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       # taz.de -- Atombrennstäbe sollen nach Schweden: Fragwürdige Grundlage
       
       > Vattenfall exportiert defekte Brennstäbe – mit Zustimmung von Barbara
       > Hendricks und Robert Habeck. Kritiker halten das für illegal.
       
   IMG Bild: Stillgelegtes Atomkraftwerk Brunsbüttel: Die Brennelemente sollen jetzt nach Schweden gebracht werden
       
       Berlin taz | Der geplante Export von Brennstäben aus dem stillgelegten
       Atomkraftwerk Brunsbüttel in eine schwedische Forschungseinrichtung
       verstößt nach Ansicht von Umweltverbänden gegen geltendes Atomrecht. „Der
       Plan des AWK-Betreibers, die strahlenden Abfälle nach der Untersuchung
       dauerhaft in Schweden zu belassen, verstößt gegen das Exportverbot für
       Atommüll nach dem Standortauswahlgesetz“, erklärte Jochen Stay, Sprecher
       der Anti-Atom-Initiative Ausgestrahlt. Auch BUND-Atomexperte Thorben Becker
       meint: „Mit dieser Entscheidung wird das Exportverbot unzulässig
       ausgehebelt.“ Beide Verbände prüfen darum rechtliche Schritte gegen die
       Genehmigung.
       
       Der schwedische Energiekonzern Vattenfall hatte am Dienstag bekannt
       gegeben, dass er 13 defekte Brennstäbe von Brunsbüttel an das schwedische
       Unternehmen Studsvik Nuclear schicken will. Dort solle erforscht werden,
       wie diese sicher gelagert werden können. Gegen diese Forschung haben auch
       die Atomkraftgegner nichts einzuwenden. Sie stört, was anschließend mit
       ihnen passieren soll: „Die Reste der Brennstäbe verbleiben nach Ende der
       Untersuchung bei Studsvik“, teilt Vattenfall mit.
       
       Dass dieser Export illegal sei, weist das von Barbara Hendricks (SPD)
       geführte Bundesumweltministerium auf taz-Anfrage zurück. Das
       Standortauswahlgesetz verbiete nur den Export von Atommüll „zum Zweck der
       Endlagerung“, doch das sei in diesem Fall nicht gegeben, argumentiert eine
       Sprecherin: „Die Brennstäbe werden zu Forschungszwecken und nicht zu ihrer
       Endlagerung nach Schweden verbracht.“ Dass sie dort dauerhaft verbleiben
       sollen, spielt für das Ministerium dabei keine Rolle.
       
       Diese Interpretation stößt auch bei der Grünen-Atomexpertin Sylvia
       Kotting-Uhl auf Kritik. „Mit der Endlagerung im Ausland bin ich nicht
       einverstanden“, sagte sie der taz. „Das ist nicht im Sinne des
       Standortauswahlgesetzes, das ist auch juristisch spitzfindig und nicht
       herauszulesen.“ Ihr frisch gewählter Parteichef Robert Habeck hat mit dem
       Export hingegen keine Probleme. „Hier geht es um ein Forschungsprojekt, das
       über die Sicherheit der langen Lagerung Aufschluss geben kann“, sagte er
       der taz. Das von Habeck geführte schleswig-holsteinische Energieministerium
       hat darum die Zustimmung erteilt, die Brennstäbe für den Transport
       vorzubereiten.
       
       ## Entsorgung ungeklärt
       
       Um das Exportverbot für Atommüll war im Rahmen der Neureglung der
       Endlagersuche heftig gerungen worden. Die Bundesregierung hatte dabei stets
       bestritten, dass es Schlupflöcher gebe. „Ich finde es bedenklich, dass das
       Umweltministerium gleich bei der ersten Gelegenheit nachgibt“, sagt darum
       Thorben Becker vom BUND. Er befürchtet, dass die Entscheidung zum
       „Türöffner für weitere Exporte dieser Art“ werden könnte. Denn im AKW
       Krümmel lagern noch viele weitere defekte Brennelemente, deren Entsorgung
       bisher ungeklärt ist.
       
       Ausgestrahlt-Sprecher Stay vermutet hinter dem Export zudem wirtschaftliche
       Motive: „Vattenfall kann mit dem illegalen Export Kosten sparen und schafft
       sich ein Problem vom Hals, da es bisher für defekte Brennstäbe kein
       überzeugendes Zwischenlagerkonzept gibt“, sagt er. Nach Auskunft von
       Vattenfall bezahlt das Unternehmen den schwedischen Empfänger für den
       Forschungsauftrag und die damit verbundene Übernahme der Brennstäbe.
       
       31 Jan 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Malte Kreutzfeldt
       
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