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       # taz.de -- WDR-„Tatort“ aus Köln: So sind Frauen halt, ne
       
       > Das Kommissarduo Ballauf & Schenk feiert mit diesem „Tatort“ sein
       > 20-jähriges Jubiläum. Den Sozialkritikkitsch hätte man sich allerdings
       > sparen können.
       
   IMG Bild: Bauunternehmer Peter Waltherscheidt (Max Hopp) will unbedingt sein Geheimnis hüten. Ist aber eigentlich auch egal
       
       Was für eine grandiose Idee. Einen Mordfall rund um die Doppelmoral
       deutscher Unternehmen zu inszenieren, die in Emirat Katar für die
       Fußball-WM 2022 bauen. Hochtief, Siemens, Züblin, alle dabei. Während dort
       auf Baustellen Menschen teilweise wie Sklaven gehalten werden. Das ist
       zumindest die Fallhöhe, die der Vorschautext suggeriert. Nur, wie soll man
       sagen: Es spielt keine Rolle. Null!
       
       Ein Bauleiter, obendrein PTSD-kranker Ex-Soldat, arbeitet für ein
       Architekturbüro in Katar, sein Chef braucht dringend neue Großaufträge, ein
       paar Männer in weißen Dischdaschas huschen in einer Kölner Luxushotellobby
       durchs Bild – that’s it. Die Tote im neuen Kölner Tatort „Bausünden“ ist
       die Empfangschefin jenes Hotels. Und die Gattin des Bauleiters ist
       verschwunden.
       
       Anders gesagt: Diesen scheinheiligen Sozialkritikkitsch hätte man sich
       sparen können. Als hätte man ihn über die Story gestäubt wie Puderzucker
       über einen Kuchen, der total verbrannt ist. Das ist fast schon ekelhaft.
       
       Aber selbst wenn man den gesellschaftspolitischen Rahmen abzieht, bleibt
       vom Krimiplot der neuen Folge mit dem Kommissarduo Freddy Schenk (Dietmar
       Bär) und Max Ballauf (Klaus Behrendt) nicht viel Substanz. Ohne jetzt
       Altersdiskriminierung zu betreiben und doofe Klischees zu bestätigen: Aber
       nach der Einstiegssequenz wundert nicht, dass die Autoren Wolfgang Wysocki
       und Uwe Erichsen und Regisseur Kaspar Heidelbach Jahrgang 1954 und 1936
       sind. Die Kamera fährt langsam champagnerfarbene Bettwäsche entlang,
       samtrote Highheels, Sektkelche, dazwischen Shades-of-Grey-Peitschen und
       Halsbänder, softes Doldinger-Gedudel im Hintergrund. Schnitt auf eine
       Sexszene in der Dusche, Frau wird an die Scheibe gepresst, S/M-Utensilien
       am Hals, dann Blut im Ausguss. Es war die verschwundene Bauleitergattin,
       die sich eben immer anderweitig vergnügt, wenn ihr Mann in Katar weilt. So
       sind Frauen halt, ne.
       
       Nur falls sich wer wundert: Weshalb die Hotelfrau nun umgekommen ist, ist
       genauso irrelevant wie die Namen der Protagonisten und wer sie spielt.
       Selbst von Jana Pallaske als Schwester der verschwundenen Gattin bleiben
       nur die unnatürlich aufgeplusterten Lippen im Gedächtnis. Sorry.
       
       Bär und Behrendt feiern mit diesem Dings ihr 20-jähriges Drehjubiläum.
       Wieso die Kölner aus ihrem Würstchenbudensenf nicht rauszukommen scheinen,
       während sich die Münchner Kollegen, fast ebenso lang im Amt, blühend neu
       erfunden haben, bleibt ein Rätsel. Und jammerschade.
       
       21 Jan 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anne Haeming
       
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