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       # taz.de -- Sieg für Frankreichs Umweltschützer: Regionalflughafen gekippt
       
       > Die Proteste waren erfolgreich: Der Großflughafen in der Nähe von Nantes
       > wird nicht gebaut. Der bestehende Flughafen wird stattdessen erweitert.
       
   IMG Bild: Am Flughafen von Notre-Dame-des-Landes, der Schriftzug „Nein zum Flughafen“ im Hintergrund
       
       Paris taz | Der geplante Flughafen von Notre-Dame-des-Landes bei Nantes
       soll nun doch nicht gebaut werden. Das hat die französische Regierung am
       Mittwoch nach einer letzten Debatte im Ministerrat im Einklang mit
       Präsident Emmanuel Macron bekannt gegeben. Premierminister Edouard Philippe
       trat persönlich an das Mikrofon, um die mit Spannung erwartete Entscheidung
       zu erklären.
       
       Seit Jahren war das Vorhaben, den existierenden Flughafen von Nantes durch
       einen internationalen „Hub“ für die Bretagne und ganz Westfrankreich im
       Gebiet von Notre-Dame-des-Landes zu ersetzen, höchst umstritten. Zeitweise
       war es sogar aus Naturschutzgründen und aus Rücksicht auf die bestehende
       Landwirtschaftszone offiziell beerdigt worden.
       
       Doch in den letzten zehn Jahren hatte die Staatsführung auf den drängenden
       Wunsch der Stadtregierung von Nantes, des Departements und der Region im
       Westen an dem Vorhaben festgehalten. Macrons Entscheidung, nun doch darauf
       zu verzichten, wird als überraschende Wende gesehen.
       
       Neben den Umweltschutzkriterien hatte sicher auch die Tatsache Gewicht,
       dass seit Jahren militante Gegner das etwa 1.600 Hektar große Gelände als
       „zone à défendre“, das heißt als „Verteidigungszone“, besetzt halten und
       bislang jeden polizeilichen Räumungsversuch verunmöglicht haben.
       
       In seiner Ansprache sagte nun Edouard Philippe, auf das Projekt zu
       verzichten sei der Regierung schwer gefallen. Doch wenn in einer Region
       eine derart starke Opposition existiere, die die lokale Bevölkerung
       buchstäblich in zwei Hälften spalte, könne ein solches Vorhaben nicht ohne
       Konfrontation durchgesetzt werden.
       
       ## Protest kommt vor allem von rechts
       
       Davon abgesehen entspreche das „vor 50 Jahren gestartete, mehrfach
       modifizierte, dann aufgegebene und neu lancierte Projekt“ nicht den
       heutigen Erwartungen und Anforderungen des französischen Westens und dessen
       Wunsch auf wirtschaftliche Entwicklung. Statt des neuen Flughafens soll der
       bestehende Flughafen Nantes-Atlantique ausgebaut werden, wobei ganz
       besonders der Lärmverminderung für die betroffene Bevölkerung Rechnung
       getragen werde, versprach Philippe.
       
       „Alle, die derzeit in Notre-Dame-des-Landes in illegaler Weise Grundstücke
       besetzen, müssen diese bis spätestens im Frühling räumen“, sagt Philippe.
       Die Zahl der militanten „Zadisten“, die sich auf eine groß angelegte
       Polizeiaktion vorbereitet haben, wird auf rund 400 geschätzt. Das Risiko
       gewaltsamer Zusammenstöße mit den Besetzern ist trotz der besänftigenden
       Geste der Staatsführung nicht gebannt.
       
       Protest gegen diese Weichenstellung kommt vor allem von rechts und von den
       lokalen Behörden, die fast geschlossen für das Flughafenprojekt waren. Ein
       Sprecher der konservativen Partei Les Républicains, Bruno Retailleau,
       höhnte, der Rückzieher der Regierung sei ein „großer Sieg der Zadisten“.
       
       Der Vorsitzende des Flughafen-Interessenverbands, Philippe Grosvalet,
       nennt diesen Verzicht eine „Kapitulation des Staates“. Damit würden „der
       explizite Wille der Stadt Nantes und des Departements Loire-Atlantique und
       namentlich ein Volksentscheid sowie 179 Gerichtsentscheide mit Füßen
       getreten“; das sei schlicht ein „Desaster für die Demokratie“.
       
       2016 hatte sich bei einer konsultativen Volksbefragung im Departement
       Loire-Atlantique eine Mehrheit von 55 Prozent für das Projekt NDDL
       ausgesprochen. Noch ist offen, wie der Baukonzern Vinci, der neben der
       Erstellung des Flughafen auch für den Betrieb zuständig sein sollte, für
       den Vertragsbruch entschädigt werden soll.
       
       17 Jan 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rudolf Balmer
       
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