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       # taz.de -- Rekordtransfer Coutinho geht zu Barça: Verschärfter Entertainmentmodus
       
       > Mit dem Kauf von Philippe Coutinho will der FC Barcelona wieder echtes
       > Spektakel bieten. Nur der Zeitpunkt des übereilten Wechsels ist
       > merkwürdig.
       
   IMG Bild: Barcelona im Blick: Philippe Coutinho
       
       Barcelona taz | Erst Vertragsunterschrift im Anzug, dann erste Tricks im
       Trikot: die Präsentation des teuersten Transfers der Klubgeschichte folgte
       am Montag in Barcelonas Camp Nou der üblichen Liturgie. Mit dem kleinen
       Unterschied, dass die Ballakrobatik von Philippe Coutinho etwas
       zurückhaltend ausfiel und er auch keine Bälle ins Publikum schießen konnte.
       
       Wie zuvor der Medizincheck ergeben hatte, plagt den für 120 Millionen Euro
       (plus 40 an möglichen Prämien) aus Liverpool verpflichteten Profi eine
       Verletzung am rechten Bein. Unter Wettkampfbedingungen wird man ihn erst in
       rund drei Wochen sehen.
       
       Immerhin, sonst lief bei der öffentlichen Vorstellung alles reibungslos,
       sogar La Ola schwappte über die Tribünen, während die Fans auf den neuen
       Star warteten. Als im Sommer an selber Stelle der Exdortmunder Ousmane
       Dembélé hergezeigt wurde, wurde von den kostenlosen Plätzen noch der
       Rücktritt des Präsidenten Josep Maria Bartomeu gefordert. Da hatte sich der
       Verein gerade vom abtrünnigen Neymar auf dem Transfermarkt und von Real
       Madrid im spanischen Supercup auf dem Rasen blamieren lassen.
       
       Ein halbes Jahr später grüßt Barça mit neun Punkten vor dem Zweiten
       Atlético und 16 vor einem dauerkriselnden Real von der Tabellenspitze und
       präsentiert einen vielerorts umworbenen Weltklassespieler. „Coutinho und
       Dembélé sind besser als Neymar“, weiß die klubnahe Sport. Anstelle von
       Depression tritt Triumphalismus, so schnell geht es wohl wirklich nur im
       Fußball.
       
       Kein Spieler auf dem Weltmarkt habe im internen Ranking des
       Barça-Managements bessere Noten erhalten als dieser 25-jährige Brasilianer,
       lancieren die Zeitungen. „Ich bin sehr glücklich, ein Traum geht in
       Erfüllung“, betonte auch Coutinho. Der Offensivallrounder, der bereits mit
       18 nach Europa wechselte und in der brasilianischen Nationalelf debütierte,
       ist kreativ wie torgefährlich, ein Spezialist des entscheidenden Passes,
       kann im klassischen Barça-Schema die zwei offensiven Mittelfeldpositionen
       wie die der Außenstürmer bekleiden, und scheint den hauseigenen
       Kurzpassfußball mit der Muttermilch aufgesogen zu haben.
       
       ## Drei der vier teuersten Transfers
       
       „Sein Profil passt zu uns“, berichtete Luis Suárez, der einst noch mit ihm
       in Liverpool spielte. Deshalb überzeugte der Uruguayer zusammen mit Lionel
       Messi den neuen Mitspieler auch persönlich am Telefon vom Wechsel, deshalb
       baggerte Barça schon letzten Sommer um ihn und deshalb kommt er nun sogar
       zum ungewöhnlichen Winterzeitpunkt, obwohl das für niemanden Sinn ergibt –
       in der Champions League ist Coutinho diese Saison nicht mehr
       spielberechtigt. Und da die Liga praktisch schon gewonnen ist, bleibt als
       härteste Bewährungsprobe der spanische Königspokal.
       
       Fürs erste posiert er also bloß: von seiner brasilianischsten Seite,
       doppelter Daumen hoch und Surfergruß, wie an selber Stelle einst die
       Landsleute Ronaldinho oder Neymar. Der stieß das Interesse an seinem
       Lieblingspartner aus der Nationalelf mit an und verschaffte dem Klub durch
       seinen Abgang zum PSG für 222 Millionen Euro die finanziellen Ressourcen.
       Mit Neymar, Coutinho und Dembélé (105+40 Mio.) ist Barça jetzt an drei der
       vier teuersten Transfers der Fußballgeschichte beteiligt.
       
       Barça als Mover und Shaker des Transfermarkts – das ist keineswegs neu,
       Legenden wie Johan Cruyff oder Diego Maradona haben hier gespielt. In der
       letzten Dekade verkaufte der Verein zwar erfolgreich das Image des
       Jugendförderers. Aber wie jetzt klar wird, schuldete sich das nur der
       glücklichen Begebenheit, in kurzer Abfolge solche Spieler wie Messi, Xavi
       oder Iniesta produziert zu haben. Dauerhaft geht das eben nicht, aber was
       soll’s, findet jedenfalls Ivan Rakitic: „Wir haben jetzt noch einen der
       Weltbesten, deshalb ist Barça der größte Klub.“
       
       ## Hausübliches 4-3-3-System
       
       Übersetzt auf die kommenden Monate bedeutet das: Eine Mannschaft, die
       Trainer Ernesto Valverde über Solidität wieder zu Selbstbewusstsein geführt
       hat, soll jetzt auch zum Spektakel zurückkehren. Dembélé ist nach langer
       Verletzungspause zurück, Coutinho bald dabei, dazu Messi, Suárez und – wohl
       immer seltener – der 33-jährige Kapitän Iniesta.
       
       Damit sollte sich das unglamorös-erfolgreiche 4-4-2 der letzten Monate
       wieder in das hausübliche 4-3-3 und den verschärften Entertainmentmodus
       konvertieren, den Barça schon deshalb braucht, um dem Zuschauerschwund im
       Camp Nou entgegen zu wirken. Der Schnitt liegt mit gut 60.000 so niedrig
       wie nie in der Ära Messi. Coutinho wird wirklich eine Menge mehr zeigen
       müssen als gestern.
       
       8 Jan 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Florian Haupt
       
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