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       # taz.de -- Pressefreiheit in Myanmar: Kritik unerwünscht
       
       > In Birma sind zwei Reporter der Nachrichtenagentur Reuters festgenommen
       > worden. Ihnen drohen bis zu 14 Jahre Haft.
       
   IMG Bild: Wa Lone (links) und Kyaw Soe Oo am Montag in ihrem Büro. Mittlerweile sind sie in Haft
       
       RANGUN taz | Die Hände in Handschellen, ein paar Dokumente, zwei
       Smartphones, den Inhalt ihrer Portemonnaies auf einem Tisch ausgebreitet
       und mit zwei schwarzen Balken über den Augen: Wie Drogendealer präsentierte
       die birmesische Polizei Wa Lone und Kyaw Soe Oo auf einem Foto, das über
       die Facebook-Seite des Informationsministeriums verbreitet wurde. Dabei
       sind sie keine Verbrecher. Sie sind Journalisten. Die Behörden im neuen
       Birma scheinen zwischen beidem immer weniger zu unterscheiden. So wie
       früher.
       
       Die Festnahme der beiden Reporter, die für die Nachrichtenagentur Reuters
       arbeiten, ist ein neuer Tiefpunkt im Niedergang der Pressefreiheit in
       Birma. Seitdem die Regierung der ehemaligen politischen Gefangenen Aung San
       Suu Kyi 2016 nach über einem halben Jahrhundert Militärdiktatur unter
       internationalem Applaus die Macht übernahm, geht es mit den demokratischen
       Freiheiten in Birma bergab. Einerseits ist die Nationale Liga für
       Demokratie (NLD) kein Freund freier Medien. Zum anderen scheint das Militär
       beweisen zu wollen, dass es dank einer undemokratischen Verfassung immer
       noch das letzte Wort hat.
       
       Die Journalisten sind wegen Verrats von Staatsgeheimnissen angeklagt. Ihnen
       drohen bis zu 14 Jahre Haft. Angeblich waren sie im Besitz von geheimen
       Dokumenten über die Operationen des Militärs im Krisenstaat Rakhine, die
       ihnen zwei Polizisten überlassen hatten, die ebenfalls festgenommen wurden.
       
       ## Staatsmedien streiten ab
       
       Birma steht unter Druck, seitdem mehr als 600.000 muslimische Rohingya seit
       August vor dem Militär ins benachbarte Bangladesch geflohen sind. Die UN
       und die USA sprechen inzwischen offiziell von ethnischer Säuberung. Laut
       einer am Donnerstag veröffentlichten Studie von Ärzte ohne Grenzen könnten
       6.700 Rohingya während der Operation getötet worden sein.
       
       Birmesische Staatsmedien streiten die Vorwürfe ab und schelten die
       internationale Presse als Fake News. Auf Facebook bezeichnen Nutzer Wa Lone
       als Staatsverräter.
       
       „Wir sind entrüstet über einen solch unverfrorenen Angriff auf die
       Pressefreiheit“, sagte Reuters-Chefredakteur Stephen J. Adlerund forderte
       die unverzügliche Freilassung der Journalisten. Die US-Botschaft inRangun
       verlangte von der Regierung, die Festnahmen zu erklären. Selbst
       UN-Generalsekretär António Guterres äußerte sich. Bei einer Pressekonferenz
       in Tokio zeigte er sich besorgt über die Situation der Presse in Birma.
       
       ## Droht eine neue Militärdiktatur?
       
       Wa Lone und Kyaw Soe Oo sind nicht die einzigen Journalisten, die es in
       jüngster Zeit mit der Staatsgewalt zu tun bekommen haben. Aung Naing Soe,
       Teilnehmer des taz-Asienworkshops 2015 für Journalisten, sitzt seit fast
       zwei Monaten gemeinsam mit einer Journalistin aus Malaysia und einem
       Kameramann aus Singapur sowie einem einheimischen Fahrer im Gefängnis. Das
       Journalisten-Trio soll für das türkische Staatsfernsehen unerlaubt mit
       einer Drohne das Parlament gefilmt haben.
       
       Im Juni verhaftete das Militär drei birmesische Reporter, die über Rebellen
       an der Grenze zu China berichtet hatten. Einer davon ist Lawi Weng. „Sie
       können dich einsperren, wann immer sie wollen“, sagt der Journalist der
       ehemaligen Exil-Nachrichtenplattform Irrawaddy und schiebt hinterher: „Bald
       sind wir wieder in den finsteren Tagen der Militärdiktatur angelangt. Und
       zu allem Überfluss spielt die NLD brav mit.“ Bereits im Wahlkampf betonte
       Aung San Suu Kyi, sich mit dem Militär aussöhnen zu wollen.
       
       Jahrzehntelang konnte das Militär in Birma Menschenrechtsverletzungen
       begehen, ohne sich dafür verantworten zu müssen. Mit dem internationalen
       Druck, nicht zuletzt verursacht durch die Medien, komme das Militär nicht
       klar, glaubt Lawi. „Die drehen durch deswegen“, sagt der Journalist. Wo
       seine Kollegen derzeit festgehalten werden, weiß weiter niemand.
       
       14 Dec 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Verena Hölzl
       
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