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       # taz.de -- Werbeblöcke in Podcasts: Und jetzt zur Werbung
       
       > Mit Podcasts boomt auch eine neue Plattform für Reklame. Finanziell lohnt
       > sich das für die Produzenten. Welche Kompromisse gehen sie ein?
       
   IMG Bild: Viele mögen Podcasts. Deswegen mögen auch Werbetreibende Podcasts
       
       Christan Bollert ist Fan. Er liebt Podcasts. Bollert leitet das Onlineradio
       Detektor.FM und baut das Genre des Podcasts dort seit Jahren aus. Der Plan
       dahinter ist einfach: Geld verdienen. Für diesen Zweck sind die
       Abruf-Audios neben Livestreams eine willkommene weitere Spielfläche.
       
       „Werbung in Podcasts hat im ablaufenden Jahr klar an Fahrt gewonnen“, sagt
       Bollert. „Man könnte auch sagen: Der Vermarktungsknoten ist geplatzt.“
       Konkrete Zahlen will er nicht nennen; aber allein bei ihnen mache Werbung
       in Podcasts heute etwa ein Drittel der Umsätze aus.
       
       Kommerzielle Podcasts boomen. Auch klassische Verlage dringen mit ihnen
       immer stärker in die Audiolandschaft vor. Die Amazon-Tochter Audible
       vermarktet Reihen etwa von Brand eins, Bunte, Spiegel, Titanic und den
       11Freunden im Abo. Auch Zeit und Süddeutsche Zeitung (SZ) haben Formate
       gestartet, auf eigene Faust und teils werbefinanziert. Es herrscht
       Goldgräberstimmung.
       
       Das Geschäft ist so interessant, dass sich inzwischen auch
       Vermarktungsagenturen anbieten. Die Werbeplätze in den Podcasts von
       Detektor.FM etwa vermittelt seit bald einem Jahr die ARD-Werbetochter AS&S
       – so wie auch Formate der Berliner Audiofabrik Viertausendhertz, die
       entstanden ist, weil sich etablierte RadiomacherInnen mit Podcasts
       selbstständig machen wollten.
       
       ## „Nach einer Information“
       
       „Podcasts sind längst nicht mehr nur etwas für Technik-Fans“, sagt Oliver
       Adrian, der bei AS&S das Radio-Geschäft leitet. Apps auf Smartphones und
       sprachgesteuerte Lautsprechersysteme wie Amazon Alexa oder Google Home
       haben eine Art Barrierefreiheit für das Genre geschaffen. „Podcasts sind
       etwas für alle, das spiegelt sich auch in der Bandbreite der Themen und
       damit auch der Werbekunden wider“, sagt Adrian. „Podcast-HörerInnen
       verfügen laut unseren Untersuchungen im Durchschnitt über ein höheres
       Haushaltsnettoeinkommen und einen höheren Bildungsgrad und sind zudem
       technikaffin und trendbewusst.“ Für Werbekunden sei die Zielgruppe deswegen
       „besonders interessant“.
       
       Die Werbung letztlich in Podcasts einzubinden ist aber mitunter eine heikle
       Aktion. Bei der SZ-Reihe „Das Thema“ etwa erklärt die Moderatorin zunächst,
       worum es in der aktuellen Folge geht – „nach einer kurzen Information von
       unserem Partner“. Diese Information trägt sie dann gleich selber vor. Die
       Journalistin leiht dem Werbepartner ihre Stimme – ein Prinzip, das in
       erfolgreichen Podcasts wie „Serial“ aus den USA genauso gelebt wird wie in
       einigen Berliner Privatradios.
       
       Sandra Dittrich gehört zur „Objektleitung Audio/Innovation“ beim digitalen
       Arm der SZ, kümmert sich also mit um neue Ausspielwege wie den Podcast, bei
       dem die SZ „wie viele andere auch“ noch am Anfang stehe. Sprich:
       experimentiert. Warum ist bei Reklame von „Partnern“ die Rede statt etwa
       von Werbung? „Wir glauben, dass WerbekundInnen PartnerInnen sind –
       PartnerInnen unseres Podcasts“, erklärt sie. „Ohne Anzeigenumsätze wäre
       das Format für Hörer kostenfrei nicht möglich.“
       
       ## Kein Fremdkörper
       
       Dittrich skizziert das Spannungsverhältnis dieser Werbeform: „Die Inhalte
       unserer Partner sollen niemanden nerven.“ Gleichzeitig müsse aber für jeden
       klar sein, „dass das keine Botschaften von uns sind, sondern von unseren
       Kunden“.
       
       „Es geht vor allem darum, Werbung in die Grundhaltung des jeweiligen
       Podcasts einzubinden“, sagt Werbevermarkter Adrian. Werbung in Podcasts
       soll also anders als auf UKW-Wellen keine Fremdkörper sein. „Bei alldem
       muss Werbung aber als solche eindeutig erkennbar bleiben, da gibt es keine
       Kompromisse.“
       
       Das von AS&S vermarktete Detektor.FM geht beide Wege – den klassischen und
       den neuen. In einigen Podcasts bittet die sogenannte Station-Voice „um
       Aufmerksamkeit für unseren Werbepartner“. Andere Blöcke werden schlicht von
       „Partnern“ präsentiert. „Letztlich muss jeder mit sich ins Gericht gehen
       und überlegen, welche Plattform er sein will – und wie transparent“, sagt
       Detektor.FM-Geschäftsführer Bollert. Er wisse, dass in dem immer größeren
       Angebot manch ein Podcast ganz ohne klares Etikett für Reklame daherkomme.
       „Ich wünsche mir auch als Verbraucher einen klaren Hinweis.“
       
       1 Jan 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Bouhs
       
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