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       # taz.de -- Wieder Eisbärbaby in Berlin geboren: Hoffen auf den Hype
       
       > Im Tierpark hat die Eisbärin Tonja wieder ein Kind bekommen. Überlebt es
       > die ersten Monate, hätte der Ostzoo endlich die sehnlichst erwartete
       > große Attraktion.
       
   IMG Bild: Man muss schon genau hinschauen: das kleine Ding neben der Schnauze ist das Eisbärbaby
       
       Berlin (dpa) | Die Überraschung kam einen Tag nach Nikolaus: Als
       Tierpfleger Detlef Balkow am Donnerstagfrüh seinen Dienst im Tierpark im
       Berliner Osten antrat und routinemäßig nach der achtjährigen Eisbärin Tonja
       sah, entdeckte er neben dem großen und 250 Kilo schweren Weibchen etwas
       Kleines, Zartes.
       
       Nach monatelangen Spekulationen ist klar: Berlin hat ein neues
       Eisbärenbaby. Und das nur rund ein Dreivierteljahr nach dem Schock um den
       Tod von Tonjas erstem Nachwuchs, dem kleinen Fritz. Das Eisbärenjunge war
       im März im Alter weniger Monate erkrankt und gestorben. Die genaue Ursache
       gibt Forschern bis heute Rätsel auf.
       
       Mit der Bekanntgabe der Geburt am Freitag gehen die Bemühungen des
       Tierparks um einen neuen flauschigen Publikumsliebling in die zweite Runde.
       Dieses Mal ist Tonjas Wurfhöhle mit besseren und mehr Überwachungskameras
       ausgerüstet – damit entgeht rund um die Uhr kein Detail. „Die Geburt war
       nachts um 1.30 Uhr, ganz früh morgens“, sagt Tierpark-Sprecherin Christiane
       Reiss.
       
       Selbst ein Video der Geburt hat der Tierpark online gestellt – zu sehen ist
       auch, wie Tonja das kleine zappelnde Bündel beschnuppert und ableckt.
       Schätzungsweise ein paar Hundert Gramm und etwa 30 Zentimeter groß sei der
       Nachwuchs, sagt Reiss. „Er ist noch blind, nackt und taub.“ Über Mikrofone
       sei Schmatzen zu hören – ein wichtiges Zeichen dafür, dass das Junge
       trinkt, sagt Eisbärenkurator Florian Sicks. Das Geschlecht des Tiers ist
       noch nicht bekannt.
       
       Schon in den vergangenen Tagen hatten sich die Anzeichen gemehrt, dass
       Tonja tatsächlich trächtig ist, erzählt Sicks. Sie hatte sich im Oktober
       ins Winterquartier zurückgezogen. Vor einigen Tagen sei sie aber auf einmal
       sehr viel aktiver gewesen als gewöhnlich, es folgte eine ebenfalls
       unübliche Ruhephase, Essen nahm sie nicht mehr an, wie Sicks sagt. Tonjas
       Partner Wolodja (6) hatte sie im Frühjahr mehrfach gedeckt. Er ist nun der
       einzige Eisbär auf der Außenanlage.
       
       ## Wieder Zwillinge, wieder ist eines tot
       
       Wie auch schon bei Tonjas erstem Wurf vor gut einem Jahr, als eines der
       Zwillinge nach wenigen Tagen starb, gibt es auch diesmal einen
       Wermutstropfen: Eigentlich hatte Tonja wieder zwei Junge. Das Erstgeborene
       sei jedoch schon tot zur Welt gekommen, erläutert Reiss. Danach sei es
       nicht mehr auf den Kamerabildern zu sehen gewesen. Das deutet darauf hin,
       dass Tonja es gefressen hat – wie bei Eisbären in solchen Fällen üblich.
       
       In den nächsten Tagen geht im Tierpark das Zittern, Monitor-Starren und
       Lauschen weiter: Die Sterblichkeit bei jungen Eisbären liegt bei 50
       Prozent, als besonders kritisch gelten die ersten zehn Tage. Selbst danach
       sei der Nachwuchs noch nicht ganz über den Berg, erklärte Tierpark-Direktor
       Andreas Knieriem. Hoffnung macht, dass es bereits Tonjas zweiter Wurf ist,
       sie hat damit mehr Erfahrung. Die ersten Fotos zeigen, wie sie das Kleine
       nah am Körper wärmt. Egal was in den nächsten Tagen passiert, eingreifen
       werde man nicht, betont Kurator Sicks. Aufzuchten durch Menschenhand, wie
       einst beim Berliner Liebling Knut, sind heute höchst umstritten.
       
       ## Viel Kritik von Tierschützern
       
       Die Reaktionen unmittelbar nach Bekanntwerden der Geburt – unter den ersten
       Gratulanten im Netz war die Berliner Polizei – zeigen eine anhaltende
       Begeisterungsfähigkeit der Menschen, auch nach dem Tod von Fritz. Dabei
       kritisieren Tierschützer gerade Eisbärenhaltung in Zoos immer wieder
       scharf. „Wie ist Eisbären geholfen, wenn Familien bei Zoo-Ausflügen mal 30
       Sekunden vor dem Gehege stehenbleiben? Das ist eine Art, bei der Zoos immer
       groß den Artenschutz betonen, aber am Ende werden keine Eisbären
       ausgewildert“, sagte die Biologin Denise Ade vom Deutschen Tierschutzbund
       kürzlich der dpa.
       
       Der Tierpark argumentiert mit dem Bildungsauftrag und will mit Nachwuchs
       auf Tonjas bedrohte Artgenossen in freier Wildbahn hinweisen, betont eine
       Sprecherin. Aber natürlich sei mit einem Eisbärenbaby auch die Hoffnung auf
       mehr Besucher verbunden – damit wäre der Park in Zukunft womöglich nicht
       mehr auf Millionen-Zuschüsse des Landes angewiesen.
       
       Gleichwohl wolle man „keinen zweiten Knut“ und keinen damit verbundenen
       Hype fördern, hieß es. Ziel sei ein „gesundes Maß an steigenden
       Besucherzahlen“ für die weitläufige Anlage in Friedrichsfelde. Diese steht
       noch im Schatten des Zoos, der ehemaligen Heimat von Knut.
       
       Mehr zum Tierpark und was Direkter Andreas Knierim unternimmt, um den
       Ostzoo attraktiver zu machen, in der taz berlin am Wochenende 9./10.
       Dezember. Am Kiosk und in Ihrem Briefkasten.
       
       8 Dec 2017
       
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