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       # taz.de -- Damentennis beim Australian Open: Verlässliche Unverlässlichkeit
       
       > Drei der vier US-Open-Finalistinnen scheiden bei den Australian Open aus.
       > Und die Deutsche Julia Görges steigt plötzlich zur Mitfavoritin auf.
       
   IMG Bild: Dreimal war im Achtelfinale Schluss: Julia Görges wird auch dieses Jahr als eine der Favoritinnen gehandelt
       
       Was ist eigentlich unmöglich im modernen Damentennis? Das war schon im
       letzten Jahr die große Frage. Etwa, als die 20-jährige Lettin Jelena
       Ostapenko wie aus dem Nichts und als erste ungesetzte Spielerin die French
       Open gewann. Oder als die Langzeitverletzte Sloane Stephens daheim bei den
       US Open triumphierte, gut vier Wochen, nachdem sie in der Weltrangliste
       noch auf Platz 957 gestanden hatte.
       
       Wer sich von der neuen Saison und von den Australian Open mehr
       Verlässlichkeit erwartet hatte, bekam gleich am Wettkampftag eins die
       Antwort. Nicht zuletzt auch in Person von Stephens, der New Yorker
       Tenniskönigin. Deren zuletzt schwarze Serie setzte sich auch in Melbourne
       mit einer bitteren Pleite gegen die Chinesin Zhang Shuai fort.
       
       Ein rein amerikanisches Halbfinale hatte es vor vier Monaten im Big Apple
       gegeben, anscheinend auch eine Renaissance des amerikanischen Frauentennis
       jenseits von Neu-Mama Serena Williams.
       
       Doch in Melbourne ging es bloß weiter mit der Achterbahnfahrt, die das
       Frauentennis hartnäckig prägt. Innerhalb der ersten Stunden waren drei der
       vier stolzen US-Open-Halbfinalistinnen ausgeschieden. Stephens als erste,
       Coco Vandeweghe als letzte. Und mittendrin auch noch Venus Williams,
       immerhin auch Endspielteilnehmerin des Vorjahres. 3:6 und 5:7 unterlag sie
       der 20-jährigen Belinda Bencic.
       
       ## Julia Görges gilt als eine der Favoritinnen
       
       Bencic könnte bei ihrem Comeback nun die nächste Überraschungsnummer
       werden. „Man weiß eigentlich nur, dass man nichts weiß. Dann wenn Serena
       nicht dabei ist“, sagt Ex-Star Chris Evert (USA) zur Branchenlage, „viele
       können jetzt vieles schaffen.“
       
       Was auch für eine wie Julia Görges gelten könnte. Melbourne, die Australian
       Open, das ist ihr Lieblings-Grand-Slam. Schon dreimal ist sie Down Under
       ins Achtelfinale eingezogen, doch weiter ist sie noch nie gekommen. Im Hier
       und Jetzt des unberechenbaren Frauentennis ist sie allerdings zu einer
       Mitfavoritin aufgestiegen.
       
       Der fabelhafte Schlussspurt in der letzten Saison und der bisher perfekte
       Einstieg in die 2018er Serie haben auf einmal, nach Jahren der
       Frustrationen und verpassten Chancen, berechtigte Erwartungen geweckt.
       „Görges kann schaffen, was Kerber hier 2016 gelungen ist“, sagt Boris
       Becker, in Melbourne als TV-Experte für Eurosport im Einsatz. Das hieße:
       Ein Grand-Slam-Sieg.
       
       Auf dem langen Weg bis zu diesem potenziellen Traumergebnis erfüllte Görges
       am Montag schnörkellos ihre Pflicht, gewann gegen die US-Teenagerin Sofia
       Kenin 6:4 und 6:4. Fast schon gewohnheitsmäßig dominierte die 29-Jährige
       die Partie mit erstklassigem Aufschlag und aggressivem Grundlinienspiel.
       „Es gibt keinen Grund, mich über meine Form zu beschweren“, sagte sie
       später, „das war die solide Leistung, die man zum Turnierstart braucht.“
       
       ## Angelique Kerber ist nach einem Albtraumjahr nun obenauf
       
       Görges trifft nun auf die kapriziöse Französin Alize Cornet. Auch Mona
       Barthel kam weiter und hat es nun mit der an Nummer 32 gesetzten Estin
       Annett Kontaveit zu tun. Für den erkältungsgeschwächten Philipp
       Kohlschreiber war dagegen alles vorbei, schon in Runde eins: Er verlor in
       einer wilden Startpartie mit 3:6, 6:2, 0:6, 6:1 und 2:6.
       
       Am Dienstag greift dann auch Angelique Kerber ins Turnier ein, auch sie
       eine jener launischen Führungsfiguren im Damentennis. Nach Traumsaison 2016
       und Albtraumjahr 2017 ist sie aktuell wieder obenauf, verlor im neuen Jahr
       noch kein Match und holte sich gerade den WTA-Titel in Sydney. Anna-Lena
       Friedsam, Kollegin aus dem Fed Cup-Team, ist Kerbers erste Gegnerin.
       
       Wo das nun alles enden wird im Damentennis, wer weiß das schon.
       
       15 Jan 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jörg Allmeroth
       
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