URI: 
       # taz.de -- Ugandas Militärintervention im Kongo: Bomben und Granaten zum Fest
       
       > Ugandas Armee greift Stellungen der Rebellenbewegung ADF im Nachbarland
       > Kongo an. 100 Terroristen sollen getötet worden sein.
       
   IMG Bild: Der schwerste Anschlag ereignete sich Anfang Dezember, als mutmaßliche ADF-Kämpfer eine Bastion der UN-Blauhelme im Kongo angriffen
       
       Passend zum Beginn der Feiertage hat Ugandas Armee mit schweren Waffen über
       die Grenze in den Dschungel der Demokratischen Republik Kongo gefeuert. Es
       seien Stellungen der ugandischen Rebellenbewegung ADF (Vereinte
       Demokratische Kräfte) bombardiert worden, erklärte Ugandas Armeesprecher
       Richard Karemire der taz. „Wir haben 100 Terroristen ausgeschaltet“, so
       Karemire.
       
       Mit Kampfjets und Langstreckenartillerie habe Ugandas Armee (UPDF) ein
       Lager der Rebellen in der Region Erengeti zerstört. Dort habe die ADF ihre
       Logistikzentrale unterhalten. „Geheimdienstquellen“ hätten die Zerstörung
       dieses Lagers und die Zahl der Toten bestätigt. „Je nachdem, welche
       Informationen wir aus der Aufklärung dieses Angriffes gewinnen, werden wir
       mit der Operation fortfahren“, so der Armeesprecher.
       
       Die Militäroperationen sind das Ergebnis der jüngsten Entwicklungen im
       Ostkongo, im Gebiet Beni am Fuße des Ruwenzori-Gebirges, das den Ostkongo
       und Uganda voneinander trennt. In diese Dschungel- und Gebirgsregion hatte
       sich die Miliz Ende der 1990er Jahre zurückgezogen, nachdem sie sich 1996
       als Guerillabewegung gegen die Regierung unter Ugandas Präsident Yoweri
       Museveni gegründet hatte. Der Kern der ursprünglichen ADF-Führer sind
       Muslime, weswegen ihnen nachgesagt wird, sie hätten Kontakte zu
       islamistischen Terrorgruppen wie die somalische Al-Shabaab-Miliz oder zu
       Terrornetzwerken wie al-Qaida.
       
       Als „Präventivschlag“ hatte die UPDF den gezielten Angriff gerechtfertigt.
       Es habe Geheimdienstinformationen gegeben, die Rückschlüsse zuließen, dass
       die ADF zu Weihnachten Attacken in und gegen Uganda plane, so die
       UPDF-Presseerklärung vom Freitag.
       
       ## Die Anschläge der ADF
       
       Die ADF war bereits in den 1990er Jahren für Bombenanschläge in Ugandas
       Hauptstadt Kampala verantwortlich gemacht worden. Auch die systematische
       Ermordung von Vorsitzenden der muslimischen Gemeinden in Kampala wurde der
       ADF zugeschoben. Für die spektakuläre [1][Erschießung des Vize-Polizeichefs
       Ugandas], Andrew Kaweesi, im März wird ebenfalls die ADF verantwortlich
       gemacht. In den vergangenen Jahren kam es stets rund um die Weihnachtszeit
       vermehrt zu Massakern in der ostkongolesischen Region um Beni. In Erengeti
       waren am 25. Dezember 2016 rund 20 Kongolesen von mutmaßlichen ADF-Kämpfern
       mit Macheten zerhackt worden.
       
       Der schwerste Anschlag ereignete sich vor rund zwei Wochen, als mutmaßlich
       schwer bewaffnete ADF-Kämpfer eine Bastion der UN-Blauhelme im Kongo
       angriffen, unweit der Grenze zu Uganda. Bei Feuergefechten waren 15
       tansanische Spezialkräfte getötet worden, rund weitere 50 verletzt. Die UNO
       bezeichnete diese Attacke als „Kriegsverbrechen“. Tansania hatte 2013 über
       1.000 Soldaten in die UN-Mission im Kongo (Monusco) entsandt. Diese
       Einheiten haben das Mandat des UN-Sicherheitsrates, aktiv gegen Rebellen
       vorzugehen.
       
       Als Reaktion hat die Monusco vier Militärstationen in der Gegend
       dichtgemacht. Dies bedeutet: Auch die Bevölkerung bleibt nun ungeschützt.
       
       ## Absprache mit Kongos Regierung
       
       Uganda befürchtet jetzt, die ADF habe Nachschub an Waffen erhalten und sei
       damit in der Lage, auch jenseits der Grenze anzugreifen. Bereits 2014
       hatten mutmaßliche ADF-Kämpfer die Bezirke Kasese, Ntoroko und Bundibugyo
       entlang der Grenze zur DR Kongo attackiert.
       
       Ugandas Luftanschläge waren mit Kongos Regierung abgesprochen, bestätigen
       die Sprecher beider Seiten. In den vergangenen Wochen hatte es Treffen
       zwischen ugandischen und kongolesischen Armee- sowie Geheimdienstvertretern
       gegeben. UPDF-Sprecher Karemire betont: Kein einziger ugandischer Soldat
       habe kongolesisches Territorium betreten, lediglich bemannte Kampfjets
       hätten Kongos Luftraum genutzt, jedoch mit Erlaubnis.
       
       Uganda war in den Zeiten der Kongo-Kriege öfter unerlaubt in den Ostkongo
       vorgedrungen. 2003 besetzte Uganda Teile der Provinz Ituri im Ostkongo. Die
       letzten gemeinsamen Militäroperationen zwischen Ugandas und Kongos Armeen
       fanden Weihnachten 2008 statt.
       
       Damals jagten Spezialeinheiten beider Seiten die Rebellen der ugandischen
       LRA (Widerstandsarmee des Herren) in Kongos Garamba-Nationalpark nach
       Rebellenchef Joseph Kony. Auch damals kam es zu Weihnachtsmassakern.
       
       Die Gefahr gezielter Racheaktionen gegen die Bevölkerung ist auch jetzt
       hoch. Sobald Milizen wie die ADF militärisch unter Druck geraten, rächen
       sie sich an der Bevölkerung.
       
       Die Zusammenarbeit der beiden Regierungen gegen die ADF scheint kein Zufall
       zu sein: Unter dem ADF-Gebiet werden Ölvorkommen vermutet. Der französische
       Ölkonzern Total hat auf beiden Seiten der Grenze Explorationslizenzen
       erhalten. Doch die Präsenz der Rebellen macht Testbohrungen auf
       kongolesischer Seite unmöglich.
       
       Auf Ugandas Seite wurde jüngst mit Total über den Bau einer Pipeline bis zu
       Kongos Grenze entschieden. Auch Kongos Öl soll in Zukunft da hinein
       fließen. Total verneint jegliche Zusammenhänge mit der Lage auf
       kongolesischer Seite. Doch es scheint kein Zufall, dass kurz bevor die UPDF
       die Bergregion im Kongo beschoss, französische Gebirgsjäger das Training
       ihrer ugandischen Kammeraden beendet hatten.
       
       26 Dec 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /!5436750/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Simone Schlindwein
       
       ## TAGS
       
   DIR ADF
   DIR Uganda
   DIR Kongo
   DIR Kongo
   DIR Kongo
   DIR Uganda
   DIR Kongo
   DIR Kongo
   DIR Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Den Haager Gerichtshof zu Uganda: Entschädigung für Kongo
       
       Das UN-Gericht verurteilt Kampala aufgrund des Militäreinsatzes in der
       Provinz Ituri zur Zahlung von rund 325 Millionen US-Dollar an Kongo.
       
   DIR Milizenkonflikte im Kongo: Alter Kriegsherd neu aufgeflammt
       
       Die Provinz Ituri, wo es die größten Massaker des Kongokrieges gab, wird
       erneut von Gewalt erschüttert. Die Behörden dulden keinen Protest dagegen.
       
   DIR Militäroperation gegen Rebellen: Blut für Kongos Öl
       
       Uganda und Kongo inszenieren einen Krieg gegen die Rebellen. Die
       Grenzregion ist auch für Investitionen in die Ölförderung interessant.
       
   DIR Massaker an UN-Soldaten im Kongo: Schwere Waffen, die ganze Nacht
       
       Verübte eine Rebellentruppe das blutige Massaker an UN-Soldaten im Kongo?
       Rätselraten über einen hochprofessionellen Angriff.
       
   DIR Schwerer Angriff auf Blauhelme: 14 UN-Soldaten im Kongo getötet
       
       Schwerbewaffnete Angreifer versuchten, eine UN-Basis in der Provinz
       Nord-Kivu zu stürmen. Die Bilanz: 14 UN-Soldaten sind tot, 43 verletzt.
       
   DIR Kongolesische Rebellen: Ein Land in Unsicherheit
       
       Eine bisher unbekannte Gruppe hat Beni angegriffen, eine wichtige Stadt im
       unruhigen Osten der Demokratischen Republik Kongo.