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       # taz.de -- Unterschiedliche Preise nach Geschlecht: 12,50 Euro mehr für den Schnitt
       
       > Eine Studie zeigt, wie sich Preise nach Geschlecht unterschieden. Frauen
       > müssen für die gleiche Dienstleistung oft mehr bezahlen als Männer.
       
   IMG Bild: Männer und Frauen zahlen je nach Geschlecht unterschiedlich für die gleiche Leistung
       
       Normalerweise muss Lotta Barabasch, 22 Jahre, beim Friseur immer den Preis
       für einen Damenschnitt bezahlen. Und das, obwohl sie ihre Haare mit der
       Maschine ganz kurz schneiden lässt – wofür Männer indes weniger zahlen.
       Weil sie das unfair fand, borgte sie sich Anziehsachen von ihrem
       Mitbewohner, kleidete sich wie er und ging so zum Friseur. „Ich habe es
       einfach nicht mehr eingesehen, dass ich mehr zahlen muss, nur weil ich eine
       Frau bin“, erzählt sie der taz. An diesem Tag zahlte sie den Männerpreis.
       
       Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes liefert nun den Beleg dafür, dass
       es sich nicht um einen Einzelfall handelt, sondern diese Ungerechtigkeit
       genereller Natur ist. Die Studie „Preisdifferenzierung nach Geschlecht“,
       die am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde, beschreibt, wie Anbieter
       gleiche oder sehr ähnliche Leistungen mit divergierenden Preisen versehen,
       je nachdem, ob Männer oder Frauen sie kaufen sollen. So zahlen Frauen für
       fast 60 Prozent aller Dienstleistungen mehr als Männer. Bei Waren ist die
       Ungleichheit geringer.
       
       Als vergleichbar galten dabei nur jene Waren und Dienstleistungen, die sich
       ausschließlich darin unterscheiden, dass sie gezielt ein Geschlecht
       ansprechen, etwa mit gesellschaftlich konnotierten Farben, wie Pink und
       Blau.
       
       Iris an der Heiden vom IF! Institut für sozioökonomische Forschung, das die
       Studie gemeinsam mit Maria Wersig von der Fachhochschule Dortmund
       durchgeführt hat, verweist auf Rasierklingen. „For women“ steht auf der
       pinkfarbigen Packung, „For men“ auf der blauen. Beide Päckchen beinhalten
       je sechs Rasierklingen, die „in Herstellung und Funktion komplett identisch
       sind“, sagt an der Heiden. Und trotzdem: Die pink Packung kostet im selben
       Supermarkt 4,49 Euro, die blaue 3,89. Die Rasierklingen sind eines von 62
       preisungleichen Produkten, welches die Tester*innen finden konnten; bei
       1.682 untersuchten Produkten ein relativ geringer Anteil.
       
       „Es ist eine gute Nachricht, dass es bei uns keinen flächendeckenden
       Preisaufschlag nach Geschlecht gibt“, sagt Christine Lüders, Leiterin der
       Antidiskriminierungsstelle. „Doch auch 62 Produkte sind 62 zu viel.“ Denn
       natürlich sei es diskriminierend, die stereotype Annahme auszunutzen, dass
       Frauen grundsätzlich bereit wären, mehr Geld für ihr Äußeres auszugeben.
       
       Weitaus ungerechter verteilt sind die Preise aber bei den Dienstleistungen.
       Für 59 Prozent aller 381 ermittelten Standarddienstleistungen zahlen Frauen
       mehr, erheblich mehr etwa beim Friseur oder in der Reinigung. „Wenn eine
       Person allein wegen ihres Geschlechts mehr zahlen muss, verstößt das im
       Grundsatz gegen das Diskriminierungsverbot“, sagt Lüders. Für
       Kurzhaarfrisuren etwa müssen Frauen im Schnitt 12,50 Euro mehr bezahlen,
       für die Reinigung von Blusen 1,80 Euro mehr als für Männerhemden.
       
       Grund dafür seien Klischees. Etwa beim Friseur: Frauen verlangten mehr
       Beratung, ihre Schnitte seien technisch und zeitlich aufwendiger. „Ich
       frage mich allerdings, ob das noch gilt, wenn Aubameyang zum Friseur geht“,
       sagt Lüders mit Blick auf den Stürmerstar von Borussia Dortmund, der für
       seine extravaganten Frisuren berühmt ist. Es sei unzulässig, zu
       pauschalisieren, das Geschlecht dürfe nicht als „Platzhalter“ für den
       erwarteten Aufwand dienen.
       
       Jörg Müller, Hauptgeschäftsführer vom Zentralverband des Deutschen
       Friseurhandwerks, hat die Studie unterstützt, meinte gegenüber der taz:
       „Wenn eine Frau tatsächlich den genau gleichen Schnitt will wie ein Mann,
       soll sie auch nicht mehr bezahlen müssen. Das ist allerdings nur sehr
       selten der Fall“.
       
       Christine Lüders verweist auf Österreich: „Dort hat die Friseurinnung
       gemeinsam mit der Gleichbehandlungsanwaltschaft ein Muster zu
       geschlechtsneutralen Preislisten erarbeitet.“ Ziel der Studie soll zunächst
       aber sein, für Preisdiskriminierung zu sensibilisieren – Kund*innen und
       Dienstleistende.
       
       20 Dec 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hanna Voß
       
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