beobachtet haben, wie Phillips ihre Tasche so rückte,
       dass eine darin versteckte Kamera McCrummen hätte aufnehmen können.
       McCrummen konfrontierte daraufhin Phillips mit ihren Widersprüchen, die das
       Gebäude verließ.
       
       Ein Post-Reporter versuchte am Montag, „Project Veritas“-Macher O'Keefe zu
       einer Stellungnahme zu bewegen. Die Begegnung hielten beide Seiten auf
       [2][Video] fest. O'Keefe weicht darin der Frage aus, ob Jaime Philipps für
       ihn arbeite.
       
       „Project Veritas“ verfolgt entweder das Ziel, interessante Inhalte für ein
       rechtes oder verschwörungstheoretisches Publikum zu generieren. Das
       Narrativ von der „Verschwörung der liberalen Presse“ ist beliebt, auch weil
       der Präsident es regelmäßig verwendet. Es könnte aber auch darum gehen, der
       Post zu schaden, indem man gezielt falsche Stories platziert. Wäre die
       Zeitung auf den Schwindel reingefallen, hätte sie das Glaubwürdigkeit
       gekostet. Ganz egal, wer dahinter steckt.
       
       28 Nov 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.washingtonpost.com/investigations/a-woman-approached-the-post-with-dramatic--and-false--tale-about-roy-moore-sje-appears-to-be-part-of-undercover-sting-operation/2017/11/27/0c2e335a-cfb6-11e7-9d3a-bcbe2af58c3a_story.html
   DIR [2] https://www.washingtonpost.com/news/post-nation/wp/2017/11/27/james-okeefe-tweeted-about-his-confrontation-with-a-post-reporter-heres-what-really-happened/?utm_term=.47be1a0ee16f
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Peter Weissenburger
       
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