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       # taz.de -- ARD und ZDF auf Youtube, Facebook & Co.: Wer zahlt wieviel für welche Inhalte?
       
       > Verlage wollen den Öffentlich-Rechtlichen ausführliche Texte im Netz
       > verbieten. Privatsender sähen sie gern aus Facebook & Co. gedrängt.
       
   IMG Bild: Youtube-Auftritt der ARD
       
       Natürlich, als Privatsenderlobbyist gefallen Claus Grewenig schon die
       Signale nicht, die gegenwärtig aus der Medienpolitik dringen. Dass ARD und
       ZDF etwa schon bald auch sogenannte Lizenzware aus Europa wie die
       BBC-Erfolgsserie „Sherlock“ in ihre Mediatheken stellen können sollen, wäre
       für ihn ein Grenzübertritt. Auch großzügigere Löschfristen für Magazine und
       Spielfilme hält der Leiter der medienpolitischen Abteilung der hiesigen
       RTL-Gruppe für falsch. Allein: Für ihn sei die Frage, was die Sender in
       ihren Mediatheken dürften, „ehrlicherweise nur die zweite Priorität“.
       
       Grewenig, der einst auch die Geschäfte des Privatsenderverbandes VPRT
       geführt hatte, sorgt sich vor allem über die Präsenz der
       Öffentlich-Rechtlichen in sozialen Netzwerken. So sei für das anstehende
       Update des Rundfunkstaatsvertrags der Länder „für uns der wichtigste Punkt
       die Aussicht für ARD und ZDF, bald auch exklusiv oder gezielt für
       Drittplattformen produzieren zu dürfen“.
       
       Grundsätzlich dürfen Öffentlich-Rechtliche auch Beiträge oder Sendungen
       außerhalb ihrer eigenen Seiten veröffentlichen. Sie haben längst auf
       Facebook Seiten etwa für die „Tagesschau“ und „heute+“ angelegt oder einen
       speziellen YouTube-Kanal für neue „Tatort“-Folgen und Böhmermanns „Neo
       Magazin Royale“. Nur: Dort spiegeln sie, was auch im klassischen Programm
       läuft. Grewenig fürchtet Exklusives – finanziert mit Rundfunkbeiträgen
       statt Werbung oder Lizenzen.
       
       „Wenn Öffentlich-Rechtliche mit ihren Clips Facebook oder YouTube fluten
       könnten und sich um die Finanzierung dieser Inhalte überhaupt keine
       Gedanken machen müssen, dann ist es für uns – und übrigens auch für die
       Verlage – ungleich schwerer, mit den Plattformen über eine Ökonomisierung
       unserer Inhalte zu verhandeln“, sagt Grewenig. „Und wir reden gerade alle
       mit Facebook und YouTube genau darüber, wie solche Modelle aussehen
       könnten.“
       
       ## Verlässliche Angebote auf Social Media
       
       Grewenig geht es darum, dass ARD und ZDF die IT-Giganten daran gewöhnen,
       für attraktive Inhalte nicht bezahlen zu müssen. Die Chefs von ARD und ZDF
       wollen sich hingegen nicht nehmen lassen, ihre Inhalte auch auf diesen
       Plattformen zu verbreiten oder gar für sie zu produzieren.
       
       „Wenn 30 Millionen Deutsche auf Facebook unterwegs sind und dort ein
       Meinungs- und Willensbildungsprozess stattfindet, dann greift ein Stück
       weit unser Auftrag“, sagt MDR-Intendantin Karola Wille, die bis zum
       Jahreswechsel auch Vorsitzende der ARD war. Das Ziel sei, „dort
       verlässliche Angebote in den Raum zu bringen und zu versuchen, die Menschen
       auch dort zu erreichen“.
       
       Während der RTL-Lobbyist einen Passus im Rundfunkstaatsvertrag verhindern
       will, haben erste Sender bereits anderweitig Fakten geschaffen: über
       Ergänzungen in ihren Telemedienkonzepten, über die wiederum die
       Rundfunkräte entscheiden. Im Telemedienkonzept des MDR heißt es inzwischen
       etwa zur „Distributionsstrategie“ der Dreiländeranstalt, zumindest
       „ausgewählte Inhalte“ könnten „zusätzlich oder originär über
       Drittplattformen zugänglich gemacht werden“.
       
       ## Gigantische Konzerne
       
       Wie endlich soll das öffentlich-rechtliche Engagement auf populären, aber
       eben auch fremden Plattformen sein? Wille berichtet, dass darüber „auch im
       Intendantenkreis sehr intensiv“ diskutiert wird, denn „dahinter verbergen
       sich gigantische, extrem kapitalstarke, von riesigen Technologiekonzernen
       gesteuerte Unternehmungen“. Die Juristin spricht von einem „Konglomerat mit
       einer riesigen Wirkmacht“. Natürlich sei das Ziel, die eigenen Plattformen
       als Gegengewichte zu stärken.
       
       Wille spricht von einer „Doppelstrategie“ und sagt vage, die ARD wolle
       dafür „an einer nationalen Plattform arbeiten, die auch mit Institutionen
       vernetzt ist“.
       
       Im vergangenen Herbst hätten die Sender zudem – durchaus erfolgreich – eine
       Audiothek für Smartphones gestartet. Als Nächstes sei ein „ARD-Player“
       dran, eine bessere Mediathek mit Kommentarfunktion. „Wir hoffen, dass wir
       ihn im neuen Jahr an den Start bringen können“, sagt Wille und gibt sich
       zuversichtlich: „Wenn man stark an den Nutzern dran ist, dann kommen sie
       auch zu uns und suchen nicht nur auf YouTube.“
       
       Der Autor berichtet für öffentlich-rechtliche Sender und Verlage über
       Medienpolitik
       
       4 Jan 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Bouhs
       
       ## TAGS
       
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