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       # taz.de -- Energievermarktung per Blockchain: Strom vom Windrad nebenan
       
       > Verbraucher können Ökoenergie jetzt direkt bei den Produzenten kaufen.
       > Wuppertal experimentiert dafür mit Blockchain-Technik.
       
   IMG Bild: „Windradbetreiber Jan von der Nordsee kann ab sofort seinen Strom an Lisa in Berlin verkaufen“
       
       Ein neues Modell der Vermarktung von Ökostrom haben am Neujahrstag die
       Stadtwerke Wuppertal gestartet. Der nordrhein-westfälische Stromanbieter
       nimmt für sich in Anspruch, erstmals in Deutschland mittels der
       Blockchain-Technologie die direkte Stromlieferung von lokalen Produzenten
       an benachbarte Verbraucher zu ermöglichen. Ein ähnliches Angebot hat auch
       die Firma Enyway aus Hamburg entwickelt.
       
       Private oder gewerbliche Elektrizitätsverbraucher können nun auf der
       [1][Internetseite der Wuppertaler Stadtwerke] (WSW) entscheiden, von
       welchem Öko-Kraftwerk in der Umgebung sie Strom beziehen wollen. Als
       Lieferanten in Frage kommen unter anderem zwei große private
       Fotovoltaik-Anlagen, das Windrad einer Bürgerenergie-Firma und die
       Wasserturbine einer Talsperre im Bergischen Land.
       
       Die Direktvermarktung von Ökostrom ist auf Basis des
       Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) möglich, wird aber bisher kaum genutzt.
       Sie gilt als technisch kompliziert und verwaltungsaufwändig. Deswegen
       übernehmen bislang Stromhändler die Aufgabe der Vermittlung zwischen
       Angebot und Nachfrage.
       
       Die Blockchain-Technik soll nun neue, einfachere Geschäftsmodelle
       ermöglichen. Blockchain (Block-Kette) ist im Prinzip eine moderne Form der
       Datenhaltung, die sich von bisher benutzten Datenbanken unterscheidet.
       Bestandteil des WSW-Angebots sind die sogenannten intelligenten Verträge
       (smart contracts). Alle 15 Minuten wird dadurch registriert, wie viel Strom
       von welchem Produzenten zu welchem Preis an welchen Verbraucher geflossen
       ist. Grundsätzlich können die Verbraucher dadurch schnell von einem
       Anbieter zum anderen wechseln, um billigeren Strom zu erhalten.
       
       ## Verträge und Lieferungen werden automatisch abgewickelt
       
       Die Computer beider Seiten wickeln dafür die Verträge und Lieferungen
       automatisch ab. Bekannt geworden ist das Blockchain-Verfahren als eine
       technische Basis von Internetgeld wie Bitcoin, Ripple und Ethereum.
       
       Die Stadtwerke Wuppertal wollten Erfahrung mit der Technologie sammeln,
       sagt Sprecher Holger Stephan. Damit stehen sie nicht alleine.
       Beispielsweise kooperieren der Stromnetzbetreiber Tennet und die Allgäuer
       Solarfirma Sonnen GmbH, um mittels Blockchain zwischen Windparks und den
       Betreibern von Stromspeichern zu vermitteln.
       
       Das Unternehmen WSW will außerdem ausprobieren, ob es ein neues Marktmodell
       etablieren kann, das sich an die Betreiber alter Öko-Kraftwerke richtet.
       Manche Windräder laufen inzwischen fast 20 Jahre. Nach diesem Zeitraum
       fallen sie aus der Förderung durch die Einspeisevergütung des EEG heraus.
       Ihr Strom ist dann möglicherweise zu teuer, um im Großhandel an der
       Strombörse Käufer zu finden. Die regionale oder auch überregionale
       Direktvermarktung könnte einen Ausweg darstellen.
       
       Das Interesse der Wuppertaler Stadtwerke besteht auch darin, eine neue
       Dienstleistung zu vermarkten. Für die Abwicklung des Direktvertriebs über
       seine Datenverarbeitung verlangt das Unternehmen Gebühren. Prinzipiell
       allerdings ermöglicht es die Blockchain-Technologie, dass Produzenten und
       Konsumenten ohne die Vermittlung zentraler Dienstleister auskommen.
       
       Mit dem Direktvertrieb von Ökostrom experimentiert auch der Hamburger
       Unternehmer Heiko von Tschischwitz. Er war früher Chef des Stromanbieters
       Lichtblick. Seine neue Firma Enyway wirbt so: „Windrad-Betreiber Jan von
       der Nordsee kann ab sofort seinen Windstrom an Lisa nach Berlin verkaufen.“
       Man schaffe „neue Regeln für einen Energiemarkt, in dem die Menschen nicht
       mehr auf Konzerne und Stadtwerke angewiesen“ seien.
       
       3 Jan 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://wsw-talmarkt.de/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hannes Koch
       
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