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       # taz.de -- Bilanz von Schwarz-Grün in Hessen: Lautlose regieren mit Geräuscharmen
       
       > Ministerpräsident Bouffier (CDU) und sein Vize Al-Wazir loben das erste
       > schwarz-grüne Bündnis auf Landesebene. Fortsetzung? Unwahrscheinlich.
       
   IMG Bild: Dream-Team: Volker Bouffier und Tarek Al-Wazir passen gut zusammen. Sagen sie
       
       FRANKFURT taz | Neun Monate vor der hessischen Landtagswahl am 28. Oktober
       haben Ministerpräsident Volker Bouffier, CDU, und sein grüner
       Stellvertreter, Tarek Al-Wazir, am Mittwoch eine positive Bilanz der
       bundesweit ersten schwarz-grünen Koalition in einem Flächenland gezogen.
       
       In diesem Jahr werde das Land Hessen so viel investieren, wie nie zuvor,
       ohne neue Schulden aufzunehmen, sagte Bouffier vor Journalisten. Nie habe
       es eine höhere Beschäftigungsquote gegeben, die Zahl der Schulabbrecher sei
       niedriger, als in jedem anderen Bundesland, so der Ministerpräsident: „Es
       läuft“, so sein Fazit.
       
       Auch sein grüner Stellvertreter Al-Wazir versicherte: „Es hat sich
       gelohnt“. Geräuschlos sei es gelungen, den Flächenanteil der ökologischen
       Landwirtschaft zu steigern. Bei den Investitionen habe schwarz-grün die
       Richtung geändert. Beim Straßenbau sei der Schwerpunkt weg vom Neubau hin
       zur Sanierung verändert worden. Bei der Breitbandverkabelung liege das Land
       unter den drei besten Flächenländern.
       
       Beide lobten den Stil ihrer Zusammenarbeit. Gestritten werde intern: „Da
       geht’s auch schon mal zur Sache“, sagte Al-Wazir. „Aus unseren Beratungen
       wird nicht getwittert, sonst wäre die Veranstaltung mit mir beendet,“
       versicherte Bouffier. Hinter verschlossenen Türen um die Sache ringen,
       öffentlich gemeinsam sinnvolle Kompromisse zu vertreten, das komme bei den
       BürgerInnen besser an, als öffentlicher Streit, versicherten beide Partner.
       „Wir gackern weniger laut, als die anderen, legen aber die schönsten Eier“,
       sagte Al-Wazir.
       
       ## Grüne zahlten hohen Preis
       
       Der Kasseler Politikprofessor Wolfgang Schroeder zieht dagegen eine
       kritische Bilanz der schwarz-grünen Koalition. „Ihre Leistung ist vor
       allem, dass sie zusammengefunden und alle Konflikte geräuschlos umschifft
       haben.“ Damit sei jedoch ein Kernmoment grüner Politik weggefallen, nämlich
       dass Konflikte mit offenem Visier Konflikte austragen werden. „Die Grünen
       haben für diese Stabilität und Geräuschlosigkeit bezahlt mit weniger
       Leidenschaft, weniger Gestaltung, weniger Profil“, so Schroeder zur taz.
       
       Als eines von mehreren Beispielen nannte Schroeder das Wachstum des
       Frankfurter Flughafens und den beabsichtigten Einsatz von Staatstrojanern.
       „Da haben die Grünen nicht nur ressortarbeitsteilig den Christdemokraten
       den Vortritt gelassen, sondern auch ihre eigene Programmatik beschädigt,
       und ihre Überzeugungskraft als eine ökologische Partei, die die
       Bürgerrechte schützt, eingebüßt.“
       
       ## CDU ist der große Verlierer
       
       Allerdings sieht Schroeder die CDU noch stärker beschädigt. „Die CDU ist
       der größte Verlierer dieser Koalition. Indem sie auf die Grünen zugegangen
       ist, hat sie ihr traditionell kämpferisch konservatives Profil beschädigt.“
       
       Zur Landtagswahl wollen beide Partner ohne feste Koalitionsaussage
       antreten. Nach einer Umfrage, die infratest dimap im Auftrag des hessischen
       Rundfunks in der vergangenen Woche erhoben hat, würden CDU (31%) und Grüne
       (12%) im nächsten Landtag auch zusammen nicht über eine Mehrheit verfügen.
       Denkbar wäre nach den aktuellen Zahlen allenfalls eine Jamaika Koalition,
       von CDU, Grünen und FDP (8%). Da aktuell auch die Linke (8%) und die AfD
       (12%) dem künftigen Landtag angehören würden, bliebe der SPD (25%) auch in
       Hessen lediglich die Machtoption einer Großen Koalition.
       
       Schroeder rechnet mit einer schwierigen Regierungsbildung nach der nächsten
       Landtagswahl. „Für die BürgerInnen ist die politische Landschaft
       unübersichtlicher geworden. Wenn im nächsten Landtag sechs Parteien
       vertreten sind, wird es ähnlich schwierige Sondierungen geben, wie wir sie
       jetzt im Bund erleben“, sagte Schroeder der taz.
       
       24 Jan 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christoph Schmidt-Lunau
       
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