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       # taz.de -- Bürgermeisterposten in Hamburg vakant: Ein Kronprinz und zwei Außenseiter
       
       > Olaf Scholz soll Vize-Kanzler und Bundesfinanzminister werden. Sein
       > Nachfolger als Hamburger Bürgermeister dürfte SPD-Fraktionschef Andreas
       > Dressel werden.
       
   IMG Bild: Platzwechsel im Hamburger Rathaus: Olaf Scholz (links) und Fraktionschef Andreas Dressel
       
       HAMBURG taz | Hamburg wird sich auf einen Wechsel im Rathaus einstellen
       müssen. Bürgermeister Olaf Scholz soll in die Bundespolitik zurückkehren:
       als Finanzminister und Vize-Kanzler soll er der starke Mann der SPD in
       einer neuen Großen Koalition werden. Das ist der Stand der Personaldebatte
       nach der grundsätzlichen Einigung von Union und SPD auf eine Fortsetzung
       ihres Regierungsbündnisses. Wenn die SPD-Basis im Mitgliederentscheid die
       Koalitionsvereinbarungen billigt, wird der 59-jährige Scholz erneut in der
       Bundespolitik mitmischen, wie schon von 1998 bis 2011 als
       Bundestagsabgeordneter und zeitweilig als Bundesarbeitsminister.
       
       Als sein Nachfolger im Rathaus steht Fraktionschef Andreas Dressel bereit.
       Der 43-Jährige, der seit sieben Jahren die SPD-Abgeordneten in der
       Bürgerschaft führt, ist in Fraktion und Partei anerkannt und gilt als
       integrativ und führungsstark. Notfalls redet der stets freundliche
       Zwei-Meter-Hüne Dressel so lange in immer neuen Formulierungen immer wieder
       dasselbe, bis der Gesprächspartner ermattet aufgibt.
       
       Zwei weitere Namen für die Scholz-Nachfrage werden lanciert: Innensenator
       Andy Grote, erst seit zwei Jahren im Amt, und Bürgerschaftspräsidentin
       Carola Veit. Beide haben nur Außenseiterchancen. Gleiches gilt für
       Sozialsenatorin Melanie Leonhard und die Bundestagsabgeordnete Aydan
       Özoguz.
       
       Allerdings wird noch ein Posten zu vergeben sein. Scholz ist als erster
       SPD-Mann Bürgermeister und zugleich Parteivorsitzender in Hamburg,
       ansonsten galt stets die Trennung von Amt und Mandat. Wahrscheinlich wird
       er auch den Parteivorsitz aufgeben, und wahrscheinlich werden beide Posten
       wieder getrennt werden.
       
       Offiziell wird in Hamburgs SPD die Sache kleingeredet. Vor der Suche nach
       einem Scholz-Nachfolger müsse der Mitgliederentscheid der Parteibasis
       positiv ausfallen. „Sollten sich aus einem positiven Votum und der
       Kabinettsbildung in Berlin Nachfolgefragen in Hamburg stellen, werden wir
       zur gegebener Zeit solidarisch und gemeinschaftlich in Partei und Fraktion
       einen Personalvorschlag unterbreiten“, sagt ausgerechnet Dressel.
       
       Für den Koalitionspartner ist das kein Grund zur Sorge. „Wir werden als
       Rot-Grün weiterhin schlagkräftig zusammenarbeiten und regieren“, glaubt
       Fraktionschef Anjes Tjarks, den mit seinem Noch-Amtskollegen Dressel ein
       enges Vertrauensverhältnis verbindet.
       
       Die Opposition drängt hingegen auf Klarheit. Scholz müsse „die unsäglichen
       Diskussionen um seine künftige Rolle beenden“, fordert CDU-Fraktionschef
       André Trepoll. Die FDP-Doppelspitze Anna von Treuenfels-Frowein und Michael
       Kruse wüsste gerne, „ob Olaf Scholz Hamburg weiter regieren möchte oder
       nicht“. Er müsse schnellstmöglich „das Machtvakuum beenden“. Die
       Linken-Fraktionsvorsitzende Cansu Özdemir hofft auf Besserung: „Mit der Ära
       Scholz endet hoffentlich auch die Ära des eiskalten Kürzens, des
       Kaputtsparens und der Blockaden.“
       
       Scholz schweigt. Dass er gern Bundeskanzler wäre, ist ein offenes
       Geheimnis. Das Amt aber ist für die SPD unerreichbar, Vizekanzler und
       Finanzminister ist das, was er werden kann. Dafür hatte er sich seit Jahren
       taktisch klug in der Bundespolitik in Stellung gebracht, zuvörderst als
       Haushaltsexperte.
       
       ## Länderfinanzausgleich ausgehandelt
       
       Den neuen Länderfinanzausgleich hatte Scholz voriges Jahr im Namen aller
       Bundesländer mit dem damaligen CDU-Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble
       ausgehandelt. Das SPD-Steuerkonzept pries er im Wahlkampf als „das beste“,
       ohne den Zusatz zu vergessen: „Es ist von mir.“ In den Verhandlungen mit
       CDU und CSU war er für die SPD federführend bei den Themen Steuern und
       Finanzen.
       
       „Er ist sowohl einer unserer klügsten, als auch einer unserer arrogantesten
       Köpfe“, sagt ein führender Genosse über ihn. Denn geliebt wird Scholz,
       kühler Analyst und Pragmatiker, der bekennt, „nicht so emotional unterwegs“
       zu sein, von seiner Partei nicht. Mit nur 59,2 Prozent wurde er Anfang
       Dezember als Parteivize wiedergewählt – das mit Abstand schlechteste
       Ergebnis.
       
       Was ihn nicht aus der Ruhe bringt. Nach dem Verhandlungsmarathon teilte er
       Mittwochmittag mit: „Mir geht es gut, ich schlafe mal jetzt.“
       
       8 Feb 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sven-Michael Veit
       
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