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       # taz.de -- Trumps Rede zur Lage der Nation: Die alternativen Fakten des Donald T.
       
       > Der US-Präsident rühmt sich nach einem Jahr im Amt mit wirtschaftlichen
       > Erfolgen und großen Absichtserklärungen. Ein Faktencheck.
       
   IMG Bild: Schöne, saubere Kohle? Da hat Donald Trump eventuell was falsch verstanden
       
       Berlin taz | „Das ist unser neuer amerikanischer Moment“, sagte Donald
       Trump am Dienstagabend [1][in seiner ersten Rede zur Lage der Nation]. „Es
       hat noch nie eine bessere Zeit gegeben, um den amerikanischen Traum zu
       leben.“ In seiner Rede gab Trump sich staatsmännisch und betonte die
       Erfolge in seinem ersten Jahr im Amt. Doch wie viel von dem, das sich der
       US-Präsident auf die eigene Fahne schreibt, ist wahr? Eine kleine Auswahl
       seiner Aussagen im Faktencheck.
       
       ## Arbeitslosigkeit
       
       Trump sagt: „Seit meiner Wahl haben wir 2,4 Millionen Arbeitsplätze
       geschaffen.“
       
       Die Fakten: Zwischen Oktober 2016 und Dezember 2017 wurden in den USA 2,37
       Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen. Allerdings ist es ungewöhnlich,
       die Entwicklung der Arbeitsplätze im Zeitraum seit der Wahl im Herbst 2016
       zu betrachten. Sinnvoller wäre es, sich die Zahlen seit Trumps
       Amtseinführung im Januar 2017 anzusehen. Seitdem gibt es 2,1 Millionen neue
       Arbeitsplätze, [2][so die Washington Post.]
       
       Während Barack Obamas Präsidentschaft ist die Anzahl der Arbeitsplätze
       ebenfalls gestiegen – um 2,2 Millionen im Jahr 2016, 2,7 Millionen im Jahr
       2015 und 3 Millionen im Jahr 2014. Tatsächlich ist das Wachstum unter
       Präsident Trump das geringste seit 2012, schreibt die Washington Post.
       
       Trump rühmte sich in seiner Rede auch damit, dass die Arbeitslosigkeit
       unter Afroamerikanern auf dem historisch geringsten Stand ist. Das stimmt –
       es hat aber wenig mit Donald Trumps Politik zu tun. Vielmehr ist es das
       Ergebnis eines schon länger laufenden Trends, [3][erläutert die
       US-Nachrichtenseite Vox].
       
       ## Löhne
       
       Trump sagt: „Nach Jahren der Lohnstagnation sehen wir endlich steigende
       Löhne.“
       
       Die Fakten: Die Löhne steigen nicht mehr als zuvor. Während im ersten
       Dreivierteljahr 2017 ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen war, fielen die
       Löhne im letzten Quartal wieder, [4][schreibt die Faktencheck-Seite
       PolitiFact.] Dadurch betrug der Lohnanstieg in Trumps erstem Amtsjahr 2,5
       Prozent – im Vergleich zu 2,9 Prozent im Jahr 2016.
       
       Trumps Aussage ignoriert völlig, dass die Lohnentwicklung in den USA
       bereits während der letzten Jahre der Regierung unter Barack Obama wieder
       positiv war. Insgesamt steigen die Löhne in den USA weiterhin sehr wenig.
       Im Vergleich: Während eines anderen Tiefpunkts in den 1990er Jahren stiegen
       die Durchschnittsstundenlöhne um vier Prozent, so die US-Nachrichtenagentur
       AP.
       
       ## Steuern
       
       Trump sagt: „Unsere riesigen Steuersenkungen ermöglichen enorme
       Erleichterungen für die Mittelschicht und kleine Unternehmen.“
       
       Die Fakten: Die meisten US-Amerikaner haben durch die Steuersenkungen
       Vorteile und werden 2019 weniger Steuern zahlen – nach zehn Jahren enden
       allerdings die Vorteile für die Mittelschicht. [5][Am stärksten profitieren
       Reiche und Großkonzerne], und zwar dauerhaft.
       
       Ein Mittelschichtshaushalt wird nach Berechnungen des Tax Policy Center
       etwa 930 US-Dollar Steuern im Jahr sparen – eine Erleichterung um 1,6
       Prozent. Die Vermögendsten, die nur ein Prozent der Haushalte ausmachen,
       sparen laut Tax Policy Center hingegen mehr als 51.000 US-Dollar. In der
       Konsequenz erhalten sie 3,4 Prozent mehr Einkommen – mehr als doppelt so
       viel wie die Mittelschicht.
       
       ## Obamacare
       
       Trump sagt: „Wir haben den Kern der katastrophalen
       Obamacare-Krankenversicherung aufgehoben. Die individuelle Verfügung ist
       jetzt weg.“
       
       Die Fakten: Die Verfügung ist noch nicht weg, sondern wird bis 2019
       abgeschafft, so die US-Nachrichtenagentur AP. Das heißt: Menschen, die
       keine Krankenversicherung haben, können dieses Jahr noch mit Geldstrafen
       belegt werden. Ab dem nächsten Jahr fällt die Bestrafung weg.
       
       Viele Gesundheitsexperten in den USA meinen, die Geldstrafen der [6][unter
       Obama eingeführten Krankenversicherung] seien sogar zu gering gewesen, um
       den gewünschten Effekt der Krankenversicherung für alle zu erzielen. Mit
       der Abschaffung der Verfügung könnten nun die Krankenkassenbeiträge
       deutlich ansteigen, sodass die Preise auch für Menschen ohne Versicherung
       steigen könnten.
       
       ## Drogenpolitik
       
       Trump sagt: „Meine Regierung will die Drogenepidemie eindämmen und denen,
       die es brauchen, zu einer Behandlung verhelfen.“
       
       Die Fakten: Der Drogenkonsum ist in den USA deutlich gestiegen. Auch die
       Zahl der Drogentoten steigt. Als Lösung bietet Trump stärkere
       Grenzkontrollen zu Mexiko an, um den Drogenschmuggel einzudämmen. Heroin
       aus Mexiko ist ein Problem. Aber auch aus anderen Ländern kommen illegale
       Drogen in die USA, zum Beispiel starke synthetische Opioide, die auf
       Schiffen aus China eingeführt werden.
       
       Zudem ist der Handel mit illegalen Drogen nur ein Teil der Problematik.
       Laut den US-amerikanischen Centers on Diesease Control and Prevention
       nahmen etwa 40 Prozent der Toten durch Opioide auch
       verschreibungspflichtige Schmerzmedikamente – also legal von
       Pharmaunternehmen hergestellte Substanzen.
       
       Bisher hat die Trump-Regierung wenig Geld für die Eindämmung des
       Drogenkonsums ausgegeben. [7][Experten zufolge braucht es mehrere
       Milliarden US-Dollar], um erfolgreich agieren zu können.
       
       ## Energie
       
       Trump sagt: „Wir haben den Krieg gegen amerikanische Energie beendet – und
       den Krieg gegen schöne, saubere Kohle.“
       
       Die Fakten: Insgesamt sinkt der Anteil von Kohle im US-amerikanischen
       Energiemix – unter anderem, weil Kohle keine saubere Energiequelle ist.
       Doch die vorherige Regierung unter Obama hat keinen Krieg gegen die
       Verwendung und den Export von Kohle geführt. Die USA exportieren schon seit
       Jahren Kohle, Erdöl, Erdgas und Energietechnologien, [8][schreibt die
       Nachrichtenseite Vox]. Es gibt zwar immer weniger Arbeitsplätze in der
       Kohleindustrie, aber das ist auch ein Ergebnis der Automatisierung im
       Bergbau.
       
       ## Krisenhilfe
       
       Trump sagt: „An alle, die sich noch in Texas, Louisiana, Puerto Rico,
       Kalifornien und überall sonst erholen: Wir sind bei euch, wir lieben euch
       und wir werden das gemeinsam durchstehen.“
       
       Die Fakten: Im vergangenen Jahr haben viele Hurrikane Gebiete der USA
       verwüstet. [9][Der Umgang des US-Präsidenten mit den einzelnen Gebieten war
       sehr unterschiedlich.] Während Texas und Florida sofort seine Unterstützung
       erhielten, mussten die Menschen in Puerto Rico, wo im September die
       Infrastruktur völlig zerstört wurde, drei Wochen auf den US-Präsidenten
       warten. Puerto Rico ist Teil der USA, aber kein Bundesstaat.
       
       Die Puerto Ricaner erhielten kaum Hilfe und mussten sich stattdessen
       anhören, die lokale Regierung sei zu schwach. Am Dienstag gab der
       US-Katastrophenschutz FEMA bekannt, er werde die Hilfen für Puerto Rico am
       Mittwoch komplett einstellen, [10][schreibt die US-Nachrichtenseite Slate].
       Ein Drittel der Insel hat weiterhin keinen Strom und 14 Prozent der
       Bevölkerung haben kein laufendes Wasser.
       
       31 Jan 2018
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Rede-zur-Lage-der-Nation/!5481513
   DIR [2] https://www.washingtonpost.com/politics/2018/live-updates/trump-white-house/fact-checking-and-analysis-of-trumps-state-of-the-union-2018-address/?utm_term=.b7d1a0ea0791
   DIR [3] https://www.vox.com/policy-and-politics/2018/1/30/16945146/trump-economic-record
   DIR [4] http://www.politifact.com/truth-o-meter/article/2018/jan/30/fact-checking-donald-trumps-2018-state-union-speec/
   DIR [5] /Steuerpolitik-in-den-USA/!5466900
   DIR [6] /Kommentar-US-Krankenversicherung/!5054961
   DIR [7] https://www.vox.com/science-and-health/2017/8/3/16079772/opioid-epidemic-drug-overdoses
   DIR [8] https://www.vox.com/2018/1/30/16953716/fact-checks-trump-state-of-the-union
   DIR [9] /Sturmopfer-und-Hilfe-in-den-USA/!5463059
   DIR [10] https://slate.com/news-and-politics/2018/01/trump-tells-puerto-ricans-we-are-with-you-as-fema-ends-food-and-water-distribution.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Belinda Grasnick
       
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