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       # taz.de -- Großspenden für Parteien: Dreiviertelmehrheit für Schwarz-Gelb
       
       > Die FDP war der Liebling der Finanzinvestoren. Die CDU kassierte am
       > meisten. Die Linkspartei ging leer aus. Und die AfD bewegt sich in einer
       > Grauzone.
       
   IMG Bild: Wenn's um Spendensammeln geht, verstehen sich Christian Lindner und Angela Merkel bestens
       
       Bei der Bundestagswahl verfehlten CDU, CSU und FDP zwar deutlich die
       absolute Mehrheit. Bei den Großspendern der Republik kommt Schwarz-Gelb
       hingegen auf eine satte Dreiviertelmehrheit. Das geht aus einer aktuellen
       Aufstellung des Bundestagspräsidenten hervor, in der meldepflichtige
       Parteizuwendungen von mehr als 50.000 Euro aufgeführt sind.
       
       Danach beglückten Wirtschaftsunternehmen, Arbeitgeberverbände und
       vermögende Gönner die deutschen Parteien in diesem Wahljahr mit insgesamt
       rund 7.003.100 Euro. Davon gingen mehr als 2,8 Millionen Euro an die CDU
       und knapp 1,9 Millionen an die FDP. Die CSU konnte sich immerhin noch über
       650.000 Euro freuen. Alle drei Parteien zusammen können damit einen Anteil
       von rund 77 Prozent an der Gesamtsumme für sich reklamieren.
       
       Deutlich abgeschlagen hinter den großen Drei rangieren die Grünen mit
       483.000 Euro und die SPD, die auf 410.000 Euro kommt. Die Linkspartei und
       die AfD erhielten nach dem derzeitigen Stand keine
       veröffentlichungspflichtigen Einzelspenden über 50.000 Euro. Doch eine
       andere Partei, die weder im Bundestag noch in einem Landtag vertreten ist,
       konnte sich über einen warmen Geldsegen freuen: die MLPD. 250.000 Euro aus
       dem Erbe seiner Mutter spendete ein Rentner aus Marl an die stalinistische
       Splitterpartei.
       
       Außer Konkurrenz läuft Südschleswigsche Wählerverband (SSW), denn er ist
       ein Sonderfall: Der SSW wird vom dänischen Staat finanziell unterstützt –
       was eigentlich nicht erlaubt wäre, wenn es sich um eine „normale“ deutsche
       Partei handeln würde. Doch für die politische Interessenvertretung der
       dänischen Minderheit in Schleswig-Holstein gibt es eine gesetzliche
       Ausnahmeregelung. So erhält der SSW traditionell und rechtmäßig Zuwendungen
       vom dänischen Kulturministerium, die allerdings seit dem vergangenen Jahr
       als Großspenden ausgewiesen werden müssen. In vier Tranchen bekam der SSW
       in 2017 insgesamt rund 482.000 Euro überwiesen.
       
       Das Parteiengesetz verpflichtet die Parteien, Spenden über 50.000 Euro
       „unverzüglich“ unter Angabe des Spendernamens dem Bundestagspräsidenten zu
       melden. Sie werden dann zeitnah in einer Bundestagsdrucksache
       veröffentlicht. Zwar liegen die Zuwendungen für die Parteien insgesamt noch
       wesentlich höher, aber die Großspenden zeigen gleichwohl eine Tendenz auf
       und sind dadurch aufschlussreich.
       
       ## Gönner der CSU: Bayerische Metall- und Elektroindustrie
       
       So ist es schon bemerkenswert, dass die größte Einzelspende von einem
       Arbeitgeberverband kam – zugunsten ausschließlich einer Partei: 650.000
       Euro investierte der Verband der Bayerischen Metall- und Elektro-Industrie
       in die CSU.
       
       Pluralistischer bei der politischen Landschaftspflege zeigte sich erneut
       der Verband der Metall- und Elektroindustrie Südwestmetall. Wie üblich kurz
       vor Jahresschluss bedachte die in Stuttgart ansässige
       Arbeitgebervereinigung CDU, SPD, FDP und die Grünen mit insgesamt 420.000
       Euro – wobei die Christdemokraten mit 150.000 Euro das meiste Geld
       einheimsen konnten. Für die SPD fielen nur 60.000 Euro ab. 110.000 Euro
       gingen an die FDP.
       
       Die Grünen erhielten nach Angaben von Südwestmetall ebenfalls 110.000 Euro,
       auch wenn diese Information bis Redaktionsschluss noch nicht auf den Seiten
       des Bundestags veröffentlicht worden war. Seit dem Regierungsantritt
       Winfried Kretschmanns in Baden-Württemberg 2011 werden sie von dem Verband
       finanziell unterstützt. Ansonsten bekam die Partei noch Geld von drei
       Einzelpersonen. Der 48-jährige Berliner Investor und Anlageberater Jochen
       Wermuth spendierte 200.000 Euro. 100.000 Euro kamen von dem
       millionenschweren schwäbischen Firmenerben Frank Hansen. 73.000 Euro zahlte
       der Münchner Anwalt Leo Plank.
       
       ## Die Autoindustrie teilt nach allen Seiten aus
       
       In einer anderen Liga spielt die FDP. Gleich 17 meldepflichtige Zuwendungen
       erhielt der Lindner-Club, wobei mit jeweils 300.000 Euro die beiden größten
       Einzelspenden von dem Gründer der Helios-Kliniken und Investor Lutz Helmig
       sowie von der FKH Beteiligungs SE in München stammen. Auf der
       Geldgeberliste der Freien Demokraten befinden sich mehrere
       Finanzinvestoren, aber auch der Medienunternehmer und Filmproduzent Lars
       Dittrich.
       
       Die CDU erhielt die größte ihrer 23 Einzelspenden von dem Unternehmer Ralph
       Donnermuth. Eine halbe Million Euro zahlte der Vorstandsvorsitzende der
       United Internet AG im rheinland-pfälzischen Montabaur ein. 370.000 Euro
       überwies der 93-jährige Hans Joachim Langmann, der in jüngeren Jahren
       Vorsitzender des Verbands der Chemischen Industrie und des Bundesverbands
       der Deutschen Industrie war.
       
       An der Spitze der kurzen SPD-Großspenderliste stehen der Holzunternehmer
       Ralf Pollmeier, selbst SPD-Mitglied, und der Stuttgarter Daimler-Konzern
       mit jeweils 100.000 Euro. Wobei Daimler in gleicher Höhe auch die CDU
       bedacht hat. Nicht die einzigen Wohltaten der Automobilbranche an die
       Parteien. Aus der BMW-Großaktionärsfamilie Quandt gingen insgesamt 200.004
       Euro jeweils zur Hälfte an die CDU und die FDP. Die Sixt-Autovermietung
       zahlte 55.000 Euro an die Liberalen.
       
       Die Gesamtsumme an Spenden inklusive kleinerer Beträge, die die Parteien
       2017 vereinnahmen konnten, lässt sich erst den jährlichen
       Rechenschaftsberichten entnehmen, die jedoch meistens erst eineinhalb Jahre
       nach dem Ende des betreffenden Spendenjahres erscheinen. Dort müssen dann
       auch jene Gönner öffentlich gemacht werden, die zwar mehr als 10.000 Euro,
       jedoch höchstens 50.000 Euro gespendet haben.
       
       ## AfD profitiert von Gesetzeslücke
       
       Völlige Transparenz bieten allerdings auch die Rechenschaftsberichte nicht.
       Zum einen müssen eben Spender erst ab einer Summe von mehr als 10.000 Euro
       namentlich genannt werden. Einzahlungen darunter bleiben anonym. Zum
       anderen bietet das mittlerweile äußerst beliebte „Sponsoring“ eine weitere
       Möglichkeit der Verschleierung. Denn „Sponsoren“ etwa von
       Parteiveranstaltungen müssen nicht genannt werden – egal wie hoch ihr
       Einsatz ist.
       
       Und dann gibt es da noch jene merkwürdige Gesetzeslücke, von der derzeit
       die AfD profitiert. Offiziell hat die rechtspopulistische Partei zwar nach
       dem derzeitigen Stand keine einzige Großspende im Jahre 2017 erhalten. Aber
       über millionenschwere Unterstützung konnte sie sich trotzdem freuen – dank
       eines dubiosen „Vereins zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der
       bürgerlichen Freiheiten“. Wie schon bei den vergangenen Landtagswahlen
       organisierte der formal in Stuttgart ansässige Verein auch zur
       Bundestagswahl im September eine großangelegte und entsprechend teure
       Wahlkampagne für die AfD – von kostenlosen Zeitungen in Millionenauflage
       über Google-Anzeigen und Videos bis hin zu Großplakaten. Woher das viele
       Geld dafür stammt, liegt völlig im Dunkeln.
       
       Das widerspricht eigentlich dem Transparenzgebot des Grundgesetz, nach dem
       die Parteien „über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr
       Vermögen öffentlich Rechenschaft geben“ müssen. Doch die klandestinen
       Gönner der AfD nutzen eine juristische Grauzone. Denn nach dem Wortlaut der
       derzeitigen Fassung des Parteiengesetzes sind Wahlkampfhilfen nur dann
       unzweifelhaft als Parteispenden zu werten, wenn die jeweilige Partei bei
       der Planung oder Organisation der Maßnahmen involviert war. Doch sowohl die
       AfD als auch der „Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der
       bürgerlichen Freiheiten“ bestreiten entsprechende Absprachen.
       
       30 Dec 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Pascal Beucker
       
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