URI: 
       # taz.de -- Opposition auf der Krim: Haft für eine ukrainische Flagge
       
       > Ein Landwirt, der die Annexion der Halbinsel durch Russland ablehnt, muss
       > mehrere Jahre in den Knast. Die Beweise sollen gefälscht sein.
       
   IMG Bild: Lenin-Statue auf der Krim. Wer Russland offen kritisiert, lebt gefährlich
       
       Kiew taz | Drei Jahre und sieben Monate Haft: So lautet das Urteil eines
       Gerichts in der Stadt Rasdolne auf der von Russland annektierten Halbinsel
       Krim gegen Volodimir Baluch. Der Landwirt hatte es gewagt, auf seinem Hof
       eine ukrainische Fahne zu hissen und seine Straße in „Straße der
       himmlischen Hundert“ umzubenennen – im Gedenken an die hundert
       Demonstranten, die 2014 auf dem Maidan in Kiew erschossen worden waren.
       
       Noch kurz vor der Urteilsverkündung hatte Baluch in stoischer Ruhe erklärt,
       dass er nicht aufgeben werde. Er sei unschuldig, nun könne er das
       „sogenannte neue Mutterland nie lieben“. Sofort nach der Urteilsverkündung
       wurde Baluch, der seit Dezember unter Hausarrest stand, inhaftiert.
       
       Mit seinem Urteil liegt das Gericht zwar unter den vom Staatsanwalt
       geforderten fünf Jahren. Aber es bleibt exakt bei dem Strafmaß der ersten
       Instanz vom August. Das Signal ist eindeutig: unbeirrt mit der
       Kriminalisierung derer fortfahren, die es wagen, die russische Annexion der
       Halbinsel in Frage zu stellen.
       
       Baluch ist nicht der einzige Bewohner der Krim, der für seine Haltung mit
       einer mehrjährigen Haftstrafe bezahlt. Seit der Annexion 2014, so Olga
       Skripnik von der „Menschenrechtsgruppe Krim“, seien 70 Bewohner der Krim
       verurteilt worden, 55 seien in Haft. Unter ihnen sind auch der Antifaschist
       Alexander Koltschenko und der Regisseur Oleg Senzow.
       
       ## Gefälschte Beweismittel
       
       Gemeinsam ist all diesen Inhaftierten, dass sie in inszenierten Verfahren
       verurteilt werden. So wurde Baluch wegen 90 Patronen und einiger
       Sprengstoffbehältnisse verhaftet, die angeblich bei einer Hausdurchsuchung
       auf dem bäuerlichen Hof gefunden wurden.
       
       „All diese angeblichen Beweismittel sind gefälscht“ empört sich Olga
       Skripnik. „Man hat sie ihm untergeschoben.“ Gleichzeitig habe es das
       Gericht abgelehnt, Dokumente mit einzubeziehen, die diesen Betrug beweisen
       würden. „Der Prozess gegen Baluch war ein politischer Prozess und von
       Anfang an inszeniert.“
       
       Auch Koltschenko klagt darüber, dass die Anklage sich nicht vor
       offensichtlichen Lügen gescheut habe. So habe man ihm, einem linken
       Antifaschisten, eine Mitgliedschaft im „Rechten Sektor“ und die Planung von
       Terroranschlägen vorgeworfen.
       
       Auch der mit Koltschenko verurteilte Regisseur Senzow bestritt, jemals im
       „Rechten Sektor“ gewesen und Anschläge geplant zu haben. Trotzdem wurden
       beide, deren Freilassung auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty
       International fordert, 2015 zu 10 bzw. 20 Jahren Haft verurteilt.
       
       Die Anwälte von Baluch haben angekündigt, erneut in die Berufung zu gehen.
       Ukrainische Menschenrechtler wollen die USA und EU auffordern, den Richter
       und den Staatsanwalt des Prozesses vom Dienstag in die Sanktionsliste
       aufzunehmen.
       
       16 Jan 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernhard Clasen
       
       ## TAGS
       
   DIR russische Justiz
   DIR Russland
   DIR Ukraine
   DIR Krim
   DIR Krim-Annexion
   DIR Russland
   DIR DHL
   DIR Ukraine
   DIR ESC 2017
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Folter in russischer Haft: Demütigen, quälen und töten
       
       Ein Gefangener wird von Wärtern schwer misshandelt. Der Vorgang ist auf
       einem Video festgehalten. Einige der Schläger wurden festgenommen.
       
   DIR Geschäfte trotz Russland-Sanktionen: Auf der Krim geht die Post ab
       
       Der teilstaatliche deutsche Logistikkonzern DHL transportiert offenbar
       Pakete von der Halbinsel nach Russland. Das ist verboten.
       
   DIR Freilassungen im Ukraine-Konflikt: Zwei Krimtataren kommen frei
       
       Mit Unterstützung des türkischen Präsidenten Erdoğan wurden zwei Aktivisten
       aus russischer Haft entlassen. Jetzt sind sie in Kiew.
       
   DIR Eurovision am Dnipro, Folge 7: 17 Jahr, (fast) blondes Haar
       
       Der bulgarische Teilnehmer Kristian Kostov trat nach der Annektierung auf
       der Krim auf. In der Ukraine darf er trotzdem singen.