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       # taz.de -- die dritte meinung: Die Schweden machen vor, dass es beim Sex um „Ja heißt Ja“ gehen muss, sagt Terry Reintke
       
       Schweden führt ein Gesetz ein, dass Sex nur noch im gegenseitigen
       Einverständnis der Beteiligten erlaubt. Damit wolle der Staat in die
       intimste Privatsphäre der Bürger*innen eingreifen, so ein Gegenargument der
       Kritiker*innen. Ein anderes: Das sei doch total selbstverständlich, das
       müsse doch der Gesetzgeber nicht regeln. Beides ist falsch.
       
       Der alte Slogan der Frauenbewegung gilt: Das Private ist politisch. Der
       Gesetzgeber kann sich nicht vor Fragen drücken, nur weil sie intime und
       schambehaftete Bereiche des Lebens betreffen. Damit würde er gerade die im
       Stich lassen, die den Schutz des Rechts am nötigsten brauchen.
       
       Außerdem hat die #metoo-Debatte gezeigt: Sexualisierte Gewalt ist keine
       Ausnahme in unserer Gesellschaft, sondern weit verbreitet. Nicht nur im
       öffentlichen Raum oder am Arbeitsplatz, sondern vor allem im sozialen
       Nahraum – in der Familie und unter Freund*innen. Damit das ein Ende hat,
       ist es richtig und wichtig, zu handeln. Klarheit zu schaffen hilft dabei
       schlussendlich allen.
       
       Dass die Gesetzesänderung eine gesellschaftliche Debatte über die Frage,
       wie wir miteinander umgehen, was in Ordnung ist und was nicht, nicht
       beenden kann und soll, ist offensichtlich. Dennoch: Oftmals bringen erst
       Gesetzesinitiativen genau diese Debatten in die Mitte der Gesellschaft.
       
       Nur zu Erinnerung: Bis 1997 war Vergewaltigung in der Ehe in Deutschland
       nicht strafbar. Jahrzehntelang hatte die Frauenbewegung für eine rechtliche
       Verschärfung gestritten. Die Gegenargumente gegen die geplante
       Gesetzesänderung waren damals den heutigen sehr ähnlich: Dass die Ehe auch
       Sex beinhalte, das sei doch schon jahrtausendelang so.
       
       Mutige Frauen haben über Parteigrenzen hinweg vor zwanzig Jahren nach
       langen Kämpfen erreicht, dass sich etwas ändert. Mit dem Gesetz hat sich
       auch das Bewusstsein der Öffentlichkeit verändert. Wir sollten heute nicht
       damit aufhören. Damit wir irgendwann wirklich in einer Gesellschaft leben,
       in der endlich selbstverständlich ist: Ja heißt Ja.
       
       21 Dec 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Terry Reintke
       
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