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       # taz.de -- Insektensterben und Pflanzenschutzmittel: Es brennt wirklich
       
       > Welche Auswirkungen haben Pestizide auf Insekten? Glyphosat-Minister
       > Schmidt tut bei „Hart aber fair“ besorgt – ist aber weiter für ihren
       > Einsatz.
       
   IMG Bild: Ist die Honigbiene durch Neonicotinoide bedroht?
       
       „Es brennt.“ So knapp brachte Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar das
       globale Insektensterben am Montagabend auf den Punkt. Beim Polittalk „Hart
       aber fair“ sollte es um den „stillen Tod der Bienen“ gehen – und um die
       Frage: Wer vergiftet unsere Natur?
       
       Die Diskussion drehte sich um den [1][Einsatz von Neonicotinoiden in der
       Landwirtschaft] und die Zulassungsverfahren für sogenannte
       Pflanzenschutzmittel in der EU. Die leitende Frage der Sendung wurde leider
       nicht beantwortet – vor allem, weil der Generalsekretär des Deutschen
       Bauernverbandes, Bernhard Krüsken, und Landwirtschaftsminister Christian
       Schmidt alle Mitverantwortlichkeit von sich wiesen.
       
       Richtig, in der Runde saß auch Christian Schmidt von der CSU, der
       vergangene Woche mit seinem [2][Alleingang bei der Verlängerung der
       Glyphosatzulassung] in Brüssel Schlagzeilen machte. Schmidt nennt
       Honigbienen nach Schweinen und Hühnern die „wichtigsten Nutztiere in
       unserem Land“. Und wird in der Sendung nicht müde zu betonen, dass er sich
       für die Erhaltung von Insektenarten einsetze. Dass das eine verzerrte
       Darstellung ist, findet der Grüne Harald Ebner, der im
       Landwirtschaftsausschuss des Bundestages sitzt.
       
       Die Sendung war ein Schaustück der parlamentarischen Demokratie. Da sitzt
       ein CSU-Politiker neben einem Grünen, ein Vertreter der Agrarlobby
       diskutiert mit einem wissenschaftlich versierten Journalisten. Yogeshwar
       und Ebner legen Fakten vor und stellen die Vorgehensweise der Politik in
       Frage. Sie sprechen von den Neonicotinoiden, die nicht nur auf Schädlinge
       wie Nervengifte wirken – sondern auch auf Nützlinge wie die Biene und die
       Schlupfwespe.
       
       Ebner will, dass Schmidt sich darauf festlegt, weitere Pflanzenschutzmittel
       in der EU zu verbieten. Schade nur, dass Moderator Frank Plasberg die
       Diskussion in spannenden Momenten unterbricht und die beiden Politiker
       bittet, politische Debatten eher im Ausschuss zu führen. Insbesondere nach
       der Verlängerung der Glyphosat-Zulassung ist eine solche öffentliche
       Debatte vielleicht viel nötiger als die Diskussion im geschlossenen Forum
       des Landwirtschaftsausschusses.
       
       Schmidt sagt, er blicke selbst „mit ganz großer Sorge“ auf das Thema.
       Dennoch meint er, es sei klar, dass Pflanzenschutzmittel eingesetzt würden.
       Das findet auch Bauernvertreter Krüsken. Man müsse mit diesen Mitteln für
       eine bessere Pflanzengesundheit sorgen. Für beide ist die Studienlage
       „nicht eindeutig“. Man würde handeln, sobald sie eindeutig sei. Solange das
       nicht der Fall ist, werde man weiter die Mittel verwenden.
       
       Wissenschaftsjournalist Yogeshwar findet diese Herangehensweise falsch. Die
       Art und Weise, wie Pflanzenschutzmittel in der EU zugelassen werden, sei
       uralt. Yogeshwar zitiert die Krefelder Studie, bei der
       Hobby-Insektenforscher seit 1989 das Vorkommen von Insekten in bestimmten
       Landstrichen dokumentieren – und einen „erschreckenden Trend nach unten“
       feststellen. Wer in so einem Moment behaupte, es sei nur ein Fehler des
       Feueralarms, dem müsse man mit aller Deutlichkeit sagen: Es brennt
       wirklich.
       
       5 Dec 2017
       
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