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       # taz.de -- Proteste im Iran: Es brodelt weiter
       
       > Die Demonstrationen gegen die Regierung gehen sozialen Medien zufolge
       > weiter. Irans oberster Führer beschuldigt das Ausland, für die Eskalation
       > verantwortlich zu sein.
       
   IMG Bild: Spricht unter anderem von Waffen aus dem Ausland: das geistliche Oberhaupt Ayatollah Chamenei
       
       Teheran/Washington dpa | Angesichts der Proteste im Iran fordern die USA
       eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates in New York. „Die UN
       müssen ihre Meinung sagen“, erklärte die amerikanische UN-Botschafterin
       Nikki Haley in New York. Sowohl im Sicherheitsrat als auch im
       UN-Menschenrechtsrat in Genf müssten die Festnahmen und Toten im
       Zusammenhang mit den Protesten im Iran thematisiert werden.
       
       Nach tagelangen und immer noch andauernden regimekritischen Protesten im
       Iran hat die islamische Führung des Landes nun selbst landesweit
       Kundgebungen organisiert. Nach Angaben des Staatsfernsehens Irib gingen
       Hunderttausende auf die Straße, um ihre Unterstützung für das System zu
       demonstrieren.
       
       Irib zeigte Live-Bilder von Kundgebungen in mehreren iranischen Städten. In
       allen Kundgebungen gab es Rufe wie: „Nieder mit den USA“, „Nieder mit
       Saudi-Arabien“ und „Nieder mit Israel“. Diese drei Länder sind nach
       Auffassung der iranischen Führung die Anstifter der Protestwelle im Land
       und unterstützen demnach die Demonstranten mit Geld und auch mit Waffen.
       
       Die Proteste gingen nach Berichten in sozialen Medien auch in der Nacht zum
       Mittwoch in der Hauptstadt Teheran und anderen Städten weiter. Die Berichte
       und Videos lassen sich nicht unabhängig verifizieren. Die staatlichen
       Medien haben diese Proteste noch nicht bestätigt und behaupten, dass es
       besonders in Teheran ruhig gewesen sei. In der Provinz Albors westlich von
       Teheran gilt seit Mittwoch ein Versammlungsverbot.
       
       Die USA erneuerten indes ihre Kritik an der Führung des Irans. Die
       internationale Gemeinschaft könne nicht still zusehen, wenn Demonstranten
       mit Gewalt begegnet werde, sagte die Sprecherin von US-Präsident Donald
       Trump, Sarah Sanders. Bei den Protesten handele es sich um einen
       „organischen Volksaufstand, organisiert von tapferen iranischen Bürgern“.
       Sanders vermied eine klare Antwort auf die Nachfrage, ob das Weiße Haus
       einen Regimewechsel in Teheran anstrebe. Der Iran müsse aufhören,
       Terrorismus staatlich zu unterstützen.
       
       Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini rief die Führung in Teheran dazu
       auf, die Versammlungs- und Meinungsfreiheit zu respektieren. „Die
       Europäische Union verfolgt aufmerksam die anhaltenden Demonstrationen im
       Iran, die zunehmende Gewalt und den inakzeptablen Verlust von
       Menschenleben“, sagte Mogherini am Dienstagabend. Die Versammlungs- und
       Meinungsfreiheit seien grundlegende Rechte, die ausnahmslos in jedem Land
       zu gewährleisten seien. Zudem forderte sie alle Beteiligten zum
       Gewaltverzicht auf.
       
       ## Tagelange Unruhen
       
       Der oberste iranische Führer, Ajatollah Ali Chamenei, hatte ausländische
       Kräfte am Dienstag beschuldigt, für die Eskalation der Proteste im Iran
       verantwortlich zu sein. „Die Feinde des Irans haben in den letzten Tagen
       den Unruhestiftern Geld und Waffen sowie politische Unterstützung zur
       Verfügung gestellt, um dem Iran zu schaden“, sagte Chamenei in einer ersten
       Reaktion auf die Proteste, bei denen seit Donnerstag mindestens 19 Menschen
       getötet wurden.
       
       Allein in der Hauptstadt Teheran wurden laut iranischer Nachrichtenagentur
       Ilna in den vergangenen drei Tagen 450 Demonstranten festgenommen.
       Landesweit sollen es mehr als 1.000 sein.
       
       Im Iran finden seit Tagen Demonstrationen gegen die Führung des Landes und
       den islamischen Klerus statt. Obwohl die iranischen Behörden behaupten,
       dass es zuletzt landesweit weniger regimekritische Proteste gegeben habe,
       gab es am Dienstagabend in sozialen Netzwerken Berichte über erneute
       Unruhen.
       
       Die Proteste hatten am vergangenen Donnerstag in Maschad im Nordosten des
       Landes begonnen. Sie hatten sich zunächst gegen die Wirtschafts- und
       Außenpolitik der Regierung gerichtet, wurden aber zunehmend systemkritisch.
       Anders als Ajatollah Chamenei hatte Präsident Ruhani am Montag bei einer
       Krisensitzung im Parlament gesagt, es wäre ein Fehler, die Proteste nur als
       ausländische Verschwörung einzustufen. „Die Probleme der Menschen sind auch
       nicht nur wirtschaftlicher Natur, sie fordern auch mehr Freiheiten.“ Er
       kritisierte damit indirekt die Hardliner im Klerus, die seine Reformen
       blockieren.
       
       Der iranische Generalstaatsanwalt Mohamed Dschafar Montaseri warnte
       Demonstranten am Dienstag scharf. „Es ist Schluss mit lustig“, sagte
       Montaseri nach Medienangaben. Justiz und Polizei würden konsequent gegen
       „Krawallmacher“ vorgehen. Der Geheimdienst erklärte, einige Unruhestifter
       seien verhaftet und weitere identifiziert worden. Weitere seien „im Visier“
       der Ermittler.
       
       3 Jan 2018
       
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