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       # taz.de -- WTO-Konferenz in Argentinien: Kein Zutritt für die Zivilgesellschaft
       
       > Am 10.12. beginnt die Welthandelskonferenz in Buenos Aires. Bereits
       > akkreditierte NGOs dürfen nun doch nicht teilnehmen. Das gab es noch nie.
       
   IMG Bild: Roberto Azevêdo ist der Chef der WTO; seine Organisation verschickt selbst die Absagen
       
       Buenos Aires taz | Argentiniens Regierung verweigert der Zivilgesellschaft
       die Teilnahme an der Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation (WTO).
       Seit Mittwoch gehen bei den teilnahmewilligen Vertretern von
       Nichtregierungsorganisationen negative Bescheide der WTO ein. Zugleich wird
       von der Reise nach Buenos Aires abgeraten.
       
       Wörtlich heißt es: „Die WTO hat Ihre NRO ordnungsgemäß als
       teilnahmeberechtigten Teilnehmer an der 11. WTO-Ministerkonferenz vom 10.
       bis 13. Dezember 2017 in Buenos Aires akkreditiert. Wir werden jedoch von
       der gastgebenden Regierung darüber informiert, dass die argentinischen
       Sicherheitsbehörden aus nicht näher genannten Gründen Ihre Akkreditierung
       verweigern.“
       
       Man habe zwar wiederholt wegen dieser „unerwarteten Entwicklung“
       nachgefragt, habe aber „wenig Hoffnung“, das eine Lösung gefunden werde.
       „Wir raten Ihnen daher davon ab, nach Argentinien zu reisen, damit Sie bei
       der Einreise nicht abgewiesen werden.“
       
       Warum sich die WTO gezwungen sah, die Mitteilung selbst zu versenden,
       erklärt der folgende Absatz: „Wir haben die argentinischen Behörden
       gebeten, Sie direkt zu kontaktieren und Sie über ihre Entscheidung zu
       informieren, aber um zu vermeiden, dass es für Sie zu spät ist, haben wir
       uns entschlossen, Sie jetzt zu kontaktieren.“
       
       ## Negative Konsequenzen für G20-Präsidentschaft
       
       Man bedaure dies alles, sei aber unglücklicherweise nicht in der Lage, die
       Erklärungen oder Hintergründe mitteilen zu können, und bitte darum, sich
       direkt an die argentinischen Behörden zu wenden. Unterzeichnet sind die
       Schreiben vom Leiter der WTO-Direktor für Außenbeziehungen, Bernhard
       Kuiten.
       
       Eines der Schreiben erhielt Ernst-Christoph Stolper, stellvertretender
       Bundesvorsitzender des BUND in Berlin. „Das Vorgehen der argentinischen
       Regierung stellt einen beispiellosen Vorgang der Ausgrenzung von
       zivilgesellschaftlichen Organisationen dar. Über 40 VertreterInnen von rund
       20 Organisationen, vor allem aus Lateinamerika und Europa sollen von der
       kommenden WTO-Ministerkonferenz ferngehalten und damit ihres Einflusses auf
       die Beratungen beraubt werden,“ teilte Stolper auf Anfrage der taz mit.
       
       Der ganze Vorgang werfe ein fatales Licht auch auf den weiteren
       zivilgesellschaftlichen Prozess im Rahmen der G20, den sogenannten
       C20-Dialog. Argentinien hatte just am Donnerstag die Präsidentschaft für
       den G20 übernommen, der 2018 in Buenos Aires stattfindet. „Es steht zu
       befürchten, dass unter der argentinischen Präsidentschaft dieser Prozess
       zum Erliegen kommt.
       
       Argentinien läuft Gefahr, sich als Gastgeber sowohl der WTO-Konferenz als
       auch der G20-Aktivitäten zu disqualifizieren, so Stolper. Betroffen sind
       auch VertreterInnen des Transnational Institute (Niederlande), Global
       Justice Now! (Großbritannien) und UNI Global Union (Schweiz).
       
       ## Mindestens 50 Absagen sollen verschickt worden sein
       
       „Nie zuvor hat eine gastgebende Regierung Einfluss auf die
       Akkreditierungsentscheidungen einer WTO-Konferenz genommen,“ sagt auch
       Beverly Keene von der Confluencia Fuera OMC (etwa: Zusammenschluss WTO
       Raus), dem Aktionsbündnis in Buenos Aires, das sich eigentlich um die
       Vorbereitungen der Gegenveranstaltungen kümmert. Die Zivilgesellschaft
       sitze nicht am Verhandlungstisch der WTO, aber sie habe einen Raum, in dem
       sie ihre Vorstellungen einbringen könne. „Und der wird ihr von Präsident
       Mauricio Macri verweigert,“ so Keene.
       
       Bisher wisse man von 50 solcher Schreiben. Zudem häufen sich die Klagen
       über verweigerte Einreisevisa oder offensichtliche zögerliche Bearbeitungen
       der Visaanträge von ReferentInnen bei den Gegenveranstaltungen. „Präsident
       Mauricio Macri will Stärke demonstrieren und zeigen, dass Ordnung im Land
       herrscht. Er will internationale Investoren anlocken, und ist bereit, den
       politischen Preis dafür zu zahlen,“ so Keene.
       
       1 Dec 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jürgen Vogt
       
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