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       # taz.de -- Verhandlungen über Große Koalition: SPD-Spitze will mal drüber reden
       
       > Der SPD-Vorstand macht den Weg frei für Gespräche mit der Union. Das sei
       > kein Automatismus für eine neue Groko. Der Widerstand in der SPD ist
       > groß.
       
   IMG Bild: Die Jusos haben ihre Position: „Keine Groko“
       
       Berlin taz | Martin Schulz versucht sich gleich mehrmals an einer
       Definition des Wörtchens „essenziell“. Nein, in den Duden habe er nicht
       geschaut, sagt der SPD-Chef nach der Vorstandssitzung im Willy-Brandt-Haus.
       Essenziell seien zentrale Punkte für die Sozialdemokratie in Gesprächen mit
       der Union. Kernelemente der SPD, oder anders: der Kernbereich. Eins
       vermeidet Schulz aber sorgfältig: einen der essenziellen Punkte für nicht
       verhandelbar zu erklären.
       
       Der SPD-Vorstand hat am Montag den Weg für ergebnisoffene Gespräche mit CDU
       und CSU frei gemacht. „Wir werden ausloten, ob und wie eine
       Regierungsbildung möglich ist“, heißt es im Beschluss. „Es gibt für uns
       keine Vorfestlegung und keinen Automatismus.“ Schulz wiederholt diese Sätze
       in der Pressekonferenz fast wörtlich. Das ist ihm wichtig: Wer denkt, es
       laufe nun unweigerlich auf eine Große Koalition hinaus, der hat sich
       geschnitten. Minderheitsregierung, Tolerierung, Neuwahl, alles soll im
       Spiel bleiben.
       
       Schulz und die SPD-Spitze balancieren gerade auf einem dünnen Drahtseil.
       Der Druck auf die SPD, wieder mit Merkels Union zu regieren, ist immens.
       Aber der Widerstand in der SPD gegen eine neue Groko ist ebenfalls groß.
       Alle Argumente dagegen sollen nicht mehr gelten, nur weil das
       Jamaika-Bündnis platzte?
       
       Die Gemeinsamkeiten zwischen Union und SPD seien aufgebraucht, findet Malu
       Dreyer, die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz – und wirbt für die
       Tolerierung einer Minderheitsregierung. Die Jusos sammeln in einer
       Onlinepetition Stimmen gegen die Groko. Rund 10.000 haben laut dem
       Jugendverband bereits unterschrieben, meist SPD-Mitglieder. Mehrere
       Basisanträge zum SPD-Parteitag fordern, die Groko offensiv auszuschließen.
       Die Debatte dürfte spannend werden.
       
       Denn Schulz und die SPD-Spitze weisen in ihren Leitlinien in eine andere
       Richtung. Der vierseitige Beschluss listet eine Kurzfassung des
       Wahlprogramms auf. Ein solidarisches und soziales Europa, ein Stopp der
       Befristung von Arbeitsverhältnissen, eine Solidarrente, alles wird gelobt
       und erklärt. Aber nichts wird hervorgehoben und für unverzichtbar erklärt.
       So bleibt Spielraum für Verhandlungen mit der Union. In welcher
       Konstellation die essenziellen Punkte umgesetzt werden könnten, lasse der
       Antrag offen, betont Schulz.
       
       Dass der Parteitag, der am Donnerstag in Berlin beginnt, gegen den Willen
       der SPD-Spitze eine Große Koalition ausschließt, gilt als unwahrscheinlich.
       Juso-Chef Kevin Kühnert trommelt am eifrigsten gegen eine neue Groko. Er
       sagt: „Wir sind für alle Varianten offen, bei denen die SPD nicht Teil der
       Regierung ist.“ Einen Antrag zum Groko-Ausschluss haben die Jusos bisher
       aber noch nicht eingereicht.
       
       4 Dec 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ulrich Schulte
       
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