URI: 
       # taz.de -- Sondierungen abgeschlossen: Spitzeneinigung ohne Spitzensteuer
       
       > Für die drei Parteichefs Merkel, Schulz und Seehofer stand viel auf dem
       > Spiel. Nun zeigen sich alle mit dem Sondierungsergebnis „hochzufrieden“.
       
   IMG Bild: Werden ihre Parteien mitmachen?
       
       Berlin dpa | Die Spitzen von CDU, CSU und SPD streben eine Neuauflage der
       großen Koalition an. Nach mehr als 24-stündigen Sondierungen einigten sich
       die drei Vorsitzenden, Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Martin
       Schulz (SPD), darauf, ihren Parteien die Aufnahme von offiziellen
       Koalitionsverhandlungen zu empfehlen, wie am Freitagmorgen in Berlin aus
       Teilnehmerkreisen zu erfahren war. Die SPD-Sondierungsgruppe stimmte dem
       Ergebnis der Spitzen einstimmig zu. Nun soll ein SPD-Sonderparteitag am 21.
       Januar noch Ja sagen.
       
       Die SPD-Spitze empfiehlt schon jetzt Koalitionsverhandlungen mit der Union.
       „Ich glaube, dass wir hervorragende Ergebnisse erzielt haben“, sagte
       SPD-Chef Martin Schulz am Freitag in Berlin. Bundeskanzlerin Merkel
       forderte am Freitagvormittag Koalitionsverhandlungen zur „Bildung einer
       stabilen Regierung“, Seehofer zeigte sich mit dem Sondierungsergebnis
       „hochzufrieden“
       
       Wie aus einem vorläufigen Sondierungspapier hervorgeht, das die Unionsseite
       einstimmig annahm, haben sich die Spitzen der drei Parteien auf eine
       Rückkehr zur paritätischen Finanzierung der gesetzlichen
       Krankenversicherung geeinigt. Demnach sollen die Beiträge wieder zu
       gleichen Teilen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern bezahlt werden. Zur Zeit
       werden 14,6 Prozent je zur Hälfte gezahlt, den Rest, der im Schnitt bei
       einem Prozentpunkt liegt, bezahlen die Arbeitnehmer alleine.
       
       Die von der SPD geforderten Anhebung des Spitzensteuersatzes soll nicht
       kommen. Nach Unions-Angaben soll es keine Steuererhöhungen geben. Das
       Rentenniveau soll bis 2025 bei 48 Prozent gehalten werden, das ist ein
       Wunsch der SPD gewesen.
       
       Dem Vernehmen nach wurde viele Stunden um die Finanzierung verschiedener
       kostspieliger Projekte in der Steuer-, Sozial- und Gesundheitspolitik
       gerungen. Obwohl die Wünsche der drei Parteien insgesamt an die 100
       Milliarden Euro teuer geworden wären, solle jetzt der finanzielle Spielraum
       von bis zu 45 Milliarden Euro eingehalten werden, hieß es. Die Union pochte
       dem Vernehmen nach angesichts der sprudelnden Steuereinnahmen auf die
       „schwarze Null“ – also den Verzicht auf neue Schulden im Bundeshaushalt.
       
       ## 28 Seiten Sondierungspapier
       
       Der Solidaritätszuschlag soll dem Vernehmen nach in dieser
       Legislaturperiode um 10 Milliarden Euro abgebaut werden. Das solle kleine
       und mittlere Einkommen betreffen. Das Kindergeld soll in zwei Schritten um
       25 Euro erhöht werden. Die Zuwanderung von Flüchtlingen solle in einer
       Spanne von 180.000 bis 220.000 begrenzt werden.
       
       Auch der Familiennachzug für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus
       soll sehr eng begrenzt werden. Er soll zunächst weiter ausgesetzt bleiben,
       bis eine Neuregelung gefunden ist, und dann auf 1.000 Menschen pro Monat
       begrenzt werden, wie aus Verhandlungskreisen zu erfahren war.
       
       Das vorläufige Sondierungspapier hat einen Umfang von 28 Seiten. In Berlin
       berieten am Morgen zunächst die jeweiligen Sondierungsgruppen über dessen
       Annahme. Anschließend sollte die große Gruppe der rund 40 Sondierer erneut
       zusammenkommen. Offen war zunächst, mit welcher Formulierung Schulz den
       Gremien seiner Partei die Aufnahme offizieller Koalitionsverhandlungen mit
       der Union vorschlagen wird.
       
       ## Streit bei Finanzen und Flüchtlingen
       
       Nach dem Debakel bei der Bundestagswahl dürfte die Hürde für die SPD-Spitze
       besonders hoch sein. Sie braucht für Koalitionsverhandlungen die Zustimmung
       eines Parteitags am 21. Januar in Bonn. Die SPD-Spitzen, voran Schulz,
       wollen in den nächsten Tagen bei der Parteibasis für eine Neuauflage der
       ungeliebten großen Koalition werben. Die Jusos wollen dagegen Widerstand
       mobilisieren. Auch Juso-Chef Kevin Kühnert tourt deswegen durch mehrere
       SPD-Landesverbände, wie er der dpa sagte.
       
       Bis zum Schluss rangen die Sondierer dem Vernehmen nach um die künftige
       Finanzpolitik sowie um den Bereich Migration und Flüchtlinge. Aber auch bei
       Themen wie Rente und Gesundheit hakte es lange Zeit. Ein Scheitern der
       Sondierungen war bis zuletzt nicht ausgeschlossen worden, ebenso eine
       Vertagung.
       
       12 Jan 2018
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
   DIR Schwerpunkt Angela Merkel
   DIR Horst Seehofer
   DIR Martin Schulz
   DIR Schwarz-rote Koalition
   DIR Soli
   DIR Lesestück Meinung und Analyse
   DIR SPD-Basis
   DIR Lesestück Meinung und Analyse
   DIR Landwirtschaft
   DIR Sondierung
   DIR SPD-Basis
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR VWL-Professor über Solidaritätszuschlag: „Gefährlich, den Soli abzuschaffen“
       
       Von den Steuerplänen der Union und SPD profitiert das reichste Fünftel,
       sagt Sebastian Dullien. Das Geld reiche außerdem gar nicht, um den Soli
       ganz abzuschaffen.
       
   DIR Debatte Sondierung abgeschlossen: Der Elefant im Raum
       
       Die Grokoverhandler wirken wie Beamte, die allen Deutschen etwas Gutes tun
       wollen. Nur den Klimaschutz übersehen sie geflissentlich.
       
   DIR Ralf Stegner über die GroKo-Sondierungen: „Die CSU hat mit Tricks gekämpft“
       
       Der SPD-Parteivize gibt sich skeptisch, will aber in
       Koalitionsverhandlungen mit der Union eintreten. Einige Punkte will er noch
       nicht aufgegeben.
       
   DIR Abgeschlossene GroKo-Sondierungen: Was sie wollen
       
       Über 25 Stunden am Stück verhandelten Union und SPD über ihre gemeinsamen
       Linien. Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick.
       
   DIR Kommentar Sondierung und Agrarziele: Alles und nichts
       
       Die bislang bekannten Vereinbarungen zu den Bereichen Landwirtschaft und
       Tierschutz sind enttäuschend und vor allem sehr vage formuliert.
       
   DIR Schweigegelübde der Groko-Sondierer: Vom Geheimnis, nichts zu sagen
       
       Anders als die Jamaika-Sondierungen sollen die Regierungsgespräche von
       Union und SPD so diskret wie möglich verlaufen.
       
   DIR Kommentar GroKo-Sondierung: Doppeltes Spiel
       
       Wenn es eine neue Große Koalition gibt, wird sie farb- und ideenlos sein:
       Die Spielräume sind eng. Union und SPD sind angeschlagen.