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       # taz.de -- Behindertenbeauftragter über Pädagogik: „Vor Versorgungslücken gewarnt“
       
       > An der Universität Bremen wird Ende des Jahres ein neuer Studiengang für
       > „Inklusive Pädagogik“ starten – und zwar für Oberschul- und
       > Gymnasiallehrer.
       
   IMG Bild: Inklusive Pädagogik soll alle fördern
       
       taz: Herr Steinbrück, an der Uni Bremen wird ein neuer Studiengang für
       Inklusive Pädagogik für Oberschul- und GymnasiallehrerInnen starten. Besser
       spät als nie? 
       
       Joachim Steinbrück: Man könnte es auch zynisch formulieren: Es gab
       Verzögerungen, weil man zuerst noch den alten Studiengang
       Behindertenpädagogik abwickeln musste. Dort wurde ja auch für das Lehramt
       ausgebildet. Etwa im Jahr 2006/2007 haben das Wissenschaftsressort und die
       Uni entschieden, den Studiengang zu schließen. Das war zu einer Zeit, in
       der die UN-Behindertenrechtskonvention bereits verabschiedet worden war.
       
       Man hätte also auf Inklusion schon damals eingestellt sein müssen? 
       
       Gegen die Schließung des Studiengangs Behindertenpädagogik gab es
       entsprechend viel Kritik – von der Lebenshilfe, den Elternvertretungen, der
       GEW und auch von mir. Wir haben davor gewarnt, dass Versorgungslücken
       geschaffen werden. 2009 ging Bremen dann mit der Schulreform den Weg in
       Richtung Inklusion.
       
       Wie stark gefährdet der nun bestehende Mangel an LehrerInnen die
       Inklusion? 
       
       Ich halte das Bremer Bildungssystem grundsätzlich für unterfinanziert. Und
       gleichzeitig war es schon länger nicht nur ein Geldproblem, dass zu wenig
       Lehrerinnen und Lehrer eingestellt wurden, sondern es ist schwer,
       vorhandene Stellen zu besetzen. Das führt zu den extremen Engpässen.
       Bundesweit ist der Markt für sonderpädagogische Lehrkräfte heute
       leergefegt. 
       
       Wie konnte es zu diesen Engpässen kommen? 
       
       Es ist völlig falsch eingeschätzt worden, dass der Bedarf so stark
       ansteigt. An der Uni gibt es ein Weiterbildungsprogramm für Lehrerinnen und
       Lehrer in Inklusive Pädagogik. Das ist wichtig. Vielleicht hat man zunächst
       gedacht, man könnte den Bedarf damit decken. Bis nun ein neuer Studiengang
       an der Uni aufgebaut wurde, der nicht mehr die klassische Sonderpädagogik,
       sondern das Thema Inklusion im Blick hat, hat es dann schon einige Zeit
       gedauert. Ich freue mich darüber, hätte mir den Studiengang nur zwei bis
       drei Jahre früher gewünscht.
       
       Wo liegt der Unterschied zwischen Sonderpädagogik und Inklusive Pädagogik? 
       
       Inklusion heißt ja nicht nur, sich um Kinder mit Beeinträchtigungen zu
       kümmern, sondern den Umgang mit Vielfalt in jeglicher Hinsicht im Blick zu
       haben, also differenzierten Unterricht anzubieten, etwa auch für
       Hochbegabte. Ich finde es äußerst positiv, dass dies nun in der
       Lehrerausbildung so eine große Rolle spielt. 
       
       Warum ist es so eine Besonderheit, dass in Bremen nun auch Gymnasiallehrer
       im Fachbereich Inklusive Pädagogik ausgebildet werden? 
       
       Die Oberschulen tragen die Hauptlast in der Inklusion. Gymnasien haben
       bislang wenig zu tun mit Schülern mit kognitiven Beeinträchtigungen oder
       mit Förderschwerpunkten beim Lernen, bei der Sprache und dem Verhalten. Ich
       weiß nicht, ob insoweit auch die Haltung der Gymnasiallehrer eine Rolle
       spielt. Ich selbst habe die leidvolle Erfahrung gemacht, dass ich wegen
       meiner damaligen Sehbehinderung das Gymnasium verlassen musste und einer
       Sonderschule zugewiesen wurde. Heute wäre das wohl kein Thema mehr.
       
       Da sind Sie optimistisch? 
       
       Ja, so habe ich erst am Wochenende über die renommierte Sporthochschule in
       Köln erfahren, dass dort die Lehramtsausbildung für Sportlehrer die
       Aufgabenstellung beinhaltet, auch behinderte Schüler und Schülerinnen im
       Sportunterricht mit einzubeziehen. Inklusion ist inzwischen an den
       Hochschulen schon mehr angekommen, als es an vielen Schulen der Fall ist.
       Die angehenden Lehrkräfte werden tatsächlich auf die Inklusion vorbereitet.
       
       31 Jan 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jean-Philipp Baeck
       
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