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       # taz.de -- Das war die Woche in Berlin I: Heiligabend mit Knalleffekt
       
       > Ein Mann, der als syrischer Flüchtling nach Deutschland kam, rast mit dem
       > Auto in die SPD-Parteizentrale. Das macht es nicht gleich zum
       > islamistischen Terroranschlag.
       
   IMG Bild: Mit dem Peugeot am 24. Dezember 2017 ins Willy-Brandt-Haus
       
       Ein Mann, der im Sommer vor zweieinhalb Jahren als syrischer Flüchtling
       nach Deutschland kam, fährt am Heiligabend vor die CDU-Bundeszentrale und
       stellt eine Tasche mit brennbaren Materialien ab. Danach geht’s im Auto
       weiter zum Willy-Brandt-Haus der SPD. Mit dem Fahrzeug, in dem sich
       Gaskartuschen und drei Benzinkanister befinden, durchbricht er die
       Eingangsfront. Als das Auto zum Stehen kommt, fängt es Feuer. Nur die
       Sprinkleranlage des Hauses verhindert Schlimmeres. Der Mann wird
       festgenommen.
       
       Am nächsten Tag titeln die Zeitungen einhellig: Ein Terroranschlag! Ein
       Attentat auf unsere Demokratie! Eine Attacke auf das christliche
       Weihnachtsfest. Politiker von Grünen bis Union fordern schärfere Gesetze,
       die AfD und der Mob schäumen sowieso. Und alle sind sich einig: Dieser
       Anschlag war, vielleicht religiös, ganz sicher aber politisch motiviert.
       Getrieben vom Hass auf die Parteien und den liberalen Rechtsstaat.
       
       Schnitt. Gleicher Vorfall, deutscher Täter – und eben tatsächlich
       geschehen. Eine „Raserfahrt“ ins SPD-Haus. „Möglicherweise gibt es ein
       persönliches politisches Motiv.“ Der Ton der Berichterstattung, selbst in
       den Boulevardmedien, übt sich in gelangweilter Zurückhaltung.
       
       Drei Tage danach lässt die Staatsanwaltschaft verlauten, der Mann hätte
       „kein konkretes politisches Motiv gehabt“, sondern soll in
       Selbstmordabsicht gehandelt haben. Selbstmordabsicht! Weil sich die SPD
       damit auskennt? Weil brennbare Materialien vor der CDU das Suizid-Karma
       verbessern!?
       
       Es ist wie immer: Damit wir uns bedroht fühlen, muss der Täter schon einen
       nichtdeutschen Pass haben oder, am besten, Muslim sein. So sehen es die
       Sicherheitsbehörden, so auch die Mehrheit der Öffentlichkeit. Ganz so, als
       gäbe es nicht genügend Beweise, wie der vor allem in der radikalen Rechten
       grassierende Hass auf Demokratie und Parteien zu Terror führen kann. Wie
       jüngst der Messerangriff auf den Bürgermeister von Altena, Andreas
       Hollstein.
       
       Soll das heißen, dass der Mann, der da in die SPD-Zentrale raste, ein
       Rechtsextremer war? Nicht zwangsläufig. Aber möglich wäre es. Wie am
       Donnerstag bekannt wurde, war er wohl von der Wut auf staatliche Behörden
       getrieben, die aufgrund seiner Weigerung, an einer Volkszählung
       teilzunehmen, ein Zwangsgeld gegen ihn verhängt hatten. Die Taten waren
       mehr als ein Suizidversuch. Bei einer anderen Herkunft des Täters wäre das
       auch schon früher aufgefallen. Erik Peter
       
       31 Dec 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Erik Peter
       
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