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       # taz.de -- Kommentar Humboldt Forum in Berlin: Weg mit den kolonialen Souvenirs
       
       > Koloniale Beute soll das wiedererrichtete Berliner Schloss füllen. Man
       > sollte sie Stück für Stück wieder zurückgeben – bis die ganze
       > Betonattrappe leer ist.
       
   IMG Bild: Der Schrumpfkopf gehört nicht ins Museum, sondern zurück ins Herkunftsland
       
       Erinnert sich noch jemand an die Eröffnung des Jüdischen Museums in Berlin?
       Oder an das Neue Museum bei seiner Auferstehung aus Ruinen durch die
       fantastisch gelungene Restaurierung? Diese beiden bis heute zu Recht viel
       besuchten Berliner Museen boten gleich zu Beginn einen echten Knaller. Sie
       zeigten sich wenige Tage lang nackt, ohne Ausstellungsobjekte, Architektur
       pur. Beide wurden da schon zu Publikumsmagneten.
       
       Diese Leere sollte eine Lehre sein – ein Ansporn für alle, die heute [1][um
       ein Nutzungskonzept] für das als potemkinsche Betonattrappe wieder
       errichtete Berliner Stadtschloss ringen. Denn Leere könnte die Rettung sein
       für das verkorkste Projekt. Nur diesmal nicht als Ausgangspunkt, sondern
       als Ziel – vor allem für die Ethnologische Sammlung, die das Herzstück des
       euphemistisch „Humboldt Forum“ getauften Preußenschlosses werden soll.
       
       Die Sammlung von Booten aus der Südsee über Masken aus Angola bis hin zu
       Schrumpfköpfen aus dem Amazonastiefland ist zweifelsohne hochkarätig. Aber
       sie hat ein durchgängiges Problem: Es handelt sich im Wesentlichen um
       Souvenirs von Kolonialreisenden, bei denen man sich – selbst wenn
       ausnahmsweise der „Erwerb“ wenigstens für Zeitgenossen gerecht erschienen
       sein sollte – fragt, mit welchem Recht sie heute noch von Deutschland als
       Eigentum betrachtet werden.
       
       Deshalb: Bringt sie her, die Ethnologische Sammlung, räumt die Archive in
       Gänze leer und stellt all diese Kulturgüter komplett ins Berliner Schloss.
       Holt sie in die Mitte der Gesellschaft, um begreifbar zu machen, dass
       Deutschland hier noch eine Bringschuld hat. Eine Zurückbring-Schuld.
       
       Eine Ausstellung als Aufgabe – im doppelten Wortsinn. Startet
       Forschungsprojekte, sucht passende Sponsoren und macht den Rücktransport
       zum gesellschaftlichen Event. Für. Jedes. Einzelne. Stück. Bis das Schloss
       irgendwann wieder leer ist. Das wäre ein angemessener Umgang mit diesem
       Teil deutscher Geschichte.
       
       Und dann? Dann könnte man diese Leere einfach mal aushalten. Als Freiraum,
       der zum Denken inspiriert.
       
       29 Jan 2018
       
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