URI: 
       # taz.de -- Kommentar Beschluss zu Antisemitismus: Rituale, die richtig sind
       
       > Kann der Beschluss überhaupt etwas am Antisemitismus ändern? Ja, wenn die
       > Abgeordneten jetzt nicht denken, damit sei es schon getan.
       
   IMG Bild: Die Frage ist berechtigt, ob dieser Beschluss zum Antisemitismus-Beauftragten eine billige und folgenlose Übung ist
       
       Es ehrt den Bundestag, dass er einer Resolution gegen den Antisemitismus
       mit großer Mehrheit zugestimmt hat. Der Beschluss vermeidet die gern geübte
       Behauptung, die Zunahme antisemitischer Ressentiments ginge allein auf das
       Konto von Muslimen. Das wäre ein billiger Versuch, die angestammten
       Deutschen aus der Verantwortung zu entlassen und diese den vermeintlich
       Anderen zuzuschieben. Zugleich bekennt der Beschluss aber auch, dass der
       antizionistisch geprägte Judenhass der Einwanderer nicht ignoriert werden
       darf.
       
       Wirklich falsch an der Resolution ist nur ihr Zustandekommen: Es zeugt von
       einem seltsamen Demokratieverständnis, wenn die Linkspartei von den
       vorhergehenden Beratungen ausgeschlossen und damit auf eine Stufe mit der
       AfD gestellt wurde. Es zeugt aber auch von Größe, wenn die Linkspartei den
       Entschluss bei der Abstimmung dennoch nicht abgelehnt hat.
       
       Die Frage ist berechtigt, ob dieser Beschluss am grassierenden Judenhass
       irgend etwas ändert und ob es sich nicht um eine billige und folgenlose
       Übung handelt. Und doch sind staatliche Rituale – und um ein solches
       handelt es sich bei dem Beschluss – notwendig, um sich gemeinsamer
       zivilisatorischer Werte zu versichern. Auch der Holocaust-Gedenktag, den
       der Bundestag in der nächsten Woche begeht, ändert nichts daran, dass es
       Leugner der Schoah gibt. Aber dieser Tag vermag doch Erinnerung im
       Bewusstsein vieler zu verankern.
       
       Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Posten eines
       Antisemitismus-Beauftragten, den der Beschluss anmahnt. Natürlich wird ein
       solcher Beauftragter nicht die Jahrtausende alten Ressentiments gegen Juden
       abschaffen, und auch nicht den im 19. Jahrhundert begründeten
       Rasse-Antisemitismus. Aber solange die Abgeordneten diesen Posten nicht so
       verstehen, dass sie damit ihr Engagement gegen den Judenhass zur Genüge
       geleistet haben, kann er einen Fortschritt markieren. Vielleicht nur einen
       winzigen und kaum messbaren. Aber besser als keinen.
       
       18 Jan 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Klaus Hillenbrand
       
       ## TAGS
       
   DIR Bundestag
   DIR Antisemitismus
   DIR Die Linke
   DIR Judenverfolgung
   DIR Lesestück Recherche und Reportage
   DIR Bundestag
   DIR Bundestag
   DIR Israel
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Zum 100. Geburtstag von Mala Zimetbaum: Die Heldin von Auschwitz
       
       Mala Zimetbaum rettete viele Häftlinge im KZ, verliebte sich und floh
       schließlich – erfolglos. Sie starb als Heldin, ihren Namen kennen aber nur
       wenige.
       
   DIR Bundestagsantrag gegen Antisemitismus: Nur die Linke spielt nicht mit
       
       Der Bundestag fordert einen Beauftragten für Antisemitismus von der
       Regierung. Die Linke enthält sich bei dem Antrag von Union, SPD, Grüne und
       FDP.
       
   DIR Streit über Antisemitismusbeauftragten: Die Linke darf nicht mitspielen
       
       Der Bundestag will erstmals einen Antisemitismus-Beauftragten einsetzen.
       Der Antrag wurde ohne die Linke verfasst. Die ist empört.
       
   DIR Der Berliner Wochenkommentar I: Hass und legitime Kritik
       
       Antisemitische Hassparolen gehen gar nicht, sagt unsere Autorin. Die
       Pauschalkritik der Medien an den arabischstämmigen BerlinerInnen jedoch
       auch nicht.