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       # taz.de -- Financial Fairplay im Fußball: Gelenkte Meinungsfreiheit
       
       > Ein reicher Fußballklub, ein noch reicherer Fußballklub, die Uefa und
       > eine Frage der Fans an die Botschaft von Katar in Berlin.
       
   IMG Bild: Darf's etwas mehr sein?
       
       „Wir müssen das Ding doch verbieten.“ Die Ansage des Vereinsvertreters war
       unmissverständlich. Die Fans trauten ihren Ohren nicht. Das Transparent war
       fertig. Mehrere Stunden hatte es gebraucht, bis die Schrift auf die
       Stoffbahnen aufgetragen war. Nach getaner Arbeit blickten alle Beteiligten
       stolz auf ihr Werk. „@Uefa: Für wieviel Mio. kann man sich von Financial
       Fairplay freikaufen?“
       
       Am kommenden Mittwoch stand ein großes Spiel an. Im Europapokal ging es
       gegen diesen neureichen Klub, der mit Öl- und Gasmillionen aus der
       Golfregion größer gemacht worden war, als es die Regel erlaubte.
       
       Financial Fairplay, diese Regel der Uefa, sollte dafür sorgen, dass kein
       Klub mehr Geld ausgibt, als er auf dem Markt erwirtschaften kann. Ein Witz,
       dachten die Fans beim Blick auf den Gegner am nächsten internationalen
       Spieltag. Auch ihr Klub war kein kleiner. Im ganzen Land gab es keinen
       reicheren, doch sie hatten Angst, in Europa den Anschluss zu verlieren.
       Deshalb das Transparent. Sie wollten nur zeigen, dass etwas nicht stimmen
       kann bei der Umsetzung der Fairplay-Regel.
       
       „Das erlauben die uns nie und nimmer!“ Einer aus dem Dachverband der
       Fanklubs, der die Choreografien in der Kurve für gewöhnlich inszeniert,
       hatte seine Zweifel, als sie das Transparent zur Genehmigung beim Klub
       vorlegten. So war das Prozedere. Die Fans dachten sich etwas aus und legten
       es dem Klub zur Genehmigung vor.
       
       „Gelenkte Meinungsfreiheit“, so hatte das einer der ihren mal genannt. Die
       Überraschung war jedenfalls groß, als der Klub ihnen erlaubte, den
       Uefa-Spruch zu zeigen. „Die finden selber nicht ganz sauber, was bei den
       anderen im Klub läuft“, vermutete einer.
       
       ## Farbkopien von Geldscheinen
       
       Das würde jedenfalls Ärger mit der Uefa geben, da waren sich alle sicher.
       Bei einem Auswärtsspiel in Belgien vor ein paar Wochen hatten die Fans
       wütend gegen die Ticketpreise demonstriert. „Kriegt ihr den Hals nicht
       voll?“, hatte auf dem Spruchband gestanden.
       
       „Verboten“ sei das nach Regel 16b, sagten die Richter der Uefa und
       verlangten vom Klub eine Strafzahlung von 20.000 Euro, auch weil ein paar
       Farbkopien von Geldscheinen aufs Spielfeld geschmissen worden waren. Ihr
       Klub schien nun bereit zu sein, für die unverhohlene Uefa-Kritik ins Risiko
       zu gehen. Bis die neue Ansage kam.
       
       Die konnten sie sich zunächst nicht erklären. Dann fiel ein Wort, und alles
       schien ganz einfach zu sein: „Katar!“ Schnell war ihnen klar, wie es zu dem
       späten Verbot gekommen war. Die Uefa muss von dem Transparent Wind bekommen
       haben. Der Verband habe dann den gegnerischen Klub informiert.
       
       Das hätte nicht passieren dürfen. Denn der Gegner mag zwar in einer
       europäischen Hauptstadt angesiedelt sein, er gehört aber der Qatar Sports
       Investment, er gehört Katar. „Der Katarklub“, sagten sie in der Kurve
       immer, wenn sie über das „Konstrukt“ sprachen, das für Hunderte von
       Millionen die besten Spieler der Welt zusammenkaufte.
       
       ## Gefährdung der guten Beziehungen zum Klub
       
       Nun sollen also die Kataris selbst dafür gesorgt haben, dass ihr Klub das
       Transparent verbietet. Ganz unabhängig von den Golfreichtümern ist auch ihr
       Klub nicht. Auf dem Ärmel wirbt der Hauptstadtflughafen Katars, und zum
       Trainingslager lässt sich der Klub jedes Jahr von dem Emirat einladen. Über
       die Botschaft Katars soll die Ansage gekommen sein, das Transparent zu
       verbieten, sonst seien die guten Beziehungen zum Klub in Gefahr.
       
       „So war es und nicht anders“, waren sich die einen sicher. „Kann schon
       sein, aber nichts Gewisses weiß man nicht“, sagten andere in der typischen
       Diktion der Menschen des Landstrichs, in dem ihr Klub beheimatet ist. „Wir
       fragen einfach“, meinte dann einer und so setzten sie ein Schreiben an die
       Botschaft Katars in Deutschland auf. Eine Antwort auf den „Offenen Brief
       des Club Nr. 12, der unabhängigen und überregionalen Vereinigung aktiver
       Bayern-Fans an die Botschaft des Staates Katar in Berlin“ steht noch aus.
       
       17 Dec 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Rüttenauer
       
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