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       # taz.de -- Proteste in Rumänien: „Recht statt Korruption!“
       
       > Zehntausende gehen landesweit erneut auf die Straße. Die Kritik richtet
       > sich nicht nur an die Regierung, sondern auch an die Opposition.
       
   IMG Bild: Demonstranten am Samstag vor dem Parlamentsgebäude in Bukarest
       
       Berlin taz | Zehntausende Personen haben am Samstag in mehreren Großstädten
       Rumäniens gegen die Bukarester Regierung und die erst Anfang vergangener
       Woche ernannte neue Ministerpräsidentin Vasilica Viorica Dăncilă
       demonstriert. Neben verstaubten Losungen wie „Nieder mit den Kommunisten!“
       skandierten die Teilnehmer „PSD, die rote Pest!“, „Nieder mit der
       Regierung“ oder „Recht statt Korruption!“.
       
       Präsident Klaus Johannis hatte dem Vorschlag der Koalitionsparteien, der
       Sozialdemokratischen Partei (PSD) und der Liberaldemokratischen Allianz
       (ALDE) zugestimmt, Dăncilă als neue Regierungschefin anstelle des
       zurückgetretenen Premiers Mihai Tudose anzuerkennen. Tudose ist der zweite
       Premier, der zum Rücktritt genötigt wurde, nachdem es zum offenen Konflikt
       mit dem PSD-Chef Liviu Dragnea gekommen war.
       
       Dragnea ist ein intrigierender Strippenzieher, der seine Partei nach
       Gutsherrenart führt und die kleinste Abweichung von seinen Richtlinien
       ahndet. Gehorsamsverweigerung wird sofort bestraft. Die von der PSD
       ausgearbeiteten Pläne zur Justizreform, behaupten Kritiker, sollen unter
       Korruptionsverdacht stehende Politiker vor strafrechtlichen Konsequenzen
       bewahren.
       
       Im Visier der Justiz steht auch der vorbestrafte PSD-Chef Dragnea. Er steht
       in den Augen der Protestierenden, die in den letzten Monaten immer wieder
       auf die Straße gegangen waren, an der Spitze eines mafiaähnlich agierenden
       Geheimbundes von korrupten Oligarchen, die die Geschicke des Landes lenken.
       
       ## Einseitiges Bild
       
       Dieses einseitige Bild zeichnen auch Vertreter der oppositionellen
       Nationalliberalen Partei (PNL) oder der von ExstaatspräsidentTraian Băsescu
       geführten Volksbewegungspartei (PMP). Dass die Anzahl der unter
       Korruptionsverdacht stehenden Personen, die diesen Parteien nahestehen,
       nicht geringer ist als die der regierenden PSD-ALDE-Koalition, drückt sich
       auch in der systemkritischen Zielrichtung der Protestierenden aus.
       
       Im Grunde haben die Proteste alle Parteien im Visier. Eine realpolitische
       Alternative fehlt ihnen ebenso wie eine klare ideologische Ausrichtung. Am
       Samstag forderten vereinzelte Stimmen Neuwahlen, was bereits schon
       Vertreter der Opposition verlangt hatten und in ihrem Drang endlich an die
       Macht zu kommen, die Ergebnisse der letzten Umfragen ignorierten.
       
       Fänden jetzt vorgezogene Wahlen statt, erhielten die regierenden
       Sozialdemokraten 42 Prozent der Stimmen. Das wären 3 Prozent weniger als
       bei den Parlamentswahlen 2016. Für ihren Koalitionspartner ALDE würden 9
       Prozent stimmen, 2016 waren es 6 Prozent.
       
       Die oppositionelle Nationalliberale Partei PNL erhielte 27 Prozent,
       bedeutend mehr als vor zwei Jahren. Der als zivilgesellschaftlicher
       Heilsbringer aufgetretene Verband Rettet Rumänien (USR), der es 2016 mit 9
       Prozent ins Parlament schaffte, liegt bei nur noch 5 Prozent.
       
       21 Jan 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR William Totok
       
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