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       # taz.de -- Kolumne Nach Geburt: Danke! Danke! Danke!
       
       > Weihnachtslieder – das Thema ist durch? Von wegen: Es wird Zeit für ein
       > Eingreifen der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien!
       
   IMG Bild: Weihnachten in Afghanistan. Bei Mutti ist es auch nicht harmlos
       
       Kennen Sie Simone Sommerland? Nein? Dann haben Sie wohl keine Kinder. Oder
       kein Internet. Denn wer online nach Kinderliedern sucht, stößt unweigerlich
       auf „Simone Sommerland, Karsten Glück und die Kita-Frösche“. Die Kombo
       heißt wirklich so. Bei Vollplayback sitzt sie im Kindergarten, um sich
       herum ein paar Kleinkinder und ist unverschämt [1][fröhlich] dabei.
       
       Sie ist nicht auszuhalten, diese sommerlandsche Glückseligkeit. Gegen sie
       wirkt jeder Plastikmüllteppich im Atlantik natürlich. Richtig hart wird es,
       wenn dann auch noch ein Text dazu kommt, schlimmer als jede
       Umweltverschmutzung. Vorhang auf für [2][„Liebe Mama“]: „Liebe kleine Mama,
       das woll’n wir Dir mal sagen / Und hoffen doch, Du kannst mit uns das Leben
       gut ertragen“.
       
       Die Antwort jeder Mutter müsste jetzt schon lauten: Ne, kann ich nicht.
       Doch es geht noch weiter: „Danke, dass Du mich früh weckst, sonntags mit
       uns Kuchen bäckst / Auch fürs Stullen schmier’n und Puppen reparieren /
       Weißt du, wer mich morgens kämmt und hilft, wenn die Hose klemmt? / Wer
       hält die Zimmer rein? Das kann nur Mami sein.“
       
       Alter! Das ist ein legitimer Grund, um die eigenen Kinder zur Adoption
       freizugeben, wenn sie dir so was sagen.
       
       ## Ignorante Wessis
       
       Aber – Quelle: Internet – mittlerweile weiß ich, dass der Song gar nicht
       von Simone Sommerland ist, sondern von Frank Schöbel. [3][Gesungen] von
       seinen beiden Töchtern Dominique und Odette Lacasa ist er Teil des 1985
       erschienenen Albums „Weihnachten in Familie“. Das heißt wirklich so. Weiß
       natürlich jede oder jeder Ostdeutsche, denn „Weihnachten in Familie“ soll
       mit 1,4 Millionen verkauften Platten der meistverkaufte Amiga-Tonträger in
       der DDR sein.
       
       Und ich, als ignoranter Wessi, so: What?!? War nicht die Erzählung immer,
       dass in der DDR die Mütter eine ganz andere Rolle hatten? Ein Kollege sagte
       mir, dass die Frauen halt gearbeitet und den Haushalt gemacht hätten. Da
       ist ein bisschen Dank natürlich angebracht. Die Frage ist, ob er so gehen
       muss: „Ist die Schule endlich aus, riecht es gut bei uns zu Haus / Auch bei
       den Schularbeiten, hilfst du uns beizeiten / Wenn du mich ins Bettchen
       bringst, streichelnd ein Gut-Nacht-Lied singst / Denk ich, in Wirklichkeit
       ist immer Weihnachtszeit.“
       
       Wem dieser Song gefällt, der mag auch: Wandtattoos, wenn die Kleinen zum
       Muttertag mal den Geschirrspüler ausräumen; alle Bilder von Ikea; Julia
       Engelmann. Simone Sommerland aber schien der Song schlüssig und zeitgemäß
       genug, um ihn für ihr Album „Die 30 besten Weihnachts- und Winterlieder“
       auszuwählen. Erschienen 2011.
       
       Wo ist die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, wenn man sie
       braucht? Denn dafür hat meine Mutter meinen großen Bruder nicht in den
       Hörsaal mitgenommen, um für Kinderbetreuung an der Uni zu protestieren.
       Dafür hat mein Vater nicht die Wäsche gemacht. Dafür wurde Youtube nicht
       erfunden.
       
       3 Jan 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.youtube.com/watch?v=8x3T0RHrTQo
   DIR [2] https://www.youtube.com/watch?v=ZSE8zCGdU70
   DIR [3] https://www.youtube.com/watch?v=S2A_YivVL9s
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jürn Kruse
       
       ## TAGS
       
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