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       # taz.de -- China führt Emissionshandel ein: Der Preis für den Klimaschmutz
       
       > China kündigt den weltweit größten Emissionshandel an. Die Preise sollen
       > mit etwa 9,50 Euro für den Ausstoß einer Tonne CO2 über den europäischen
       > liegen.
       
   IMG Bild: Im Land des aufgehenden Emissionshandels
       
       Auch beim größten Klimasünder der Welt kostet es demnächst Geld,
       Schadstoffe in die Luft zu blasen. Am Dienstag kündigte China an, einen
       Emissionshandel für CO2-Emissionen einzuführen. Zhang Yong, Vizechef der
       mächtigen Reformkommission NDRC, verkündete laut Agenturmeldungen, der
       Handel werde sich zuerst auf die Energiewirtschaft beschränken und solle
       spätestens 2020 voll arbeiten. Wenn China die etwa 3,3 Milliarden Tonnen
       CO2 aus seinen Kohlekraftwerken mit einem Preis belegt, wäre das der größte
       Emissionshandel weltweit.
       
       Der Schritt war lange erwartet worden. Schon in der Vergangenheit hatte das
       Land mit einem Handel von CO2-Rechten in sieben Provinzen und Städten
       experimentiert. Ziel ist es vor allem, den Kohleverbrauch und damit die
       Luftverschmutzung zu senken. China stößt jährlich etwa 10,5 Milliarden
       Tonnen des Treibhausgases Kohlendioxid aus (Deutschland: ca. 900 Millionen)
       und hat sich unter dem Pariser Abkommen verpflichtet, seine Emissionen
       deutlich vor 2030 zu stabilisieren und zu senken.
       
       Der Preis für den Ausstoß einer Tonne CO2 werde 2020 etwa bei 74 Yuan
       liegen, schätzt die Forschungsplattform China Carbon Forum. Das wären etwa
       9,50 Euro, verglichen mit den etwa 5 bis 7 Euro, die ein Zertifikat für den
       Ausstoß einer Tonne CO2 derzeit in Europa kostet. Eine Verbindung zwischen
       den Systemen soll es erst einmal nicht geben.
       
       Emissionshandelssysteme gibt es neben der EU auch in Neuseeland und
       Amerika, wo sich US-Staaten und kanadische Provinzen freiwillig zu diesem
       Schritt entschlossen haben. Mexiko, die Ukraine und Kasachstan bereiten
       einen Emissionshandel vor, während Thailand, Vietnam, Brasilien und Chile
       darüber nachdenken.
       
       Der chinesische Preis für den Klimaschmutz sollte sich ursprünglich auf
       acht Sektoren beziehen. Außer der Energiewirtschaft sollten auch Chemie,
       Petrochemie, die Luftfahrt, der Stahl, Nicht-Eisen-Metalle, der Bausektor
       und die Papierindustrie für ihren Dreck bezahlen. Dass die anderen Bereiche
       zunächst verschont werden, hat nach offiziellen Angaben damit zu tun, dass
       die Daten über Emissionen in diesen Branchen schwer zu erheben sind.
       
       Das politische Signal durch die Entscheidung wurde weltweit begrüßt:
       „Wieder ein Zeichen, dass die Revolution zu einer nachhaltigen Wirtschaft
       vorangeht“, kommentierte der frühere US-Vizepräsident und Klimaaktivist Al
       Gore. „Wenn der größte Verschmutzer handelt, um das Pariser Abkommen zu
       erfüllen, sind wir an einem Kipppunkt der Klimakrise hin zu einer
       Wirtschaft mit wenig Kohlenstoff.“
       
       ## Signal auch für Europa
       
       Die Entscheidung sei „der richtige Schritt, der China noch vor manche
       Industrieländer setzt, die Klimaschutz als Last statt als Chance
       empfinden“, kommentierte Li Shuo von Greenpeace China. Allerdings bleibe im
       Land noch viel zu tun, vor allem müsse sich der Klimaschutz auch auf der
       lokalen Ebene durchsetzen.
       
       Andere Beobachter sind vorsichtiger. Noch sind die Daten und Mechanismen
       des Systems den meisten Experten unbekannt. Ob ein solches Handelssystem in
       einem Wirtschaftssystem sinnvoll sei, das keine reine Marktwirtschaft sei,
       müsse sich erst zeigen, heißt es. Auch die Ankündigung der chinesischen
       Führung, man werde „keine Spekulationen zulassen“, hat für Irritationen
       gesorgt, denn an den Börsen für CO2-Emissionen wird derzeit munter auf
       künftige Kurse spekuliert.
       
       Für Europa sieht zumindest die Umweltgruppe „Carbon Market Watch“ darin ein
       „wichtiges Signal hin zu einer weltweiten Bewegung zu CO2-Preisen“. Bisher
       hätten Lobbygruppen in Europa Gratis-Emissionsrechte erwirkt mit der
       Drohung, Firmen könnten ins Ausland, etwa nach China, abwandern. Femke de
       Jong von Carbon Market Watch sagte: „Es gibt jetzt keine Rechtfertigung
       mehr für die freie Zuteilung von Zertifikaten.“
       
       20 Dec 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernhard Pötter
       
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