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       # taz.de -- Wintersport im Fernsehen: Und nun zurück nach St. Moritz!
       
       > Gibt es zu viel Wintersport im TV? Keineswegs. Jede einzelne Minute in
       > der Loipe, auf der Piste und am Schanzentisch ist pures Vergnügen.
       
   IMG Bild: Zu billig, sich über Rodeln lustig zu machen. Tobias Wendl (oben!) und Tobias Arlt
       
       Der Winter ist in Val di Fiemme, mit ganz viel Kunstschnee in Dresden, in
       den österreichischen Käffern Bad Kleinkirchheim und Tauplitz, in Wengen im
       Berner Oberland, drüben im japanischen Sapporo, bei uns in Oberhof und
       Ruhpolding und im noblen St. Moritz. Und er ist im ZDF.
       
       9.50 Uhr. Nordische Kombination, Springen und Teamsprint 
       
       Volker Grube meldet sich aus Val di Fiemme. Er wird erklären, worum es
       geht. Zuerst gehen die Sportler über eine Skisprungschanze, dann geht es
       auf die Langlaufloipe. Langlaufen kann auch Reporter Grube. Er spürt den
       Schnee. „Frenzel gewinnt“, sind so Sachen, die er dann sagt.
       
       Der Deutsche Erik Frenzel ist einer der besten Kombinierer der Welt. Wer
       sagt, dass er sich einen Sieg von Frenzel vorstellen kann, liegt nie
       falsch. Über die Schanze ist Grube nicht gegangen. Er lässt die Kombinierer
       springen. Es ist der ideale Prolog für das große Wintersportstück des
       Tages. Wer währenddessen frühstücken möchte, bitte sehr! Es wird sich
       keiner vor Aufregung an der Butterbrezel verschlucken. Mahlzeit!
       
       10.45 Uhr. Alpiner Ski-Weltcup, Abfahrt Frauen 
       
       Es geht nach Bad Kleinkirchheim. Bis die erste Läuferin startet, gibt es
       viel zu erzählen über die Piste, die schon seit dem Sommer vorbereitet
       werden musste. Es geht um A-Netze und B-Netze. Die einen sind vier Meter
       hoch, die anderen ein wenig niedriger. Fast drei Kilometer Netze werden für
       eine Abfahrt verbaut. Es soll ja keine sterben, wenn sie stürzt. Der
       Abfahrtsport ist eine Hochrisikodisziplin. Die schnellen Frauen riskieren
       viel, wenn sie mit 100 Kilometer pro Stunde gen Tal gleiten. Ein erster
       Höhepunkt.
       
       11.47 Uhr. Weltcup-Skispringen Frauen 
       
       Aus dem japanischen Sapporo gibt es eine Zusammenfassung. Das Springen ist
       dann längst vorbei. Wenn es die technischen Direktoren gut mit den
       Sportkonsumenten meinen, dann geben sie den Athletinnen viel Anlauf, auf
       dass sie möglichst weit springen. Das geht nicht immer gut. Die Deutsche
       Svenja Würth ist beim Weltcup in Hinterzarten vor ein paar Wochen schwer
       gestürzt. Gute Besserung ihr! Sie hat einen hohen Preis gezahlt für die
       Lust der Fans am Skispringen. Darüber kann man sich aufregen – und dabei
       dann den letzten Kaffee aus der Frühstückskanne trinken.
       
       12.00 Uhr. Rodel-Weltcup. Doppelsitzer 
       
       Zwei Männer auf einem Ding, das an einen Schlitten erinnern soll, rasen
       einen Eiskanal runter. Sitzt Tobias Wendl oben oder Tobias Arlt? Norbert
       Galeske weiß es. Es ist leicht, sich über die Männer in ihren
       windschnittigen Gummianzügen lustig zu machen, die sich in die Eisröhre
       stürzen. Ein paar dicke Deutschländerwürstchen, bitte. Aber sie machen
       etwas, was wirklich niemand nachmachen kann. Ein Rennschlitten ist kein Wok
       und erfordert irrsinnige Koordination.
       
       Deutsche Rodler sind eine Bank, wenn es bei Olympia um Goldmedaillen geht.
       Da können auch Doppelsitzer wichtig werden. 1984 bei Olympia in Sarajevo
       hat die BRD nur zwei Mal Gold gewonnen. Ein Biathlet und das Rodlerpaar
       Hans Stangassinger und Peter Wembacher. Keiner hat damals über sie gelacht.
       Auch Rennrodeln kann wichtig sein. Bitte nicht lachen!
       
       12.25 Uhr. Alpiner Ski-Weltcup, Abfahrt Männer 
       
       Zurück zum großen Wahnsinn des Wintersports. Zwei Abfahrer haben in diesem
       Jahr schon ihr Leben auf der Piste gelassen – der Franzose David Poisson
       und der deutsche Nachwuchsfahrer Max Burkhart. Seitdem werden die Pisten
       schon mal entschärft. Aber spektakulär soll es bitte schon bleiben – siehe
       oben! Unvergessen ist der Sturz des Österreichers Gernot Reinstaller in der
       S-Kurve direkt vor dem Ziel der Lauberhornabfahrt von Wengen. Es war ein
       Schock. Geht es am Samstag in Wengen gut? Zeit für ein erstes Bier.
       
       13.40 Uhr. Bob-Weltcup, Frauen 
       
       Martin Wolf meldet sich aus St. Moritz mit einer Zusammenfassung des
       Frauenrennens. Freuen wir uns für ihn. Wer kann sich schon auf eigene
       Kosten einen Trip nach Graubünden leisten. Er berichtet von den stärksten
       Frauen im Wintersport. Viel zu kurz eigentlich.
       
       13.55 Uhr, Langlauf-Weltcup, Sprint Damen und Herren 
       
       Wer ist nur auf die Idee gekommen, am Elbufer in Dresden ein Langlaufrennen
       zu veranstalten? Ein deutscher TV-Journalist war es. René Kindermann vom
       MDR fand die Idee ganz toll, ganz viel Kunstschnee an die Elbe zu karren.
       Gut, dass heute das ZDF überträgt, sonst könnte glatt jemand auf die Idee
       kommen, im deutschen Fernsehen sei unabhängige Berichterstattung nicht
       immer garantiert. Der Gewinner steht fest bei diesem Rennen: Es ist die
       Stadt. Die Silhouette von Dresden ist im Bild und niemand redet von Pegida.
       
       14.17 Uhr. Biathlon-Weltcup, 4 x 6 Kilometer Staffel der Frauen 
       
       Aus Ruhpolding gibt es die Königsdisziplin des deutschen Wintersports. Vier
       Frauen rennen und schießen für ihr Land. Menschen, die auf Dinge zielen,
       haben Sportfans schon immer begeistert. Das ist beim Darts nicht anders als
       beim Biathlon. Bei Letzterem haben die Schützinnen immerhin sportliche
       Figuren und kommen auch mal außer Atem. Wer nicht auf deutsche Gaudimusik
       steht, sollte den Ton der Übertragung abdrehen. Ruhpoldinger
       Biathlon-Stimmung ist nur stark alkoholisiert zu ertragen. Trinken wäre
       also auch eine Option.
       
       15.50 Uhr, Weltcup Nordische Kombination, 2 x 7,5 Kilometer Teamsprint 
       
       Jetzt geht es zurück nach Val di Fiemme, wo erst der eine aus dem Team 7,5
       Kilometer langlaufen muss und dann der andere. Volker Grube erklärt wieder
       genau, wie alles funktioniert. Das ist nicht so einfach. Die Sprünge müssen
       in Zeiten umgerechnet werden. Achtung Mathe! 1,2 Punkte werden je Meter
       gutgeschrieben. Wer 30 Punkte Rückstand auf der Schanze hat, muss eine
       Minute warten, bis er starten darf. Manchmal gibt es einen Zielsprint. Das
       kann man spannend finden.
       
       16.25 Uhr. Weltcup-Skispringen, Herren 
       
       In Bad Mitterndorf am Kulm kann man 244 Meter weit springen. Skifliegen
       nennt man es, wenn es so weit geht. Man kann sehen, wie sehr die schmalen
       Springerkörper belastet werden, wenn sie vom Himmel auf den Hang fallen.
       Wenn es richtig weit wird, wird’s gefährlich. Manche Springer haben Werbung
       von Red Bull auf ihrem Helm. Wer den Schriftzug sieht, weiß: Hier geht es
       um Leben und Tod. Darauf einen Magenbitter!
       
       16.50 Uhr, Rodel-Weltcup, Frauen 
       
       Der Epilog kommt noch einmal aus Oberhof, wo die Frauen durch den Eiskanal
       rodeln. Da sind deutsche Erfolge so gut wie sicher. Das ZDF schenkt ihren
       Zuschauern zum Abschluss des Wintersporttags einen Sieg. Vielen Dank dafür!
       Und Schluss mit Wintersport nach sieben irren Stunden. Jetzt gibt es eine
       Stunde Pause. Dann beginnt im Ersten die Sportschau. Mit Fußball. Soll ja
       auch ganz interessant sein.
       
       13 Jan 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Rüttenauer
       
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