URI: 
       # taz.de -- Ausbau der bestehenden Anlage: Abschiebeknast am Flughafen geplant
       
       > Der bisherige Ausreisegewahrsam in Fuhlsbüttel soll in eine echte
       > Abschiebehaftanstalt umgewandelt werden. Aus der Einrichtung waren
       > mehrfach Leute ausgebüxt.
       
   IMG Bild: Soll „baulich ertüchtigt“ werden: Der Ausreisegewahrsam am Hamburger Flughafen
       
       HAMBURG taz | Zweieinhalb Meter hohe Zäune mit fünf Linien Stacheldraht
       scheinen dem rot-grünen Senat zur Durchsetzung seiner Abschiebungspolitik
       nicht auszureichen. Das sogenannte Ausreisegewahrsam am
       Helmut-Schmidt-Flughafen in Fuhlsbüttel wird gegenwärtig hochgerüstet.
       
       Die vom Einwohner-Zentralamt Hamburg betriebene Einrichtung soll, wie es
       in einem vom Senat kürzlich eingereichten Gesetzesentwurf heißt, „baulich
       ertüchtigt“ werden, um fortan den Vollzug von Abschiebungshaft bis zu sechs
       Wochen zu ermöglichen.
       
       Den Entwurf soll die Bürgerschaft in ihrer nächsten Sitzung Ende des Monats
       beschließen. Damit wäre das gesicherte Gelände am Flughafen der erste Ort
       in Hamburg, an dem eine Abschiebungshaft für Asylbewerberinnen und
       -bewerber möglich ist.
       
       Bisher ist Hamburg auf Anstalten in anderen Bundesländern ausgewichen. Die
       juristische Grenze von maximal zehn Tagen Gewahrsam kann so auf bis zu 42
       Tage Haft erhöht werden. Außerdem soll es für Abschiebehäftlinge in Zukunft
       schwieriger werden auszubrechen. Aus dem Abschiebegewahrsam entkamen im
       ersten Jahr sechs Inhaftierte. Wegen einer Flucht musste im vergangenen
       November sogar der Flughafen für eine Stunde gesperrt werden.
       
       Der Hamburger Abschiebegewahrsam, wie er heute besteht, ist bundesweit
       einzigartig. Stets hat die Innenbehörde betont, dass es sich hierbei nicht
       um ein Gefängnis handelt. Florian Käckenmester, Pressesprecher des
       Einwohner-Zentralamts, bleibt dabei, auch mit der Abschiebehaftanstalt kein
       Gefängnis betreiben zu wollen. Laut Käckenmester werden „weiterhin nicht
       die Standards einer Justizvollzugsanstalt erfüllt“.
       
       Im Zuge der Umbauten würden lediglich die Zäune erhöht und die Fenster
       verstärkt – aber auch neue Beschäftigungsmöglichkeiten für die Insassen
       geschaffen. In der Anstalt gibt es einen Spielplatz sowie freien Zugang zum
       Internet und zum Fernsehen. Wieviel Geld er für die verbesserte
       Ausbruchssicherheit ausgeben will, teilte der Senat auf Anfrage nicht mit.
       
       Der Ausreisegewahrsam, 2015 als Instrument des „Rückführungsmanagements“
       von der Bundesregierung beschlossen, gilt unter Kritikern als
       Freiheitsentzug mit humanem Antlitz. „Gewahrsam mag freundlicher klingen
       als Haft, ist aber auf jeden Fall Gefängnis, vollzogen von einer
       staatlichen Einrichtung, die Menschen der Freiheit beraubt“, sagt der
       Hannoveraner Rechtsanwalt Peter Fahlbusch.
       
       Er ist spezialisiert auf Ausländerrecht und in zahlreichen Ausweisungs- und
       Abschiebehaftverfahren tätig. Fahlbusch kennt die sprachlichen
       Verharmlosungen der Abschiebepolitik nur zu gut: „Im Prinzip“, sagt
       Fahlbusch, „wird hier das Bild eines normalen Lebens minus Freiheit
       suggeriert.“ Er fragt sich, ob Vertreter der Innenbehörde weiterhin
       behaupten würden, dass es sich beim Ausreisegewahrsam nicht um ein
       Gefängnis handele, wenn sie ein paar Tage dort verbringen müssten.
       
       Auch aus anderen Gründen wurde die Einrichtung in der Vergangenheit bereits
       stark kritisiert. Die jährlichen Kosten für den Betrieb des
       Ausreisegewahrsams stellten sich in der Antwort auf eine kleine Anfrage
       Bürgerschaftsabgeordneten Christiane Schneider (Die Linke) an den Senat als
       doppelt so hoch heraus wie vorab kalkuliert. Die Bürgerschaftsabgeordnete
       hält den Ausreisegewahrsam daher für ein „ebenso fragwürdiges wie teures
       Prestigeprojekt“, wie sie der taz sagte.
       
       23 Jan 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Leif Gütschow
       
       ## TAGS
       
   DIR Abschiebehaft
   DIR Asylsuchende
   DIR Abschiebung
   DIR Abschiebung Minderjähriger
   DIR Abschiebehaft
   DIR Abschiebehaft
   DIR Schwerpunkt Flucht
   DIR Abschiebung
   DIR Hamburg
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Initiative von Schleswig-Holstein: Kein Kind in Abschiebehaft
       
       Schleswig-Holstein hat eine Bundesratsinitiative gestartet, um
       Abschiebehaft für Kinder zu verbieten. Dem Vorschlag werden kaum Chancen
       eingeräumt.
       
   DIR Kommentar Beratung in Abschiebungshaft: Hier soll nichts vertuscht werden, oder?
       
       Die Mittel für Beratungen in Abschiebeknast einzustampfen, schadet nicht
       nur den Geflüchteten, sondern vor allem der Justizministerin.
       
   DIR Anwalt über Abschiebehaft: „Im Zweifel gegen die Freiheit“
       
       Anwalt Peter Fahlbusch führt Statistik darüber, wie oft seine Mandanten zu
       Unrecht in Abschiebungshaft saßen – 738 Menschen seit 2001. Ein
       Armutszeugnis, sagt er.
       
   DIR Verspätungen am Hamburger Flughafen: Asylbewerber flieht aus Abschiebehaft
       
       Am Hamburger Flughafen ist ein abgelehnter Asylbewerber aus der
       Abschiebe-Unterkunft geflohen. Am Donnerstag gab es deshalb mehrere
       Flugausfälle.
       
   DIR Abschiebegewahrsam am Hamburger Flughafen betriebsbereit: Spielplatz hinter Gittern
       
       Als erstes Bundesland setzt Hamburg um, was seit der Asylrechtsverschärfung
       möglich ist: Flüchtlinge vier Tage einzusperren, um sie einfacher
       abzuschieben.
       
   DIR Freiheitsentzug für Geflüchtete: Unterkunft mit Knast-Charakter
       
       Am Hamburger Flughafen wird das Fundament für eine Einrichtung zum
       „Ausreisegewahrsam“ gegossen. Die Behörden betonen, es sei kein
       Abschiebeknast.