# taz.de -- Kolumne Familie und Gedöns: Ein genderneutraler König
> Die Faschingszeit steht vor der Tür. Manchmal kollidieren dabei kindliche
> Verkleidungswünsche mit den Vorstellungen der Eltern.
IMG Bild: Fasching jenseits von Stereotypen: bunt und fröhlich
Gefühlt war eben noch Weihnachten, da steht schon das nächste
Familienhighlight auf dem Programm – Fasching in Kindergarten und Schule.
Zwei Wochen bleiben mir noch bis zur ausgelassenen Sause. Aber nach den
Erfahrungen der letzten Jahre (ich am Vorabend des Fests bis in die tiefe
Nacht hinein nähend, klebend und bastelnd) habe ich mir geschworen, diesmal
rechtzeitig mit den Vorbereitungen anzufangen.
Wozu der ganze Aufwand? Im Osten wird doch gar kein Fasching gefeiert, mag
jetzt der ein oder andere denken. Doch weit gefehlt. Ende der 1980er Jahre
bestritten die 1.344 offiziell registrierten Karnevalsclubs jedes Jahr
120.000 Veranstaltungen mit etwa 6,5 Millionen Besuchern. Das närrische
Treiben oszillierte dabei zwischen scharfzüngiger Kritik an den
Verhältnissen und staatlich organisiertem Verkleidungsgebot.
Heute ist das Sichverkleiden in den großen Städten nur noch für die Kleinen
festes Ritual. Und so sitze ich also meinen eigenen Kindern beim Abendbrot
gegenüber und stelle die Frage, die meine Mutter mir früher gestellt hat:
„Als was wollt ihr denn gehen?“
Die Zehnjährige möchte eine Römerin sein. Während ich mich schon Laken in
mehreren Lagen um ihren Körper wickeln sehe, trifft mich die Antwort des
Vierjährigen unvorbereitet. „Ich geh als Polizist“, verkündet er energisch.
„Als Polizist!?“ Ein Plastikset mit Handschellen, Pistole und Schlagstock
schiebt sich vor das Römergewand in meinem Kopf.
Während ich grüble, ob die Abnabelung vom linksliberalen Elternhaus bei
manchen Kindern schon im Kindergartenalter beginnt und wann genau das mit
der genderneutralen Erziehung eigentlich gescheitert ist, kommt mein Sohn
mir zuvor. „König wär auch okay.“ Ich atme aus. Mit der von ihm selbst
zusammengestellten Montur aus Stoffkrone, bodenlangem weißem Schleier und
Laserschwert kann ich gut leben. Vielleicht wird es ja sogar ein König mit
Lidstrich oder Lipgloss. Seit Neuestem beobachtet er ganz interessiert, wie
ich mich schminke.
28 Jan 2018
## AUTOREN
DIR Nadja Mitzkat
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