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       # taz.de -- Wie Niger die Fluchtrouten dichtmacht: Endstation Agadez
       
       > Schlepper Hussein Chani ist arbeitslos. Niger hat die Reisestrecken durch
       > die Sahara geschlossen. Jetzt ist die Fahrt nach Europa noch
       > gefährlicher.
       
   IMG Bild: Die beschlagnahmten Fahrzeuge der Schlepper stehen im Kasernenhof von Agadez
       
       Agadez taz | Issak Abdou läuft über seinen Kasernenhof wie ein
       Gebrauchtwagenhändler beim Schlussverkauf. In langen Reihen stehen die
       weißen Toyotas auf dem Armeestützpunkt von Agadez am Südrand der Sahara.
       Die Hände auf dem Rücken schreitet Abdou hindurch, sein Adjudant dicht
       hinter ihm, die Kalaschnikow im Arm. „Der da: 7 Millionen Francs“, sagt
       Abdou und nickt in Richtung eines Pick-ups. „Der da: 10 Millionen.“
       
       15.000 Euro sind das umgerechnet, doch zu verkaufen ist der Wagen nicht.
       Abdous Kasernenhof ist eine Asservatenkammer. Noch vor Kurzem war jedes
       dieser Autos unterwegs zwischen Agadez in Niger und Libyen. Nigerianer,
       Senegalesen, Kameruner oder Gambier auf der Ladefläche, 1.500 Kilometer,
       drei Tage Fahrt, wenn alles glatt lief. Jetzt verschwinden die auf den
       Fahrzeugen verbliebenen Besitztümer der einstigen Passagiere unter dem
       Wüstenstaub wie Relikte einer vergangenen Zivilisation: alte Schuhe, leere
       Tablettenpackungen, Wasserkanister mit Bärchenbildern für die Kinder. Und
       ein Koran. Ein Koran? Abdou klopft ihn ab und nimmt ihn an sich. Das Wort
       Gottes darf nicht im Schmutz liegen.
       
       Nebel und Sand verschmelzen zu staubgrauem Dunst, für Saharaverhältnisse
       ist es kühl an diesem Vormittag. An der Seite steht ein Soldat im
       Unterhemd, er wäscht ein Panzerfahrzeug mit einem Wasserschlauch wie ein
       Tierpfleger einen schmutzigen Elefanten. Ein paar Soldaten bestücken ihren
       Spähwagen mit Munitionsketten, bevor sie zur Patrouillenfahrt durch die
       Wüste aufbrechen.
       
       ## Pick-Ups als Zeugnisse der verbotenen Reise
       
       Vor drei Jahren wurde Abdou Kommandant. Bald darauf beschloss das Parlament
       von Niger ein Gesetz mit der Nummer 2015-36 gegen Menschenschmuggel.
       Seitdem muss Issak Abdou die Fahrer, die Menschen durch die Wüste bringen,
       verhaften lassen. Ihre Autos werden beschlagnahmt, 107 sind es
       mittlerweile. Fast genauso viele Fahrer sitzen in den Gefängnissen der
       Wüstenstädte Agadez und Bilma. Die meisten warten auf ihren Prozess. Bis zu
       30 Jahre Gefängnis drohen ihnen. „Früher war legal, was sie getan haben“,
       sagt Abdou. „Jetzt gilt es als Menschenhandel. Ist schlimmer als mit Drogen
       oder Waffen zu dealen.“
       
       Die beschlagnahmten Pick-ups sind Zeugnisse der Strapazen, die die Menschen
       auf sich genommen haben, um näher an Europa heranzukommen. Die Ladefläche
       des Toyota Hillux Single Cab, Baureihe 7 – das Modell, das fast alle
       Schlepper hier benutzten – ist 231 Zentimeter lang und 152 Zentimeter
       breit, etwas größer als ein Bett. Je 25 Menschen sind darin durch die Wüste
       gefahren. Abdou hebt einen Knüppel auf, der im Sand liegt. Er steckt ihn
       zwischen seine Beine, geht etwas in die Knie und umklammert das Holz mit
       beiden Händen. „So haben die sich festgehalten. Sonst hält das kein Mensch
       aus“, sagt er.
       
       Je näher die Migranten auf dem Weg nach Europa ihrem Ziel kommen, desto
       mafiöser, teurer und gefährlicher ist die Reise. Zu Beginn können sie für
       wenig Geld Busse besteigen, am Ende zahlen sie ein Vermögen für eine
       lebensgefährliche Bootsfahrt. Agadez ist eine Zäsur in diesem Kontinuum.
       Bis zu diesem Ort ist das Recht auf ihrer Seite. Jenseits davon gibt es
       nichts mehr, auf das sie sich verlassen könnten.
       
       ## Ein schlaffes Seil über der Straße
       
       Tourayet ist ein 100-Seelen-Dorf, einige Fahrstunden östlich von Agadez.
       Auf dem Weg wechseln sich Geröll, Sand und Buschland ab. Am einzigen
       Brunnen tränkt eine Gruppe Touareg ihre Kamele. Hin und wieder schälen sich
       die Konturen von Lkws aus dem staubigen Horizont. Sie schwanken im
       Schritttempo über die Piste, aberwitzig hoch beladen mit Hunderten Bündeln,
       billig erworbener Importfracht aus Libyen.
       
       Am Ortseingang von Tourayet hängt ein Seil schlaff über der Straße, in ein
       paar Hütten bieten Händler Brennholz und gegrillte Ziege an. Tourayet ist
       einer der vielen Kontrollposten auf der Route durch die Sahara. Auf dieser
       gibt es hin und wieder Brunnen, kleine Siedlungen und etwas Verkehr.
       Unfälle bleiben so nicht unbemerkt.
       
       Der Nationalgardist Hamdou steht neben seinem Jeep, kaut auf einem Stück
       Miswakholz herum und schaut zu, wie ein roter Lastwagen anrollt. Gut 30
       Männer sitzen auf der Ladefläche. Sie tragen weite Gewänder, ihre Köpfe
       verschwinden in Turbans, die Gesichter sind nicht zu erkennen. Der Fahrer
       steigt aus, in der Hand eine blaue Mappe. Die Gendarmen blättern sie
       langsam durch, dann nehmen sie das Seil zur Seite und der Wagen fährt
       weiter.
       
       „Das sind Nigrer. Die wollen zu einer Mine hier in der Nähe, Gold suchen“,
       sagt Hamdou. „Nigrer und Libyer. Sonst kommt hier keiner mehr durch.“
       
       Denn das Seil, das die Gendarmen bewachen, ist heute die Barriere, die den
       halbwegs sicheren Weg durch die Wüste für viele verschließt. „Jeden Montag,
       wenn in Agadez die Konvois losfuhren, kamen hier 200 Autos durch“, sagt
       Hamdou. Nach Zählung der Internationalen Organisation für Migration (IOM)
       haben 2016 im Schnitt 6.300 Menschen pro Woche Agadez Richtung Libyen und
       Algerien verlassen. Jetzt trippelt nur ein einsamer Esel über das Geröll.
       Seine Beine sind zusammengebunden, sodass er nur kleine Schritte machen
       kann. „Heute kommt keiner mehr“, sagt Hamdou. „Die Fahrer kommen in den
       Knast.“
       
       ## Auf Straßen in der Wüste lauert der Tod
       
       Hamdous Uniform trägt das Abzeichen der G5 Sahel Joint Force, der neuen
       multinationalen Truppe gegen Terrorismus, Drogen- und Menschenschmuggel im
       Sahel. Fünfzig Millionen Euro gibt die EU für die Wüstenarmee. Im Juli hat
       Hamdous Trupp zum letzten Mal eine Gruppe Migranten gefunden, die in der
       Wüste zurückgelassen wurde. Sechzig Menschen, drei Leichen. „Vor dem Verbot
       gab es das auch schon“, sagt er. Aber jetzt fahren die Schlepper mitten
       durch die Wüste statt auf der Straße. „Manchmal verfahren sie sich,
       manchmal gibt es Unfälle und manchmal lassen sie die Leute einfach zurück,
       wenn sie glauben, dass wir sie verfolgen.“
       
       Hussein Chani fährt nicht mehr durch die Wüste. An einem heißen Vormittag
       steht der Tuareg auf einem leeren Hof in einem Außenbezirk von Agadez. Er
       trägt Jeans und Sonnenbrille, das Handy steckt in der Hemdtasche. Die
       Lehmmauern sind zu hoch, als dass jemand hereinschauen könnte, doch jeder
       in der Nachbarschaft weiß, was das Haus war: „Mein Ghetto“, sagt Chani. So
       hießen in Agadez die Herbergen, in denen die Migranten schliefen, bevor sie
       zur Fahrt durch die Wüste aufbrachen. Dort kennt Chani sich aus. Chani
       wurde Schlepper.
       
       Er mietete mit drei Freunden das nun geisterhaft leere Haus, dazu drei
       Toyotas von libyschen Geschäftsleuten. Pro Monat brachten sie 400 bis 500
       Menschen durch die Wüste. Er heiratete eine zweite Frau, und es hätte auch
       für eine dritte gereicht, sagt er, wenn die Geschäfte so weitergegangen
       wären.
       
       „Hier haben sie geschlafen“, sagt Chani und deutet auf den Sandboden. Auf
       Korbmatten waren seine Kunden zusammengepfercht, in glühender Sonne saßen
       sie die Tage ab, bis der Tag kam und es losging. In der Mitte des Hofs
       steht ein kleines Haus. Im linken Raum durften Familien schlafen, im
       rechten Frauen, die allein unterwegs waren. Plastikbecher auf dem Boden
       erinnern jetzt noch an sie, Schaffell, Zettel mit Telefonnummern,
       Badelatschen, Tablettenpackungen.
       
       „Wer hier ankam und kein Geld hatte, der konnte einfach warten, bis ihm
       welches geschickt wurde“, behauptet Chani. Da sei er großzügig gewesen und
       habe anschreiben lassen. Gekocht hätten die Wartenden alle zusammen, Reis
       auf dem Feuer, im Hof. Wo wie sich gewaschen und ihre Notdurft
       verrichteten, weiß der Himmel.
       
       ## Hussein Chani, der arbeitslose Schlepper
       
       Meist hat Chani die Herberge geschmissen. „Ghettoboss“ nennt die
       EU-Grenzschutzagentur Frontex diese Tätigkeit in ihrem jüngsten Bericht
       über die Schlepperwirtschaft von Agadez. Manchmal ist Chani auch selbst
       gefahren. Fünfundsiebzig Mal, so schätzt er, seit 2009 bis zum Jahr 2016,
       als alles plötzlich ein Ende hatte. „Drei Tage hat die Vorbereitung jeder
       Fahrt gedauert.“ Chani hat Holz gekauft, Wasser und Benzin. Drei Kanister
       mit je 60 Litern pro Pick-up.
       
       Achtundzwanzig Menschen haben sie in jedem Wagen mitgenommen, 80.000 Francs
       habe jeder Passagier bezahlt, 120 Euro, behauptet Chani. Außer, sagt er,
       wenn sich alle aus einem Land zusammengetan und gemeinsam bezahlt haben.
       Dann gab es Gruppenrabatt.
       
       Gefahren wurde bis zum Einbruch der Dunkelheit, trotz der Hitze. „Nachts
       gibt es zu viele Banditen. Um 22 Uhr haben wir geschlafen, um 4 Uhr früh
       ging es weiter.“ Am Abend des dritten Tages erreichten sie Sabha in Libyen.
       „Nie ging etwas schief“, sagt er. „Meine Partner haben mich von jeder
       Station aus angerufen.“ Am Ende des Monats blieben Chani und seinen
       Partnern je 1.800 Euro, sagt er.
       
       ## Das Gesetz gegen die Schlepper
       
       Dutzende Herbergen wie diese gab es in Agadez. Heute sind sie geschlossen.
       Chanis Partner kamen ins Gefängnis, ihre Autos stehen auf dem
       Militärgelände von Kommandant Abdou. Er habe nichts mehr, sagt Chani. „Ich
       suche jeden Tag Arbeit.“
       
       Das Gesetz, das Chanis Geschäft verbietet, wird im Mai 2015 beschlossen,
       zunächst aber nicht umgesetzt. Im Juni 2016 reist Nigers Präsident
       Mahamadou Issoufou nach Berlin, im Oktober 2016 besucht Angela Merkel sein
       Land. Sie bleibt nur fünf Stunden, macht aber klar, was sie will: „Wir
       werden in drei neuen Schwerpunkten enger zusammenarbeiten“, sagt Merkel.
       „Der erste dieser Schwerpunkte ist der Kampf gegen die illegale Migration.“
       Merkel verspricht 27 Millionen Euro Hilfe. Doch Präsident Issoufou weiß,
       dass viel mehr drin ist. Er fordert 1 Milliarde Euro – und sorgt dafür,
       dass Merkel bekommt, was sie will: die konsequente Durchsetzung des
       Gesetzes 2015-36.
       
       Für Issoufou zahlte sich das aus: Am Mittwoch der vergangenen Woche trifft
       sich der EU-Entwicklungskommissar Neven Mimica mit dem nigrischen
       Finanzminister Massoudou Hassoumin in Paris. Mimica sagt Hassoumin 1
       Milliarde Euro Entwicklungshilfe für den Zeitraum zwischen 2017 und 2020
       zu. Das entspricht über 11 Prozent des nigrischen Staatshaushalts. Und das,
       was Italien, Frankreich und Deutschland bilateral geben, ist da noch nicht
       einmal mit eingerechnet. Allein bei einem Besuch im Juli in Niamey übergab
       Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) 100
       Pritschenwagen, 115 Motorräder und 55 Satellitentelefone an Polizei und
       Armee. Mit drei Beamten und zwei Polizisten ist Deutschland derzeit an der
       Eucap-Sahel-Mission in Niger beteiligt. Die betrachtet die Schlepper vor
       allem als Teil der organisierten Kriminalität und islamistischer
       Terrorgruppen und bildet die nigrischen Behörden für den Kampf gegen sie
       aus.
       
       „Aus Fahrern wurden Schlepper und aus Hoteliers Kriminelle“, sagt Ibrahim
       Manzo Diallo. Er ist Chefredakteur des Senders Radio Sahara in Agadez. Sein
       Büro liegt neben dem Studio, im Hof ragt der Sendemast empor, Redakteure
       laufen durch den kleinen Flur, an der Wand hängt eine Karte, die zeigt, in
       welchen Teilen der Wüste der Sender empfangen werden kann. Stundenweise
       sendet Radio Sahara auch das Hausa-Programm der Deutschen Welle, in großen
       Teilen des Landes gibt es kein anderes Medium.
       
       „Die EU hat Niger dazu gebracht, den Weg durch die Sahara zu versperren“,
       sagt Diallo. Er hält das für illegal: „Die Migranten sind Bürger der
       westafrikanischen Staatengemeinschaft“, sagt er. „Sie haben das Recht, sich
       hier frei zu bewegen. Stattdessen werden sie behandelt wie Verbrecher,
       aufgehalten und in Lager gesteckt.“
       
       5.700 Migranten pro Monat fahren nach Schätzung der IOM heute von Niger
       nach Libyen, etwa ein Fünftel des Vorjahreswertes. Die Reise sei für sie
       gefährlich geworden, sagt Diallo. „Die Regierung sagt, es gebe bislang 31
       Tote in diesem Jahr. Wir glauben, dass es in Wahrheit Hunderte sind.“ Vier
       Berichte über Leichenfunde bekam sein Sender in diesem Jahr von den
       Lokalkorrespondenten in der Wüste.
       
       ## Mumifizierte Leichen derer, die es nicht geschafft haben
       
       Diallo hat die Bilder auf seinem Laptop gespeichert: mumifizierte Körper,
       entkräftet, verdurstet, vertrocknet, erstarrt. Teils auf dem Boden neben
       den Autos, teils noch im Wagen, die Gliedmaßen zusammengefaltet. Einige der
       Toten waren Kinder, bei manchen ragen nur noch die Arme aus dem Sand.
       
       „Die meisten Leichen werden aber nie gefunden.“ Das Problem sei, dass den
       neuen Fahrern die Routine fehle. „In den Ghettos wussten die Leute immer
       ganz genau, wer wann wohin gefahren ist. Jetzt läuft alles diskret, im
       Verborgenen. Die Fahrer nehmen andere Wege, die weiter sind und gefährlich.
       Sie fahren nach GPS, aber sie kennen sich nicht aus, denn sie sind nicht
       von hier.“ Niemand kenne die Wege, die sie nehmen. „Die Wüste ist größer
       als das Mittelmeer. Manche kommen nach ein oder zwei Monaten immer noch
       nicht in Libyen an.“ Das überlebe niemand. „Warum muss das hier bei uns
       geschehen?“, fragt Diallo. „Wenn Europa keine Migranten mehr will, warum
       hält es sie dann nicht an seinen eigenen Grenzen auf?“
       
       Der Regionalrat von Agadez hat im Oktober 2016 eine Studie vorlegt, die
       zeigen soll, welchen Verlust die neue Politik für die Region bedeutet: Für
       Unterkunft, Essen, Proviant, Ausreisesteuer und die Fahrt habe jeder
       Migrant demnach umgerechnet 295 Euro in der Stadt gelassen. Die IOM
       schätzt, dass 2016 insgesamt 330.000 Menschen durch Agadez reisten. Demnach
       entstehe ein Verlust von etwa 100 Millionen Euro im Jahr, so der
       Regionalrat.
       
       Entsprechend unbeliebt ist die neue Politik in Agadez. Also musste Nigers
       Präsident Issoufo einen Auswärtigen als Gouverneur nach Agadez schicken. Am
       Abend sitzt der aus dem Westen Nigers stammende Sadou Soloke, bewacht von
       der Nationalgarde, in seinem Amtssitz, in Sichtweite der Büros der
       Vereinten Nationen, der IOM und der deutschen Gesellschaft für
       internationale Zusammenarbeit. Er trägt das ausladende weiße Gewand, das
       hier Babban Riga heißt, dazu eine rote Filzkappe. „Wir machen das nicht,
       weil die Europäer das sagen, auch wenn viele das behaupten“, sagt er.
       
       Der Kampf gegen die Schlepper sei richtig, sagt Soloke, „weil sie nach
       unserem Gefühl inhuman sind und die Jugend gefährden“. Schlepper
       manipulierten die Jugendlichen, sodass diese sich in tödliche Gefahr
       brächten. „Es ist ein unehrenhaftes Geschäft. Wie sollen wir das
       tolerieren?“ Warum den Behörden diese „moralische Verpflichtung“ erst dann
       auffiel, als die EU Millionen auf den Tisch blätterte, sagt Soloke nicht.
       
       ## 1.500 Euro für eine neue Existenz der Schlepper
       
       Es sei wahr, dass viele Menschen in Agadez deswegen heute kein Einkommen
       mehr haben. „Das war uns bewusst“, sagt Soloke. „Sie müssen ihre
       Aktivitäten komplett ändern. Wir arbeiten daran“, sagt Soloke. „Aber die
       Hilfe kommt langsam.“ Bis zu 1.500 Euro bekommen ehemalige Schlepper, wenn
       sie sich eine neue Existenz aufbauen wollen. 3.000 haben dafür bislang
       einen entsprechenden Antrag gestellt. Das Geld kommt von der EU, die noch
       eine ganze Reihe weiterer Projekte in Agadez finanziert, um das zerstörte
       Geschäft zu kompensieren.
       
       Den Vorwurf, das westafrikanische Freizügigkeitsregime zu verletzen, weist
       er zurück. „Natürlich sind die Leute frei, sich zu bewegen“, sagt Soloke.
       „Nur eben nicht, wenn sie nach Libyen wollen.“ Im Übrigen richte sich das
       Vorgehen der Behörden nicht gegen die Migranten. „Die fassen wir nicht an.
       Wir bestrafen nur die Schlepper.“ Das habe Wirkung gezeigt: „Die Zahlen
       sind drastisch zurückgegangen.“ Die Migranten, die heute noch aufgegriffen
       werden, kommen in ein offenes Lager der UN-Migrationsagentur IOM in Agadez.
       Von dort wird die Rückreise in ihre Heimat organisiert.
       
       Ihm sei bekannt, dass die neuen Routen gefährlicher seien. „Wir beobachten
       das“, sagt er. „Und dann werden wir auch diese Routen schließen. Sie finden
       immer andere Wege, also dürfen wir nicht aufhören zu arbeiten.“
       
       18 Dec 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Jakob
       
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