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       # taz.de -- Kommentar Abschiebung aus Deutschland: Gefährder ist nicht gleich Gefährder
       
       > Paragraf 58a ermöglicht eine schnellere Ausweisung von Dschihadisten. Ein
       > Problem: Er unterscheidet kaum zwischen Migranten und Inländern.
       
   IMG Bild: An der Gedenkstätte am Breitscheidplatz liegen am 19. Dezember 2017 weiße Rosen
       
       Die Radikalisierung von Islamisten vollzieht sich oft in atemberaubendem
       Tempo. Häufig ist das keine langsame, schleichende Entwicklung, sondern ein
       fast schon sprunghaftes Aufgehen in einer neuen dschihadistischen
       Identität. Einige Gefährder sind zudem psychisch labil, was die Entwicklung
       umso unberechenbarer macht.
       
       Wenn es nicht mehr nur um radikale Äußerungen, um Hass und Beleidigungen
       geht, sondern um drohende Anschläge – und damit um Menschenleben –, dann
       ist eine schnelle staatliche Reaktion erforderlich und eben auch [1][eine
       Abschiebung im Eilverfahren]. Man kann nicht auf den Beginn von
       „Vorbereitungshandlungen“ warten, wenn ein Dschihadist wie in Hamburg im
       vergangenen Sommer im Supermarkt ein Messer kauft und sofort auf Menschen
       einsticht. Bei vielen Anschlägen gibt es kaum noch Vorbereitungshandlungen.
       
       Dass Islamisten Deutschland verlassen müssen, weil man sie für gefährlich
       hält, ist nicht neu. Früher gingen die Behörden aber in zwei Schritten vor.
       Erst wurde per Ausweisung das Aufenthaltsrecht beendet, dann wurde (wenn
       möglich) die Abschiebung vollzogen. Auf beiden Stufen gab es die
       Möglichkeit zu klagen, das konnte Jahre dauern. Die Abschiebungsanordnung
       nach Paragraf 58a zieht nun das Prozedere zu einem Schritt zusammen und
       gibt nur in einer Instanz Rechtsschutz – gleich beim
       Bundesverwaltungsgericht nämlich. Dort werden die Fälle durchaus gründlich
       geprüft. Niemand wird nur deshalb abgeschoben, weil ihn die Polizei intern
       als Islamist eingestuft hat.
       
       Ansonsten gelten die üblichen Regeln. In Krieg und Bürgerkrieg werden auch
       gefährliche Islamisten nicht abgeschoben. Ein Syrer, der als Gefährder
       eingestuft worden ist, muss zurzeit nicht nach Syrien zurück, sondern kann
       in Deutschland bleiben. Oft wird sogar eine Zusicherung vom Zielstaat
       verlangt, dass der Islamist dort rechtsstaatlich behandelt wird.
       
       Bedenklich ist an der neuen harten Linie vor allem eines: Sie unterscheidet
       kaum zwischen Ausländern, die erst seit Kurzem in Deutschland leben, und
       faktischen Inländern, die hier geboren und aufgewachsen sind. Für einen
       Ausländer, der sich als Student oder Asylantragsteller nur einige Jahre
       hier aufhielt, ist eine Abschiebung lange nicht so einschneidend wie für
       jemanden, für den Deutschland trotz aller ideologischer Distanz so etwas
       wie die Heimat ist. Eine solche „Verbannung“ sollte nicht möglich sein.
       Hier muss die Politik, oder Karlsruhe, korrigieren.
       
       25 Jan 2018
       
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