# taz.de -- Kritik an Ex-Chef des Burgtheaters Wien: Sexistisch, rassistisch, homophob
> Mitarbeiter kritisieren den selbstherrlichen Führungsstil Matthias
> Hartmanns. Er spricht von einem „gezielten Angriff“. Eine längst fällige
> Debatte.
IMG Bild: Matthias Hartmann im Jahr 2011 auf einer Pressekonferenz
Im Wiener Burgtheater rumort es. Am Freitag publizierten zunächst 60
aktuell und ehemals Beschäftigte des Hauses einen offenen Brief zur
Aufarbeitung ihrer Zeit mit dem früheren Burgtheaterdirektor Matthias
Hartmann (2009–2014). Die Rede ist von der Machtkonzentration des häufig
auch Regie führenden Intendanten, von hoher persönlicher Abhängigkeit und
einer „Atmosphäre der Angst“.
Männer und Frauen aus nahezu allen Gewerken des Betriebs von der
Garderobiere über Techniker, Souffleusen, kaufmännisches Personal bis hin
zu altgedienten Ensemblemitgliedern und gefeierten Stars beschreiben einen
selbstherrlichen Führungsstil Hartmanns und eine von Sexismus, Rassismus
und Homophobie durchsetzte Alltagskommunikation.
Altherrenwitze über Oralsex in der Probe eines weiblichen Ensembles, ein
Choreograf wird zum „Tanzneger“, Techniker werden zu „Schwachmaten“.
Hartmann sieht das anders. Er sprach am Samstag von einem „gezielten
Angriff“ auf seine aktuelle Premiere des David-Bowie-Musicals „Lazarus“ in
Düsseldorf. Den „Tanzneger“ erklärt er mit der ironischen
Selbstbeschreibung des Betroffenen in der ersten Begegnung, bei der dieser
ihn als „großen weißen Mann mit Glatze“ bezeichnet habe. Die haben freilich
weit seltener unter Rassismus zu leiden. „Viele homosexuelle Freunde“ mögen
das heterosexuelle Leben bereichern, sind aber kein Garant zum Ausschluss
von Homophobie.
Die UnterzeichnerInnen betonen ausdrücklich, dass sie keine justiziablen
Vorwürfe erheben. Die Grenzen des kollegial Vertretbaren zieht allerdings
nicht das Strafrecht. Unter Gleichen wären solche Injurien mit einer
verbalen Zurückweisung ausreichend pariert. In der absurden Hierarchie des
Stadt- und Staatstheaters, der Abhängigkeit von Stück- und Jahresverträgen
werden sie zum existenziellen Problem.
Im Brief aus dem Burgtheater geht es weniger um [1][#MeToo als um die
Beschreibung der Wirkungen struktureller Gewalt]. Er bietet Anlass, eine
längst fällige Debatte zu führen. Wie war das mit dem Ensemblegedanken? Wie
geht kollektives Arbeiten in einer demokratischen Gesellschaft? Auf welchen
Müllhaufen gehört der Geniekult des 19. Jahrhunderts?
Das Theater hat sich immer als fortschrittliches Korrektiv der Gesellschaft
verstanden. Aber oft waren es gerade die selbstherrlichsten unter den
Intendantenfürsten, die sich als Gegenspieler der „Mächtigen“ in Szene
setzten. Jetzt geht’s ans Eingemachte. Das Theater selbst ist politisch
geworden. Das ist eine Chance.
5 Feb 2018
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## AUTOREN
DIR Uwe Mattheiß
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