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       # taz.de -- AfD diskutiert über Parteistiftung: Benannt nach Gustav Stresemann?
       
       > Die AfD will im Januar über die Gründung einer Stiftung entscheiden. Der
       > Nationalliberale Gustav Stresemann ist es, dessen Namen sie dafür nutzen
       > will.
       
   IMG Bild: Könnte hier auch ein Bild von Gustav Stresemann stehen?
       
       BERLIN taz | Gustav Stresemann musste erst mal für Ruhe sorgen. Einen Tag
       nach seiner Ernennung zum Kanzler trat er am 14. August 1923 vor den
       Reichstag, um seine erste Regierungserklärung abzugeben. Dreimal setzte er
       an, dreimal unterbrachen ihn die Abgeordneten der KPD mit Zwischenrufen.
       Dann reichte es dem Reichskanzler und er schleuderte den Störern entgegen:
       „Demokratie heißt Herrschaft der Mehrheit und heißt nicht Diktatur einer
       Minderheit durch Lärmen gegenüber der Mehrheit.“
       
       Da kann die AfD ja noch etwas lernen. Die Gelegenheit, sich näher mit
       seinem Stresemann und dessen Demokratieverständnis zu beschäftigen, schafft
       sich die Parteispitze im Moment jedenfalls selbst. Sie will den übrigen
       Bundestagsparteien folgen, eine Parteistiftung aufbauen – und diese nach
       dem Politiker der Weimarer Republik benennen. „Die AfD strebt die
       Anerkennung einer parteinahen Stiftung an“, [1][sagte Parteichef Alexander
       Gauland der FAZ]. „Ich würde es begrüßen, wenn sie
       Gustav-Stresemann-Stiftung heißen würde.“ Es ist der Versuch, das eigene
       Image zu korrigieren: Laut Gauland will man sich mit der Namenswahl in die
       Tradition von Stresemanns „nationalliberalem Erbe“ stellen.
       
       Aber passen der Staatsmann und die Rechtspopulisten wirklich zusammen? Für
       die nationalliberale Deutsche Volkspartei saß der frühere Industrielobbyist
       im Reichstag, war kurzzeitig Kanzler und danach bis zu seinem Tod sechs
       Jahre lang Außenminister. Seine Politik war ambivalent: Den Versailler
       Vertrag und dessen Folgen bezeichnete er als „Vergewaltigung deutscher
       Rechte“, an Polen verlorene Gebiete im Osten wollte er zurückholen. Trotz
       solcher nationalistischen Töne setzte er aber auch auf Realpolitik,
       versöhnte Deutschland mit Frankreich und erhielt dafür den
       Friedensnobelpreis. Posthum gilt er deshalb als Wegbereiter der
       europäischen Integration. Was zukünftige Stipendiaten einer
       Gustav-Stresemann-Stiftung davon wohl halten werden?
       
       ## Kritik an Gaulands Vorschlag
       
       Ausgemachte Sache ist die Stiftungsgründung aber noch gar nicht. Manche in
       der Partei halten es für Abzocke, die öffentlichen Mittel abzurufen, die
       der AfD für eine Stiftung zustünden. Andere wollen laut FAZ lieber die
       Gottfried-Herder-Stiftung (benannt nach dem Schriftsteller) oder die
       Erasmus-Stiftung (benannt nach dem Renaissance-Gelehrten) näher an die
       Partei binden.
       
       Fällt die Wahl doch auf Stresemann, muss die AfD mit Widerstand rechnen.
       Kritik an Gaulands Vorschlag kam am Mittwoch von der Bonner
       Gustav-Stresemann-Institut, Stresemann-Enkel Walter und FDP-Vize Wolfgang
       Kubicki. Dessen Partei könnte von Stresemann übrigens auch noch etwas
       lernen: Als Kanzler stand der Nationalliberale einer lagerübergreifenden
       Mehrparteienkoalition vor. In seiner Regierungserklärung 1923 rechtfertigte
       er das Bündnis mit der schwierigen Lage der jungen Republik. Diese verlange
       „den Zusammenschluss aller den verfassungsmäßigen Staatsgedanken bejahenden
       Kräfte.“
       
       21 Dec 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/f-a-z-exklusiv-afd-plant-gustav-stresemann-stiftung-15350038.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tobias Schulze
       
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