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       # taz.de -- Wirtschaftsministerium für Klimaschutz: Experten wollen den Kohleausstieg
       
       > In einem internen Papier verlangen Fachabteilungen vor den Sondierungen
       > „massive Anstrengungen“ bei Verkehr, Gebäuden und Energiewirtschaft.
       
   IMG Bild: Auch im Wirtschaftsministerium bewegt man sich auf den Kohleausstieg zu
       
       Berlin taz | Die nächste Bundesregierung müsse mit dem Klimaschutz Ernst
       machen, forderte am Sonntag Greenpeace. Vor der SPD-Parteizentrale hatten
       die Umweltschützer ein fünf Meter hohes aufblasbares Braunkohle-Baggerrad
       aufgestellt. Die Stromerzeugung aus Kohle müsse „geordnet,
       sozialverträglich und zügig bis 2030 beendet werden“, so die Forderung.
       Greenpeace präsentierte ein Gutachten, wonach zusätzlich zu den geplanten
       Stilllegungen von Kraftwerken bis 2020 noch einmal knapp 10 Gigawatt vom
       Netz genommen werden könnten, ohne die Versorgungssicherheit zu gefährden.
       
       Deutlich weniger drastisch, dafür aber umfassender, ist der Wunschzettel,
       mit dem sich die Experten aus dem Bundeswirtschaftsministerium die Zukunft
       der Energiewende vorstellen. Das interne 14-seitige Papier namens „Von der
       Stromwende zur Energiewende“ zeigt, was eine Koalition tun müsste, wenn sie
       den Klimaschutz ernst nimmt: Kohleausstieg, einen Mindestpreis für CO2,
       Ausbau der Netze, Fortschritte bei Effizienz, Gebäuden und Verkehr.
       
       Das Konzept stammt aus den Fachabteilungen des SPD-geführten Ministeriums.
       Dort wurde zusammengestellt, was nötig wäre, um die Energiewende zu einem
       „ökonomisch und ökologisch erfolgreichen Projekt der 19. Legislaturperiode“
       zu machen. Das Papier, das der taz vorliegt, wurde an einen kleinen Kreis
       der Unterhändler verteilt.
       
       Für die deutschen Klimaziele „sieht es düster aus“, schreiben die Autoren,
       wenn nicht „massive Anstrengungen“ bei Verkehr, Gebäuden, Industrie und
       Stromwirtschaft gemacht würden. Die Energiewende werde nur erfolgreich,
       wenn gleichzeitig kräftig Energie gespart werde und mehr Ökostrom ins Netz
       komme. Sie schlagen vor, die Stromsteuer zu senken und dafür im gleichen
       Umfang – etwa 7 Milliarden Euro jährlich – die fossilen Energien zu
       belasten. Der Ausbau von Stromnetzen und Ladestationen solle besser
       abgestimmt werden, Stromnetze bis 2025 ohne weitere Verzögerung ausgebaut
       werden.
       
       ## Mindestpreis für Kohlendioxid
       
       Nötig sei auch ein Effizienzgesetz, mit dem der Energieverbrauch bis 2050
       halbiert werde. Ein anderes Gesetz müsse die energetische Sanierung von
       Gebäuden regeln. Die Verbrennung von Kohle soll so zurückgefahren werden,
       dass bis 2030 die Hälfte der Emissionen aus dem Stromsektor verschwinden –
       vergleichsweise wenig mit Blick auf das Konzept von Greenpeace. Die Lausitz
       könnte nach den Vorstellungen der Ministerialbeamten mit entsprechender
       Förderung zu einem Standort für chemische Produkte auf Basis der
       Erneuerbaren werden.
       
       Ein Mindestpreis für CO2 in einem Kerneuropa soll die Preise im
       Emissionshandel stützen und auch dort für Klimaschutz sorgen, wo der
       Emissionshandel nicht gilt – also etwa beim Verkehr, den Verbrauchern und
       in der Landwirtschaft. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz solle im Kern
       bleiben, wie es jetzt ist, neue Änderungen würden „Investoren beunruhigen“.
       Schließlich müsse über schärfere CO2-Grenzwerte und eine Maut, die am
       Klimaschutz orientiert sei, der Verkehr endlich zum Klimaschutz beitragen.
       
       Von Union und SPD kam vor Beginn der Sondierungen kein offizieller
       Kommentar zum Konzept. Die Senkung der Stromsteuer gilt allgemein als
       kompromissfähig. Der SPD-Vorsitzende Martin Schulz hatte im Dezember
       erklärt, man wolle die Klimaziele erreichen, und „das geht nur mit dem
       Kohleausstieg“. CDU/CSU allerdings haben sich immer gegen einen
       Mindestpreis für CO2 gewehrt und wollen in Teilen auch das EEG abschaffen.
       Für sie verhandeln Energiepolitiker wie Thomas Bareiß, Georg Nüßlein und
       NRW-Ministerpräsident Armin Laschet – alle keine glühenden Anhänger von
       Klimaschutz und Energiewende.
       
       7 Jan 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernhard Pötter
       
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