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       # taz.de -- Linke Protestkultur in Leipzig: Der Staat hört mit
       
       > Linke Proteste gegen die Leipziger Innenministertagung verlaufen ohne
       > große Zwischenfälle. Die Szene kritisiert die zunehmende staatliche
       > Überwachung.
       
   IMG Bild: Zur Innenministerkonferenz herrschte in der gesamten Innenstadt ein Verkehrschaos
       
       Leipzig taz | Polizei, einige Medien und die deutschen Innenminister hatten
       offenbar mit dem Schlimmsten gerechnet: einem Gewaltexzess wie bei G20 in
       Hamburg, massiven Angriffen auf Beamte oder gar einer ernsthaften Bedrohung
       für die 17 anwesenden Ressortchefs – allesamt männlich übrigens. Mit
       Horrorszenarien hatten sich manche im Vorfeld der zweitägigen
       Innenministerkonferenz in Leipzig wahrlich nicht zurückgehalten.
       Tatsächlich geschah: nichts.
       
       Ein linksradikales Bündnis war vom Hauptbahnhof zur Kongresshalle am Zoo
       gezogen, wo sich die Innenminister des Bundes und der Länder trafen, und
       weiter bis zum Bundesverwaltungsgericht. Den Polizisten, die den Demozug
       begleiteten, flog zwar einiges an Hass entgegen, mehr aber auch nicht.
       Selbst eine unfreiwillige Pause von zehn Minuten nahmen die etwa 600
       Teilnehmenden gelassen hin. Diese war aus Sicht der Ordnungshüter nötig, da
       die Innenminister gerade zum Abendessen in die Innenstadt kutschiert
       wurden.
       
       Gewalt seitens der Protestierenden war also ausgeblieben, aber für eines
       sollten sie laut sächsischem Innenminister Markus Ulbig (CDU) dennoch
       hauptverantwortlich gewesen sein: das Verkehrschaos. Da zahlreiche Straßen
       aber schon längst dicht waren, als sich die Demonstranten gerade erst
       versammelten, erscheint diese Behauptung zumindest fragwürdig.
       
       In etwa einem Dutzend Redebeiträgen präsentierten die in dem Bündnis
       organisierten Gruppen eine breite Palette der Kritik am
       Innenministertreffen und darüber hinaus. Sie thematisierten unter anderem
       den möglichen Mord an dem Asylbewerber Oury Jalloh in einer Dessauer
       Polizeizelle, die Situation in deutschen Gefängnissen und die lediglich auf
       Verdacht basierende Einstufung von Menschen als „Gefährder“ und deren
       weitreichende Konsequenzen – etwa Abschiebung nach Afghanistan.
       
       Härterer Kurs gegen „Linksextremisten“ 
       
       Daneben gingen die Redner auch auf aktuelle Diskussionen in Leipzig ein,
       beispielsweise die geplante Waffenverbotszone in der Eisenbahnstraße.
       Gegenstände wie Baseballschläger und Messer mit sich zu führen, ist dort
       unter Umständen bald nicht mehr erlaubt. Die Verbotszone würde der Polizei
       zudem verdachtsunabhängige Kontrollen ermöglichen.
       
       Auch die andauernden Überwachungs- und Abhörmaßnahmen gegen
       Kulturschaffende, Fußballfans, Journalisten und Anwälte wurden
       thematisiert. In Sachsen waren unter anderem bereits das Conne Island, Fans
       der BSG Chemie und die vermeintlichen Mitglieder einer nicht existierenden
       „Antifa-Sportgruppe“ von staatlichen Eingriffen in das Privatleben
       betroffen.
       
       In Zukunft könnten weitere Ermittlungen dieser Art folgen. Sachsen-Anhalts
       Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) kündigte einen härteren Kurs gegen
       „Linksextremisten“ an. In Leipzig entsteht gerade ein von mehreren
       Bundesländern geplantes Zentrum zur Telekommunikationsüberwachung. Diese
       Kombination dürfte das Sicherheitsgefühl linker Aktivisten kaum stärken.
       
       15 Dec 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR René Loch
       
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