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       # taz.de -- Die Wahrheit: Unbunte Menschen
       
       > Die seltsamen Schöpfungen der selbsternannten Sprachpolizisten werden
       > immer mumpitziger.
       
       Neulich am Times Square in New York spricht mich ein junger Mann an: „Ich
       bin ein Nigger und rede mit einem Weißen, ist das okay?“ Ja, völlig in
       Ordnung, antworte ich. Er fragt mich, woher ich komme. Aus Irland, sage
       ich. „Oha, dann bist du ein grüner Nigger“, meint er. „Keine Hunde, keine
       Schwarzen, keine Iren – das stand früher an vielen Läden im gottverdammten
       England.“
       
       Als ich später von meiner Begegnung mit dem Schwarzen erzähle, erfahre ich,
       dass der Begriff nicht mehr erlaubt sei. Es heiße nun „Person of Color“.
       Das sei die politisch korrekte Bezeichnung für nichtweiße Menschen. Ich
       glaubte, es sei längst verboten, jemanden als Farbigen zu bezeichnen, vom
       N-Wort ganz zu schweigen, denn dafür hat man in Schweden „Pippi Langstrumpf
       im Taka-Tuka-Land“ verbrannt.
       
       In der Neuauflage ist Pippis Vater Südseekönig, und er spricht die
       Taka-Tuka-Sprache. Ist das weniger rassistisch? Eigentlich müsste er doch
       König der Personen von Farbe sein und die Personen-von-Farbe-Sprache
       sprechen. Und sind Schwarze (sorry!) in der Logik des bereinigten
       Pippi-Buches nicht Taka-Tukas?
       
       Schwarz und Weiß sind unbunte Farben, im physikalischen Sinn sind sie gar
       keine Farben, weil sie entweder alle Lichtfrequenzen absorbieren oder
       reflektieren. Im Grunde genommen bin ich auch nicht weiß, sondern eher
       schweinchenrosa. Das ist immerhin eine Farbe. Bin ich deshalb eine „Person
       of Color“?
       
       Aber man muss gar nicht auf die USA schauen, um sich zu wundern. Die
       britische Regierung hat bei der UNO eine Eingabe zur geplanten Erweiterung
       des Internationalen Vertrags für bürgerliche und politische Rechte gemacht.
       Der Zusatz sieht den besonderen Schutz für schwangere Frauen vor. Das sei
       diskriminierend, meint die Regierung in London. Es müsse „schwangere
       Personen“ heißen, weil sonst die Gruppe LGBTQIA+ ausgeschlossen sei.
       
       Die ersten vier Buchstaben waren mir geläufig. Die letzten drei bedeuten
       Queer, Intersexuelle und Asexuelle. Das Pluszeichen steht für alle anderen.
       Was kann es denn noch geben? Zentauren und Chimären? Können die schwanger
       werden?
       
       Es gibt in Großbritannien bisher lediglich zwei bekannt gewordene Fälle, in
       denen ein Mann nach einer Geschlechtsumwandlung ein Kind bekommen hat, weil
       die Ärzte Gebärmutter und Eierstöcke nicht entfernt hatten. Deshalb müssen
       Frauen nun aus dem Vokabular verschwinden.
       
       Gleichzeitig will die britische Regierung ein Gesetz erlassen, das jedem
       und jeder die Entscheidung überlässt, welches Geschlecht er oder sie hat.
       Männer können sich dann nicht nur in Frauenumkleidekabinen,
       Frauengefängnissen und Frauenklos herumtreiben, sondern bei Olympischen
       Spielen auch als Frauen antreten.
       
       Mumpitz – oder „Balderdash“, wie die englische Person sagen würde. Aber ich
       werde auch weiterhin niemals von einer schwangeren Person of Color
       sprechen.
       
       22 Jan 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Sotscheck
       
       ## TAGS
       
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