URI: 
       # taz.de -- Landtagswahl in Bayern im Herbst: Bayerische Grüne suchen Weltretter
       
       > Die Öko-Partei will Markus Söder herausfordern. Dafür bestimmt sie nun
       > ihre Spitzenkandidaten. Das Ziel: Schwarz-Grün.
       
   IMG Bild: Ist als Spitzenkandidatin gesetzt: Katharina Schulze
       
       München taz | Das Szenario mutet bekannt an: Die Grünen bestimmen in einer
       Urwahl die beiden Spitzenkandidaten für die Wahl. Die Frau ist gesetzt, es
       gibt nur eine Kandidatin, die amtierende Fraktionsvorsitzende. Für den
       männlichen Teil des Spitzenduos kandidiert ebenfalls der Fraktionschef,
       aber nicht nur er. Was vor rund einem Jahr die Ausgangssituation für den
       Mitgliederentscheid über die Spitzenkandidatur für die Bundestagswahl war,
       wiederholt sich nun auf Bayern-Ebene. Gesucht wird ein Duo, das bei der
       Landtagswahl im Herbst gegen den CSU-Frontmann Markus Söder in die Schlacht
       zieht.
       
       Bei sieben Urwahlforen in allen bayerischen Bezirken konnten sich die
       Mitglieder im Dezember und Januar ein Bild von den Kandidaten machen, bis
       zum heutigen Freitag konnten sie sich entscheiden. Die erste Runde fand in
       einer Münchner Konzerthalle statt, die letzte in einem Augsburger Café. Je
       nach Zählung und Ort wurden zwischen 50 und 100 der etwa 9.000 bayerischen
       Grünen gesichtet. Geboten wurde statt kontroversem Wahlkampf eine große
       Harmonie-Show. Die Protagonisten: Katharina Schulze und Ludwig Hartmann,
       die beiden Fraktionschefs im Landtag, sowie Thomas Gehring,
       Landtagsabgeordneter.
       
       Man unterhielt sich über Flächenfraß und Digitalisierung, über Bildung, den
       ÖPNV und die dritte Startbahn des Münchner Flughafens. So richtig uneinig
       war man sich bei keinem der Themen. Klar: „Wir kommen ja nicht aus
       unterschiedlichen politischen Lagern“, sagt Gehring. „Es geht bei der Wahl
       des Spitzenkandidaten mehr um die Person, um die Art des Auftretens.“
       
       Und selbst in dieser Einschätzung ist er sich noch mit seinem Kontrahenten
       einig: Man müsse in einer Demokratie eben auch ein Angebot machen, sagt
       Hartmann. Von Gehring unterscheide ihn nur die Art, wie man Politik macht,
       keine Inhalte. „Ich trete für etwas, nicht gegen jemanden an.“
       
       ## Geschlossenheit bei den bayrischen Grünen ist stark
       
       Nun ist die Geschlossenheit bei den bayerischen Grünen ohnehin recht stark,
       wenn man sie mit der Bundespartei vergleicht. „Diese nervige Flügeldebatte
       haben wir zum Glück in Bayern gar nicht“, freut sich Hartmann, seines
       Zeichens Realo – wie auch seine beiden Mitbewerber. Was natürlich nicht
       heißt, dass man sich bei seinen Zielen allzu bescheiden geben muss.
       
       So bekennt Schulze, sie sei bei den Grünen, „weil ich die Welt retten
       will“. Und Hartmann will seine Partei immerhin zur zweitstärksten im
       bayerischen Landtag machen. Ein ambitioniertes Ziel: Bislang sehen noch
       alle Umfragen die SPD auf Platz zwei und an dritter Stelle mitunter sogar
       die AfD.
       
       Dass Katharina Schulze die einzige Kandidatin ist, finden einige in der
       Partei befremdlich, die 32-Jährige selbst kann natürlich am wenigsten
       dafür. Doch es ist bezeichnend für ein Problem, das Bayerns Grüne
       tatsächlich haben: einen Mangel an bekannten Köpfen. Margarete Bause,
       Schulzes Vorgängerin als Fraktionschefin, hat sich gerade in den Bundestag
       verabschiedet.
       
       Bayerns wohl bekannteste Grüne, Claudia Roth und Anton Hofreiter, sitzen
       schon dort. Christian Magerl, profilierter Naturschützer in der
       Landtagsfraktion, will dieses Jahr nicht mehr antreten. Nach der Wahl
       dürften Hartmann und Gehring die dienstältesten Grünen-Abgeordneten sein –
       mit gerade mal zwei Legislaturperioden Landtagserfahrung. Aber auch
       Politiker, die eine Baerbock-Habecksche Aufbruchstimmung versprühen,
       fehlen.
       
       Und einen wie Sepp Daxenberger sucht man heute in der Partei ohnehin
       vergeblich. Er war das Paradebeispiel für den volksnahen Grünen-Politiker.
       Bauer, Katholik, Goaßlschnalzer, Lederhosen, Freiwillige Feuerwehr sowieso
       – Daxenberger hatte alles, womit man sonst bei der CSU Karriere macht. So
       wurde er Bürgermeister, Partei- und Fraktionschef. Als er 2010 mit nur 48
       Jahren an Krebs starb, war das nicht nur ein persönlicher Verlust für seine
       Parteifreunde.
       
       ## Schulze hat rasante politische Karriere hinter sich
       
       Bei der Urwahl geht es nun letzten Endes darum, wen die Partei Katharina
       Schulze an die Seite stellen will. Die in Freiburg geborene und in
       Herrsching aufgewachsene Wahlschwabingerin hat eine sehr rasante politische
       Karriere hinter sich: Gerade mal zwei Jahre in der Partei, war sie bereits
       Chefin der Münchner Grünen, und noch mal zwei Jahre später zog sie in den
       Landtag ein – als zweitjüngste Abgeordnete. Sie war das Gesicht des
       Protests gegen die dritte Startbahn des Münchner Flughafens, der letztlich
       zu einem „Nein“ beim Bürgerentscheid 2012 führte. Gemeinsam mit Hartmann
       stand sie an vorderster Front beim Kampf gegen die Münchner
       Olympiabewerbung. Ihr Kernthema: Rechtsextremismus.
       
       Hartmann, aus Landsberg am Lech stammend, aber längst auch in München
       heimisch geworden, steht für grüne Klassiker wie Energiewende, giftfreie
       Landwirtschaft oder den Kampf gegen den Flächenfraß. Letzteren führt der
       39-Jährige aktuell mit einem von ihm initiierten Volksbegehren. Er und
       Schulze verkörpern beide den Typus der jungen Großstadtgrünen aus
       Oberbayern und dürften auch diese Klientel in besonderem Maße ansprechen.
       
       Hier fällt tatsächlich Thomas Gehring etwas aus der Reihe, könnte somit im
       Duo mit Schulze ein breiteres Spektrum abdecken. „Bayern ist mehr als
       München und Oberbayern“, sagt er und hält sich zugute, dass er noch andere
       Wählerschichten erreichen könne, „eher im konservativen Publikum“. Er sei –
       Achtung: Seitenhieb! – „kein junger Karrierepolitiker“ und stehe für eine
       „andere grüne Glaubwürdigkeit“. Gehring ist Allgäuer, kommt vom Land und
       ist bereits 59 Jahre alt. Sein Themenschwerpunkt ist die Bildungspolitik.
       
       Mit dem designierten Ministerpräsidenten Markus Söder steht den Grünen auf
       CSU-Seite ein klares Feindbild gegenüber. Den Landtagswahlkampf könnte das
       mitunter leichter machen. Aber danach? „Wir wollen regieren“, lautet die
       Devise aller drei Kandidaten. Und tatsächlich könnte eine Konstellation
       eintreten, bei der Schwarz-Grün eine rechnerische Möglichkeit wäre.
       
       Einer aktuellen Umfrage zufolge wäre diese Koalition den Bayern sogar die
       liebste. Aber Söder mit Schulze und Co. an einem Verhandlungstisch – die
       Vorstellung fällt noch immer schwer. Zumal mit der SPD mindestens eine
       andere Partei bereitstünde, die laut von der Regierungsbeteiligung träumt.
       
       3 Feb 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominik Baur
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Landtagswahl Bayern
   DIR Grüne Bayern
   DIR Spitzenkandidaten
   DIR Katharina Schulze
   DIR Grüne Bayern
   DIR Naturschutz
   DIR Umwelt
   DIR Schwerpunkt AfD
   DIR Bayern
   DIR Schwerpunkt Landtagswahlen
   DIR Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Bayerns Grüne vor der Landtagswahl: Das Unmögliche als Ziel
       
       Bayerns Grüne sind mit bis zu 16 Prozent zweitstärkste Kraft. Doch
       Schwarz-Grün ist keine Option, finden Katharina Schulze und Ludwig
       Hartmann.
       
   DIR Naturschutz in Bayern: Wie die CSU den Flächenfraß anheizt
       
       In Bayern scheiterte ein Volksbegehren, das den Flächenverbrauch bremsen
       wollte. Die CSU wird das Thema im Wahlkampf nicht los.
       
   DIR Keine Eindämmung des Flächenfraßes: Volksbegehren in Bayern gestoppt
       
       Ein Volksbegehren gegen die Zubetonierung der Landschaft wird es in Bayern
       nicht geben. Das Gericht sieht die kommunale Planungshoheit gefährdet.
       
   DIR Bundestagsabgeordneter zu grüner Politik: „Ich komme ja vom Dorf“
       
       Erhard Grundl ist der neue kulturpolitische Sprecher der Grünen – ein
       Quereinsteiger wie aus dem Bilderbuch. Ein Gespräch über Musik, Armut und
       die AfD.
       
   DIR Landtagswahlkampf in Bayern: Zwei Grüne für Söder (notfalls)
       
       Katharina Schulze und Ludwig Hartmann ziehen als Spitzenduo der Grünen in
       den bayerischen Wahlkampf. Sie wollen die Demokratie verteidigen.
       
   DIR Winterklausur der CSU in Kloster Banz: Söder kümmert sich jetzt
       
       Wohnen, pflegen, abschieben: Markus Söder startet ins bayerische Wahljahr.
       Populistische Parolen vermeidet er. Hat sich da einer neu erfunden?
       
   DIR CSU nach Ende der Sondierungen: Jamaika ist tot, es lebe Bayern
       
       Nach dem Jamaika-Aus kann sich die CSU voll und ganz auf ihre Grabenkämpfe
       konzentrieren. Doch wer kann hier eigentlich was gewinnen?