# taz.de -- Angriff auf Flüchtlinge in Wurzen: „Wir können hier nicht bleiben“
> Im sächsischen Wurzen greifen Jugendliche ein von Migranten bewohntes
> Haus an. Die wehren sich – am Ende sind fünf Personen verletzt.
IMG Bild: Immer wieder Probleme: linke Demo gegen Rassismus in Wurzen (Archivbild September 2017)
Am nächsten Tag bleiben Scherben. Im Hinterhof, in der Wohnung im dritten
Stock. Zwei junge Bewohnerinnen stehen unter Schock, zittern, als sie vom
Vorabend erzählen. Panische Angst hätten sie gehabt. Auch Abdel (Name
geändert) berichtet davon, er hat blutige Schrammen am Handgelenk: „Wir
können hier nicht bleiben. Wir wollen nach Leipzig.“
Was genau am Freitag in Wurzen passierte, ist noch unklar. Die Polizei
berichtet von einem Streit zwischen Jugendlichen und Migranten, zuerst am
Park am Bahnhof, „wohl noch rein verbal“. Die „Ausländer“ hätten sich
darauf in ihr Wohnhaus zurückgezogen. Zwei Deutsche hätten dort die Haustür
beschädigt. Darauf seien ihnen einige Migranten gefolgt und wiederum auf
die große Gruppe getroffen. Die habe sie zurück zur Unterkunft gejagt,
worauf zwölf Bewohner mit Messern und Knüppeln die Verfolger angriffen –
die dann das Haus stürmten. Das Resultat: ein 16- und 21-jähriger Deutscher
mit Messerstichen am Oberschenkel, drei verletzte Flüchtlinge.
Das Gebrüll auf der Straße habe sie aus dem Schlaf gerissen, erzählt eine
Bewohnerin. 30 dunkel gekleidete Personen habe sie vor dem Haus gesehen,
einer habe einen Steinbrocken gegen die Eingangstür geworfen. Vier
Gestalten mit Sturmhauben seien ins Treppenhaus gerannt. Wieder klirrte es,
die Scheibe der Wohnungstür im dritten Stock.
Es ist die Wohnung von Abdel. Die Männer seien in den Flur gestürmt,
berichtet er. Zwei hätten die Bewohner in Schach gehalten, zwei seien ins
Schlafzimmer, wo er sich befand. Ihm wurde in den Bauch getreten. Als er zu
Boden ging, folgte ein Tritt aufs Handgelenk. Ein Mann habe mit einer
Holzstange auf seinen Oberarm geschlagen. Als draußen Sirenen ertönten,
seien die Angreifer geflüchtet. Auch Geflüchtete in den oberen Stockwerken
seien verprügelt worden, sagt Abdel.
Was zuvor geschah, dazu kann der Flüchtling nichts sagen. Er sei nicht
dabei gewesen. Ein Betreuer bringt Abdel und seine drei Mitbewohner am
Samstag an einen sicheren Ort. Ein Polizeisprecher sagt, der Auslöser der
Gewaltkette werde ermittelt.
15 Jan 2018
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DIR Henrik Merker
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