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       # taz.de -- Klausurtagung der Christsozialen: Sozis, hört die Signale!
       
       > In Seeon formuliert die CSU Botschaften an ihre Wähler – und an den
       > möglichen Koalitionspartner SPD. Dabei im Blick: die bayerische
       > Landtagswahl.
       
   IMG Bild: Regen und Tristesse beim Kloster Seeon
       
       Kloster Seeon taz | Die Forderung an die Abgeordneten ist eindeutig:
       „Obergrenze Null“ steht in Großbuchstaben auf Dutzenden von Schildern an
       den Alleebäumen, die die Straße zum Tagungsort säumen. Der Absender der
       Botschaft ist unbekannt, jedoch genau dort zu vermuten, wo die CSU seit dem
       desaströsen Bundestagswahlergebnis ihre Flanke schließen möchte: rechts.
       
       So laut bekundete sie in jüngster Vergangenheit dieses Bestreben, dass der
       Pressesprecher der CSU-Landesgruppe sich in Kloster Seeon sogar mit der
       ernst gemeinten Frage einer Journalistin auseinandersetzen muss, ob die
       Schilder von der CSU selbst aufgehängt worden seien.
       
       Nein, wurden sie natürlich nicht. Das Projekt „Rechte Flanke“ aber hat die
       Partei klar im Visier. Daher starten die Christsozialen mit einer
       Profilierungsaktion ins neue Jahr – und mit Signalen an den möglichen
       Koalitionspartner SPD. Zum „Gipfeltreffen der bürgerlich-konservativen
       Politik“ rief der neue Landesgruppenchef Alexander Dobrindt die
       Klausurtagung aus. Ein Paket von Papieren wollen die Parlamentarier
       verabschieden, vor allem auch zur Flüchtlingspolitik.
       
       Dabei geht es etwa um die umstrittene Forderung, das Alter junger
       Flüchtlinge „durch geeignete Untersuchungen“ feststellen zu lassen, oder um
       Leistungskürzungen für Asylbewerber. Auf europäischer Ebene tritt die CSU
       ebenfalls für ein härteres Vorgehen ein. „Es ist nicht akzeptabel, dass
       Deutschland mehr Flüchtlinge aufnimmt als alle anderen 27 EU-Staaten
       zusammen“, heißt es in einer Beschlussvorlage. Asylverfahren sollten an den
       EU-Außengrenzen erfolgen, abgelehnte Asylbewerber direkt von dort
       abgeschoben werden.
       
       ## Regen und Tristesse
       
       „Deutschland ist keine linke Republik“, konstatiert Gastgeber Dobrindt zu
       Beginn der Tagung und wiederholt dabei so oft, dass das Land eine
       „bürgerliche Mehrheit“ habe und die CSU deren Stimme sei, dass einem
       Zweifel kommen, ob die Christsozialen nicht vielleicht doch bei der
       Bundestagswahl die absolute Mehrheit in Deutschland bekommen haben. So
       scheint es schon fast des folgenden Hinweises von Horst Seehofer zu
       bedürfen, dass das Wahlergebnis für alle drei Sondierungsparteien das
       schlechteste seit 1949 gewesen sei. Man könnte hinzufügen: Die Partei, die
       die größten Verluste einstecken musste, war die CSU.
       
       Seehofer und Dobrindt stehen im Vorraum des Tagungsraums, im Hintergrund
       suchen bereits Abgeordnete ihre Plätze. Eigentlich sieht die Tradition für
       diesen Moment eine weiße Kulisse vor. Politiker, die durch eine verschneite
       oberbayerische Landschaft stapfen – diese Bilder kannte man jahrzehntelang
       von der Klausurtagung in Wildbad Kreuth; und es gab sie auch im vergangenen
       Jahr, als die Landesgruppe sich erstmals in dem ehemaligen Kloster in
       Chiemseenähe traf. Stattdessen in diesem Jahr: Regen, Tristesse und die
       Flucht ins Innere der Seeoner Klostergemäuer.
       
       Natürlich hat die CSU im kommenden Dreivierteljahr – auch in Berlin –
       zuallererst immer die Landtagswahl in Bayern im Auge. Je erfolgreicher die
       nächsten Wochen verlaufen, so Seehofer, desto besser die Chancen im Herbst.
       Mit anderen Worten: Wer in Berlin keine stabile Regierung auf die Beine
       stellen kann, kann in Bayern gleich einpacken.
       
       Der CSU-Chef und designierte Exministerpräsident gibt sich zuversichtlich:
       „Dieses Projekt kann gelingen, wenn der potenzielle Koalitionspartner in
       der Sache nicht überzieht.“ Und: „Alle Alternativen, die noch vorstellbar
       sind, die gefallen mir überhaupt nicht.“ In jedem Fall, so beruhigt er die
       Journalisten noch, werde es auch 2018 „nicht an Stoff fehlen, den wir
       liefern“. Man war ja schon besorgt.
       
       4 Jan 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominik Baur
       
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